Menü
Bistum Dresden Meissen
22. Januar 2021

Jugend lässt sich nicht verschieben!

Ökumenische Jahrestagung der hauptamtlichen Jugendarbeit (HAT) befasst sich digital mit der Situation junger Menschen in der Pandemie

Zum ersten Mal in ihrer inzwischen mehr als 20-jährigen Geschichte hat die gemeinsame Tagung der hauptamtlich in der katholischen und evangelischen Jugendarbeit in Sachsen und Ostthüringen Tätigen (HAT) vom 19. bis 21. Januar 2021 in digitaler Form stattgefunden. Statt intensiver persönlicher Begegnung und Rundum-Versorgung am traditionellen Tagungsort Schmochtitz trafen sich die über 100 Teilnehmenden in diesem Jahr in virtuellen Konferenzräumen – und teilten dabei selbst wichtige Erfahrungen.

Inhaltlicher Schwerpunkt der Tagung waren die Auswirkungen der gegenwärtigen Corona-Pandemie auf die Lebenssituation junger Menschen und die Frage, welche Rolle der Jugendarbeit in diesem Kontext zukommt. Prof. Dr. Gunda Voigts von der HAW Hamburg machte in ihrem zentralen Vortrag auf eindrückliche Weise deutlich, dass die Perspektiven und Interessen von Jugendlichen in den bisherigen Diskursen zur Pandemie schlichtweg untergegangen seien und in der politischen Diskussion stattdessen lediglich ein einseitiges und nicht selten verzerrtes oder gar diffamierendes Bild dieser Zielgruppe gezeichnet werde. Jugendliche dürften in der öffentlichen Debatte nicht länger auf die „zu Qualifizierenden“ reduziert werden, die am Wochenende unzulässige „Corona-Partys“ feiern. Diese Perspektive sei nicht nur falsch, da die meisten jungen Menschen aus Rücksicht auf ihre Familie sehr verantwortlich mit den geltenden Hygieneregeln umgingen. Sie lasse auch außer Acht, dass wichtige Entwicklungsaufgaben wie Verselbständigung und Selbstpositionierung den Kontakt und Austausch mit Gleichaltrigen voraussetzen. Voigts‘ eindringliches Plädoyer lautete daher: Es braucht ein pointiertes Eintreten für die Belange junger Menschen, das durch diejenigen geleistet werden muss, die erfahrungsbasiert über das entsprechende Fachwissen verfügen. Jugend lässt sich nicht verschieben. Jugendliche müssen daher eigene Wege finden dürfen, mit der Corona-Krise umzugehen. Um das tun zu können, müssen sie konsequent mitgedacht und in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

Eingeladen zu Diskussion und Austausch waren auch die beiden Bischöfe Heinrich Timmerevers und Tobias Bilz, die ihre Sichtweisen einbrachten und Analysen anboten. Bischof Heinrich Timmerevers lenkte den Blick der Teilnehmenden dabei unter anderem darauf, die direkte Lebenswirklichkeit der Einzelnen nicht aus dem Blick zu verlieren und im mitfühlenden Mitgehen und Mit-Aushalten eine Form der Religionsausübung zu kultivieren, die derzeit keine Einschränkung erfährt. Landesbischof Tobias Bilz machte auf die Widersprüchlichkeit der Pandemie und die Unterschiedlichkeit des individuellen Erlebens aufmerksam. Es könne daher keine allgemeingültigen Deutungen geben – auch von Seiten der Kirchen oder kirchlicher Vertreter/-innen nicht. Es sei aber – gerade auch in der Arbeit mit jungen Menschen – wichtig, persönliche Verarbeitungsprozesse anzuregen und Deutungen der eigenen Situation entwickeln zu lernen.

Gegenseitigen Zuspruch und Stärkung erfuhren die Teilnehmenden auch in einem gemeinsamen Gottesdienst, der bewusst nicht als zentrale Live-Übertragung, sondern – wie auch die gesamte Konferenz – als verteiltes, interaktives und partizipatives Angebot gestaltet war und den Monatsspruch der Herrnhuter Brüdergemeine für den Januar reflektierte:

„Viele sagen: Wer wird uns Gutes sehen lassen?
HERR, lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes!“
(Psalm 4,7)

DPÜ/FW