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Bistum Dresden Meissen
Generalvikar des Erzbistums Berlin: Pater Manfred Kollig. © Walter Wetzler / Erzbistum Berlin
13. Juni 2022

Pater Manfred Kollig: „Wenn man Verantwortung ernst nimmt, dann wird man schuldig“

Andreas Sturm und der Berliner Generalvikar sprechen im Akademie-Podcast über strukturelle Überforderung in kirchlichen Leitungsämtern

Dresden. Kurz bevor diese Woche das Buch „Ich muss raus aus dieser Kirche“ von Andreas Sturm im Herder-Verlag erscheint, veröffentlicht der Podcast „Mit Herz und Haltung“ der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen ein Gespräch zwischen ihm und dem Berliner Generalvikar Pater Manfred Kollig. Sturm, der bis vor Kurzem Generalvikar des Bistums Speyer war, hatte am 13. Mai 2022 seinen Rücktritt von diesem Amt erklärt und war aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten. Im Podcast äußerte Kollig „Verständnis und Respekt“ für den Schritt seines ehemaligen Amtskollegen. Beide sprachen über die aktuellen Herausforderungen in kirchlichen Leitungspositionen vor dem Hintergrund der Reformdebatte in der katholischen Kirche.

Überforderung durch zu viel Verantwortung in Leitungsämtern

Sturm, der vier Jahre lang Generalvikar des Bistums Speyer war, betonte, dass er sich in Bezug auf das Thema Missbrauch persönlich in dieser Zeit keiner konkreten Schuld bewusst sei. Wer erst nach 2010 in eine kirchliche Leitungsposition gekommen sei, so Sturm, sei an sich schon „stärker geschult“ und für das Thema sensibilisiert. Kollig gestand hingegen, dass man es aus seiner Sicht als Generalvikar aktuell nicht umgehen könne, sich an anderen Menschen schuldig zu machen. Er glaube, „dass zu viel Verantwortung an die leitenden Ämter gebunden wird“ und „zu wenig die Verantwortung verteilt ist“. Der Berliner Generalvikar stellte dabei klar, dass es nicht um Schuld im Sinne vorsätzlichen Fehlverhaltens gehe, sondern um Überforderung: „Wir werden schuldig, weil wir nicht all das, was wir verantworten, auch verantworten können, menschlich“, so Kollig.

Kontroverse über den Zustand der Debattenkultur in der Kirche

Der Berliner Generalvikar erklärte, dass er selbst gut weiter in der Kirche bleiben und arbeiten könne, solange es ihm möglich sei, frei das zu sagen, wovon er persönlich überzeugt ist, „auch wenn das nicht dem entspricht, was beispielsweise das Kirchenrecht sagt“. Sturm beklagte hingegen, dass er in dieser Hinsicht immer wieder an Grenzen gekommen sei. Er verwies etwa auf „anonyme Briefe“, die schnell nach kontroversen Predigten bei ihm eingegangen seien. Kollig betonte hier den Unterschied zwischen dem freien Aussprechen der persönlichen Überzeugungen und einem eigenmächtigen Handeln gegen geltendes Kirchenrecht, wo er selbst „zurückhaltender“ sei.

Die gesamte Podcastfolge können Sie hier hören: https://lebendig-akademisch.podigee.io/182-die-verantwortung-zu-gehen

  

Im Podcast „Mit Herz und Haltung“ der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen nehmen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie Expertinnen und Experten verschiedener Fachdisziplinen Stellung zu den wissenschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und kirchlichen Fragestellungen. Neue Folgen erscheinen in regelmäßigen Abständen auf Spotify, Deezer, Apple Podcasts, YouTube sowie auf den Websites der Akademie (http://www.lebendig-akademisch.de/podcast) und des Bistums.