An der Erfahrung der einzelnen Person anknüpfen

Dr. Joachim Klose im Interview zur ersten Winterakademie im Bistum

Das Interview

Ein Gespräch mit Dr. Joachim Klose, Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen, zur Winterakademie „Schönes und schönes Tun“ vom 4. bis 8. Februar im Bischof-Benno-Haus, Bautzen

Herr Dr. Klose, in Schmochtitz bei Bautzen wird es im kommenden Jahr erstmals eine Winterakademie geben. Wie kam es zu dieser Idee?

Die Winterakademien stammen aus einer Erfahrung, die wir zu DDR-Zeiten als sehr positiv erlebt haben. Wir haben uns damals jährlich in Ost-Berlin getroffen, um zu einem Thema über mehrere Tage zu diskutieren. Diese Veranstaltungen wurden von den Studentengemeinden vorbereitet und waren für uns zentrale Begegnungen. Aus jeder Studentengemeinde kamen dazu aus ganz verschiedenen akademischen Bereichen Personen und diskutierten gemeinsam ein Wochenende lang zu einzelnen Thematiken.
Und aus meiner Erfahrung kommt noch das Erlebnis der Salzburger Hochschulwochen hinzu. Dabei treffen sich jeden Sommer in Salzburg Akademiker 14 Tage lang zu einer Thematik. Wir könnten doch versuchen, hier Ähnliches aufzubauen, um systematisch an Themen zu arbeiten.

Das Treffen ist auf mehrere Tage angelegt - weshalb?

Sie müssen sehen, Bildungsarbeit steckt häufig in der Zwangslage, mit einer oberflächlichen Klaviatur auskommen zu müssen. Man hat zwar die Möglichkeit, einen oder auch mal mehrere Abende zu einem Thema anzubieten, Diskussionen zu führen. Aber wir suchen immer ganzheitliche Themen, die häufig eine umfangreichere Betrachtung benötigen. Und das Thema „Ethik und Ästhetik“ ist solch ein Thema, das einen größeren Rahmen braucht und vielleicht auch ein gemeinsames Erleben nötig macht.

Was erwartet die Teilnehmer des Treffens?

Generell versucht religiöse Bildungsarbeit immer, an der Erfahrung und am Erleben der einzelnen Person anzuknüpfen, um die religiöse Dimension sichtbar zu machen. Aus meiner Perspektive heißt das, sich auf die Suche nach Begriffen zu machen, die auf eine transzendente Perspektive verweisen – „Zeit“, „Leben“, „Sein“ zum Beispiel. Und einer dieser Begriffe ist eben „Schönheit“. Hans Urs von Balthasar sagte einmal, „Schönheit ist ohne die Herrlichkeit Gottes nicht zu denken.“ Und diesen Zusammenhang wollen wir ein Stück aufzeigen.
Und noch etwas anderes ist beim Schönheitsbegriff besonders interessant: Sie können Schönheit nie ganz ins Subjekt verlagern. Denn wenn Schönheit rein subjektiv wäre, dann wäre sie nur eingebildet, dann gäbe es Schönheit gar nicht. Sie können Schönheit umgekehrt aber auch nicht ganz in den Gegenstand verlagern, etwa in Ihr Gegenüber, in das Kunstwerk, in den schönen Prozess, den Sie wahrnehmen. Denn wenn Sie das tun, dann müsste Schönheit ja irgendwie objektivierbar, messbar sein.
Und da wird ein Dilemma sichtbar: Schönheit ist eigentlich eine Verschränkung zwischen beidem, zwischen dem Gegenüber und dem eigenen Erleben in einer Ganzheit. Und diese Ganzheit ist nicht auflösbar. Sie verweist auf eine größere Wirklichkeit. Und das ist das Interessante, da wollen wir anknüpfen.

Was sind für Sie Highlights der Winterakademie?

Man muss trennen zwischen dem Reden – akademischen Reden – über Schönheit und dem Erleben der Schönheit. Die Winterakademie ist eine Mischung aus beidem. Das Schöne erleben soll ganz zentral Teil dieser Akademie sein, im Musikalischen, Architektonischen, Künstlerischen wie auch im Erleben des Kulinarischen.
Daneben gibt es andere interessante Aspekte in der Schönheitsdiskussion, wie etwa den menschlichen Körper. Der menschliche Körper an sich ist eine Verknüpfung zwischen dem Naturschönen und dem Kunstschönen. Wir können ihn verändern, wir können ihn modellieren - zum Beispiel durch die Schönheitschirurgie. Aber er ist auch schön an sich. So wollen wir über die körperliche Schönheit mit einem Arzt sprechen, der Experte für Schönheitschirurgie ist.
Wir werden den Diskurs im Gespräch führen, aber wir werden etwa auch einen Tanzabend zu Renaissance-Tänzen erleben. Wir werden mit dem Jazz-Posaunisten Konni Bauer musikalische Schönheit erleben: er wird uns mit hineinnehmen in die Klangwelten dieses Instruments.
Es wird aber auch ein besonders schönes, sinnhaftes Essen geben. Essen ist nicht nur Nahrung zu sich nehmen. Essen ist eingebunden in eine Kultur, in einen Erlebnishorizont. Und wer einmal ernsthaft fastet, wird merken, wie viel Schönes man über die Nahrungsaufnahme, über das Ambiente des Essens mit aufnimmt.
Highlights des akademischen Diskurses durchziehen die ganze Tagung: Robert Spaemann wird die Tagung eröffnen. Er wird zur Brücke von Naturschönheit und Kunstschönheit sprechen. Mit Jörg Splett werden wir über Schönheit und Transzendenz reden, anknüpfend an Hans Urs von Balthasar, insgesamt ein großer Bogen.

An wen richtet sich die Winterakademie?

Eingeladen sind alle, die sich dafür interessieren, die sich am Diskurs beteiligen wollen. Jeder ist willkommen und eingeladen, mitzutun und mit nachzudenken. Besonders wünsche ich mir, dass aus vielfältigen Bereichen Leute kommen: Künstler, Philosophen, Theologen, Handwerker, Techniker – die sagen, wir möchten mehr darüber erfahren. Wir erleben die Schönheit dieser Welt und wir ahnen, dass da eine Brücke zu etwas Größerem besteht. Und über diese Brücke möchten wir gerne mehr erfahren, vielleicht auch mehr über unser eigenes Selbstverständnis.
Ziel und Wunsch ist es, jedes Jahr eine Winterakademie im Januar, Februar durchzuführen und daraus eine Tradition wachsen zu lassen, an der sich viele beteiligen. So dass ein Prozess entsteht, bei dem die Teilnehmer sagen, das ist uns ein dringendes Anliegen, lasst uns das doch einmal genauer betrachten.
Interview: Michael Baudisch


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