Menü
Bistum Dresden Meissen
08. Juli 2021

Macht und Möglichkeiten: Bundestagspräsident diskutiert in Zwickau

beim SachsenSofa mit Oberbürgermeisterin Arndt und Bischof Timmerevers am 7. Juli

Zwickau. Mit der Verantwortung, den Verlockungen und den Belastungen im Blick auf Macht in Politik und Kirche beschäftigte sich gestern Abend in Zwickau eine Diskussionsrunde mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), Bischof Heinrich Timmerevers und der Zwickauer Oberbürgermeisterin Constance Arndt (Bürger für Zwickau). Bundestagspräsident Schäuble warb dabei für mehr Verständnis für Entscheidungen, die in der Politik getroffen werden müssten. „Politik wird von Menschen für Menschen gemacht.“ Dabei seien auch Fehler möglich. „Wir sind ja nicht besser als andere“, so der 78-jährige Politiker, der im Herbst erneut bei der Bundestagswahl kandidieren wird.

Mit Blick auf Provokationen extremer Parteienvertreter riet der Bundestagspräsident, nach Möglichkeit mit Gelassenheit zu reagieren. Das sei allerdings nicht immer einfach. Das Schwenken von Reichskriegsflaggen vor dem Berliner Reichstagsgebäude nannte er den Versuch, „den Staat lächerlich zu machen“. Auch mit dem Einschleusen von Corona-Leugnern durch einzelne Abgeordnete in den Bundestag sei eine Grenze überschritten worden. Zugleich warb er darum, sich der Auseinandersetzung mit politischen Kontrahenten im Gespräch und mit Argumenten zu stellen. Einen Ratschlag an die in der Kritik stehendende katholische Kirche lehnte der evangelische Christ – für den der Glaube nach eigener Aussage eine wichtige Rolle im persönlichen Leben spielt – allerdings ab.

Kirche und Macht

Bischof Timmerevers warnte in Hinsicht auf den kirchlichen Bereich vor den Risiken des Machtmissbrauchs. In vielen Bereichen habe Kirche Vertrauen verloren. Das gälte es wiederaufzubauen. Der Synodale Weg sei dabei ein Lernprozess, Entscheidungen auf eine breitere Basis zu stellen. In seinem eigenen Verantwortungsbereich sei es ihm ein besonderes Anliegen gewesen, Befugnisse kirchlicher Verantwortungsträger im wirtschaftlichen Bereich zu begrenzen.

So seien bei Finanzfragen strengere Kontrollmechanismen auf Bistums- und Pfarreiebene etabliert worden. Im Hinblick auf die Macht eines katholischen Bischofs sagte Heinrich Timmerevers, „als Pfarrer hatte ich größere Gelegenheit, Gemeinde zu gestalten.“ Als oberster Hirte des Bistums fälle er nur wenige Entscheidungen wirklich allein. Beschlüsse fielen in aller Regel erst nach Beratungen mit den verantwortlichen Bereichen der Verwaltung und in enger Abstimmung mit dem Generalvikar.

Gestaltungsmöglichkeiten in der Kommunalpolitik

Constance Arndt, die seit November 2020 als Oberbürgermeisterin die Geschicke der Stadt Zwickau leitet, hob die Gelegenheit zur Mitgestaltung in der Politik hervor. „Macht macht Möglichkeiten“, so die 43-jährige Kommunalpolitikerin. Ihre Rolle sieht sie als Oberhaupt der viertgrößten Stadt Sachsens dabei stärker als Vermittlerin, denn als Entscheiderin.

Im Gegensatz zum „Unternehmer, der entscheidet“, sei der Bürgermeister eher jemand, „der verhandelt“ und Menschen „mitnehmen“ müsse, so die ausgebildete Kauffrau, die vor dem Amt der Zwickauer Oberbürgermeisterin zuletzt die Plauener Filiale eines Modeunternehmens geleitet hatte. Mit Blick auf Skepsis der Bevölkerung vor Entscheidungen in Politik, Medien oder Kirche sagte Arndt, es gälte durch Gespräche und Kontakte Vertrauen wiederzugewinnen. In der Auseinandersetzung mit Reichsbürgern und Querdenkern setze sie dabei auf eine stärkere Solidarität und Unterstützung von Mitbürgern und dem lokalen Umfeld.

Eingeladen zu der Veranstaltung hatte die Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen. Daniel Heinze, Kirchenredakteur bei RADIO PSR und R.SA in Leipzig, führte als Moderator durch den Abend.

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Politischen Bildungsforum Sachsen der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., der Sparkasse Zwickau, „Schule im Dialog“ des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums und dem Peter-Breuer-Gymnasium statt und war Teil des Studium Generale der Westsächsischen Hochschule Zwickau.

Ein Mitschnitt der Diskussion ist auf dem YouTube-Kanal der Katholischen Akademie zu sehen.

Text: Michael Baudisch
Fotos: Andreas Gäbler

Bildergalerie