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Bistum Dresden Meissen
Prälat Hermann Scheipers bei einem Besuch im Jahr 2007 in Dresden. © Michael Baudisch
08. September 2022

"Stolperstein" erinnert in Wermsdorf an Pfarrer Scheipers

Verlegung des Steins am Sonnabend, 24. September, um 14 Uhr

Wermsdorf. Am Sonnabend, 24. September, wird um 14 Uhr am Pfarrhaus in Wermsdorf  (Hubertusburg 2) ein Stolperstein zur Erinnerung an den ehemals in Wermsdorf tätigen Pfarrer Hermann Scheipers (1913-2016) in den Boden eingelassen. Zugleich wird am Pfarrhaus eine Gedenktafel enthüllt, die an ihn erinnert.

Initiiert wurde das Projekt von der Kommune Wermsdorf: Das lebenslange Engagement des Priesters des Bistums Dresden-Meißen, Hermann Scheipers, für Toleranz und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung haben Wermsdorfer Jugendliche in einem Geschichtsprojekt aufgearbeitet. Ihre Forschungsergebnisse nahmen die Jugendlichen zum Anlass, sich weitergehend mit dem Kunstprojekt "Stolpersteine" zu befassen. Dabei erinnert der Künstler Gunter Demnig deutschland- und europaweit an Opfer der NS-Zeit.

Im Ergebnis dieses Projektes wird der Stolperstein in Erinnerung an den NS-Gegner und Seelsorger Pfarrer Herrmann Scheipers öffentlichkeitswirksam im Schloss Hubertusburg in Wermsdorf vor dem Pfarrhaus eingebracht, inklusive einer Gedenktafel. Nach Verlegung und Enthüllung findet für die Teilnehmenden ein Kaffeetrinken im Pfarrhaus statt. 

Die Pfarrei Riesa hat Pfarrer, die in der Vergangenheit in Wermsdorf tätig waren, zu diesem Ereignis eingeladen. Pfarrer Sebastian Brier von der Pfarrei St. Barbara in Riesa, zu der die Gemeinde Wermsdorf seit 2019 gehört, nimmt ebenfalls daran teil.

Zur Person: Hermann Scheipers

Prälat Hermann Scheipers galt als letzter Überlebender des Priesterblocks des KZ Dachau. Er starb am 2. Juni 2016 im Alter von 102 Jahren in seiner Geburtsstadt Ochtrup im Münsterland/Westfalen. 

Geboren wurde er am 24. Juli 1913. Nach dem Theologiestudium in Münster trat er 1936 ins Pastoralseminar des Bistums Meißen in Schmochtitz bei Bautzen ein, um hier als Seelsorger zu wirken. Zum Priester geweiht wurde er am 1. August 1937 durch Bischof Petrus Legge im Dom St. Petri zu Bautzen. Es schloss sich die Kaplanszeit in Hubertusburg an.

Dort wurde er am 4. Oktober 1940 verhaftet, weil er sich als Seelsorger offen für polnische Zwangsarbeiter einsetzte, mit ihnen gemeinsam einen Gottesdienst feiern wollte. Ohne Anklage zu erheben, inhaftierte man ihn, zunächst im Gefängnis, anschließend im KZ Dachau. Hier erhielt Scheipers die Häftlingsnummer 24255. Er war einer von fast 3.000 christlichen Geistlichen, die von den Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 in das Konzentrationslager Dachau deportieren wurden.

Entschiedener Widersacher des Nationalsozialsmus und der SED-Dikatur

Im KZ Dachau wurde er als Staatsfeind eingestuft. In seinen Berichten kommentierte er dies häufig mit der Aussage: „Ich habe Gott eine Blankovollmacht für mein Leben erteilt.“ Dank des mutigen Einsatzes seiner Zwillingsschwester wurden er und weitere Geistliche 1942 vor dem Abtransport in die NS-Tötungsanstalt Hartheim bei Linz bewahrt. Am 27. April 1945, zwei Tage vor der Befreiung des KZ Dachau durch US-Streitkräfte, gelang ihm die Flucht in die Freiheit auf einem der letzten Todesmärsche.

Im Sommer 1945 wirkte er für kurze Zeit als Kaplan in Gronau, doch sein Wunsch war die Rückkehr ins Bistum Meißen. 1946 trat er erneut in den Seelsorgedienst der sächsisch-thüringischen Diözese. Hier war er bis 1950 auf Kaplansstellen in Radebeul, Berggießhübel, Dresden-Johannstadt, Freital und Wilsdruff tätig, wo er 1957 Pfarrer wurde. Von 1960 bis 1983 war er Pfarrer in Schirgiswalde. In dieser Zeit war er zahlreichen Verfolgungen durch die DDR-Staatssicherheit ausgesetzt. So versuchte die Stasi ab 1970, gegen ihn einen Strafprozess einzuleiten. Der Prozess kam lediglich aus kirchenpolitischen Erwägungen des Staates heraus nicht zustande.

1973 wurde er Ehrendomkapitular des Kathedralkapitels St. Petri in Bautzen. Seinen Ruhestand verbrachte er ab 1983 zunächst in Münster-Amelsbüren. Seit 1990 lebte er in seiner Heimatstadt Ochtrup, zuletzt im Altenpflegeheim.

Als Zeitzeuge mit Schülern im Gespräch

Hermann Scheipers widmete sich in seinen letzten Jahren der Erinnerungs- und Zeitzeugenarbeit. Noch bis 2011 war er in Bildungseinrichtungen und Schulen im In- und Ausland unterwegs. Dort berichtete er von seinen Erfahrungen im Dritten Reich und in der DDR.

Staat und Kirche ehrten ihn mit Auszeichnungen: 2003 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Päpstlichen Ehrenprälaten, zudem erhielt der Geistliche unter anderem das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und das "Kavalierskreuz" des polnischen Staates. 

Im Seligsprechungsverfahren für Alojs Andritzki war er ein wichtiger Zeuge. Bei dessen Seligsprechungsfeier am Pfingstmontag 2011 konnten ihn noch einmal tausende Christen des Bistums Dresden-Meißen erleben. 

MB