Bischof Joachim Reinelt zum Krieg im Irak und dessen Folgen

Dresden, 19.03.2003 (KPI): Nachdem die Inspekteure der UNO bis Ende 1998 erreicht hatten, dass die irakische Atomabrüstung abgeschlossen war und 400 Tonnen chemische Kampfstoffe und einige Tausend Tonnen entsprechende Vorprodukte zerstört worden sind, ebenso die Raketenzerstörung begonnen hatte, musste man vernünftigerweise davon ausgehen, dass eine friedliche Kontrolle und weitere Abrüstung Sinn machen würden.

Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass der Irak seine Abrüstungsverpflichtungen nicht erfüllt hatte. 500 Fliegerbomben, Raketen, Sprengköpfe mit B- oder C-Kampfstoffen, Artilleriegeschosse mit Senfgas, Nährlösungen für die Herstellung bakteriologischer Kampfstoffe wurden gesucht und deren Vernichtung konnte nicht nachgewiesen werden. Ohne Zeitdruck wäre die Vernichtung der verbliebenen Massenvernichtungswaffen durchaus erreichbar gewesen. Deshalb ist es völkerrechtlich äußerst fragwürdig, auch gegen den ausdrücklichen Appell von Millionen Friedensdemonstranten in aller Welt, sich für den Krieg zu entscheiden.

Auch der Kampf gegen Terroristen und der Wille zu einer demokratischen Neuordnung der Region rechtfertigen nicht einen Krieg, der von 500 000 Verwundeten in der Zivilbevölkerung und 900 000 Flüchtlingen ausgehen muss. Noch sind im Irak nicht die Folgen des Krieges von 1991 beseitigt. 5000 bis 6000 Kinder sterben in diesem Land pro Monat, insgesamt waren es bisher 500 000.

Eine politische Lösung in der Nachkriegszeit dürfte unabsehbare Probleme aufwerfen.

Deshalb vertritt die Katholische Kirche die Auffassung, dass unbedingt vermieden werden muss, dass Krieg wieder zu einem „normalen“ Mittel der Politik wird. Es ist auch zu beachten, dass viele Muslime den Angriff auf den Irak als Kampf des christlichen Westens gegen die Muslime verstehen. Mit den katholischen Bischöfen aus den USA, aus England, Frankreich und Deutschland vertrete ich deshalb entschieden die Meinung, dass in dieser Situation die Weltbevölkerung zur grundsätzlichen Ächtung des Krieges von neuem aufgerufen werden soll. Als Christen wissen wir: Frieden ist die Sache Gottes. Deshalb beten wir:
„Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst,
dass ich verzeihe, wo man beleidigt,
dass ich verbinde, wo Streit ist.“

Joachim Reinelt
Bischof von Dresden-Meißen


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