Rede zur Eröffnung des Kathedralforums am 16.9.2000 in Dresden

Joachim Reinelt

Bischof von Dresden-Meißen

Rede zur Eröffnung des Kathedralforums am 16.9.2000 in Dresden

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Weihbischof, sehr geehrte Staatsminister, verehrte Abgeordnete des Bundestages und des Landtages, verehrte Vertreter der großen sächsischen Städte, der Universitäten, der Wirtschaft, des Sozialen, der Kultur und der Medien, ganz besonders verehrte Schwestern und Brüder aus der Ökumene, Schwestern und Brüder unserer Kirche, sehr verehrte Damen und Herren.

Zur Eröffnungsveranstaltung des Kathedralforums Dresden durfte ich Sie einladen. Weit über 1000 haben zugesagt, heute dabei zu sein. Das ist für uns ein kräftiger Impuls und eine Bestätigung für die Vermutung, dass entgegen manchen Unkenrufen, der Dialog zwischen Kirche und nicht kirchlich Gebundenen an Aktualität nichts eingebüßt hat. Ich danke daher allen, die uns durch ihre Anwesenheit zeigen wollen, dass dieser Neubeginn von vielen begrüßt wird.

Kirche ist von ihrem Wesen her nicht exklusiv, sondern offen, weil der universale Heilswille Gottes jeden Menschen erreichen will. Kirche, die nur für sich selbst da sein will, ist daher in sich sinnlos. Auch deshalb entspricht ein solches Unternehmen wie das Kathedra!forum den Prinzipien des Evangeliums. Dabei muss klar gesagt werden, dass die katholische Kirche nicht das Heilsmonopol für sich beansprucht. Es bleibt gültig, was das 2. Vatikanische Konzil gesagt hat: Die anderen Kirchen sind auch für den Geist Christi Mittel des Heils."

Das Forum entspricht aber auch dringenden Bedürfnissen des Menschen unserer Tage. Er hat ungezählte Fragen, die von Naturwissenschaft, Technik und Politik nicht beantwortet werden können. Ich habe dieser Tage mit einigen jungen Bundeswehrsoldaten eine Stunde im Gespräch sein können. Sie wollten Antwort auf Fragen nach dem Sinn des Lebens gleichermaßen wie auf ihre Probleme, die ihnen angesichts mancher Krise gekommen sind. In solchen Gesprächen wird deutlich, dass viel weniger auf der rein innerweltlichen Ebene beantwortbar ist, als bisweilen erhoff wird.

Der autonome Mensch will wissen, warum denn der Mensch nicht alles darf, was er kann. Er will erkennen können, wie Objektivität von Wahrheit begründet werden kann. Für den konkreten politischen Alltag braucht er eine Ethik der Demokratie, denn nicht grenzenlos sind die Vollmachten der demokratischen Mehrheit. Von Fragen eines geschichtlichen Denkens bis zu Fragen einer trinitarischen Ontologie, von Alltagsfragen bis zu hochspeziellen Problemstellungen, von ganz persönlichen Anfragen bis zu für alle verbindliche Normen wird das Kathedralforum sein Spektrum der Angebote zu wählen haben.

Weite des Denkens und Weite des Glaubens mögen die Referenten und die Dialogpartner auszeichnen. Willkommen soll uns jeder sein, der ehrlich nach Klärungen sucht. Jung oder alt, hochgebildet oder einfacher Denkart - für alle, die mehr wollen als Unterhaltung, wird es Angebote geben.

Das Haus der Kathedrale hier in Dresden wird zuerst der Ort der Angebote sein, aber auch an anderen Stellen des Bistums zwischen Jena und der Neiße, zwischen Leipzig und der tschechischen Grenze werden entsprechende Begegnungen stattfinden. Für die einen mag es bei einem einmaligen Kontakt bleiben, andere werden wiederholt oder regelmäßig in ihrem Problembereich arbeiten. Einige werden die eher anonyme Hörerposition bevorzugen, andere suchen vielleicht eher freundschaftliche Strukturen. Wir werden sehen, wie sich manches entwickelt. Es wird ein interessantes, vielleicht auch spannendes Unternehmen. Es ist aber nicht auf messbare Erfolge aus, sondern sucht eher die Qualität des Jakobusbriefes: "Die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedlich, freundlich, hörbereit, voll Erbarmen und reich an guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht."(Jak 3,17) Ein solches Programm entspricht einem Humanismus, der nicht wieder in Absolutismen abgleiten kann. Das brauchen wir in einem wiedervereinten Deutschland, in einem nach Einigung strebenden Europa, das brauchen wir für eine Welt, die sich nach Einheit sehnt. Dies sollten einige Leitlinien für unser Kathedralforum sein. Dazu begrüße ich nun auch ganz herzlich den jungen Direktor des Kathedralforums Dr. Joachim Klose. Ihnen, allen Referenten, Hörern und Gesprächspartnern wünsche ich Mut zur Offenheit, Liebe zur Wahrheit, Toleranz des Andersdenkenden, Freiheit des Evangeliums und stets einen guten Schuss Humor.



link


Impressum