Erinnerungen des ältesten lebenden Kapellknaben

Pfarrer Georg Pech erzählt


Pfarrer Georg Pech
91 Jahre ist er alt und kann sich noch gut an seine Zeit als Kapellknabe erinnern: Pfarrer Georg Pech, lange Jahre Seelsorger im Bistum Dresden-Meißen. Der älteste lebende Kapellknabe tat von 1922 bis 1925 als junger Sänger Dienst in der Hofkirche. Später war er Kaplan in Dresden-Neustadt (1937-1941) und Dresden-Johannstadt (1941-1946), danach Lokalkaplan in Geising (1946 – 1953) und Wilthen, schließlich Pfarrer in Wilthen (1953-1978) und von 1978 bis 1998 Hausgeistlicher in Thammenhain.

Pfarrer Pech erinnert sich: „Wir waren damals nur neun Jungen. Es gab noch keine Männerstimmen bei den Kapellknaben, mit dem Stimmbruch schieden die Jungen aus. Da es in Dresden wenige katholische Jungen gab, wurden Jungen aus Nordböhmen angeworben. Wir wohnten damals im „Geistlichen Haus“ auf der Schloßstr. 32 und waren eng mit der Hofkirche verbunden, da auch der Propst und die Kapläne im Haus wohnten.

Unser Tagesablauf sah so aus: Sechs Uhr aufstehen und waschen, danach eine halbe Stunde Studierzeit. Um sieben Uhr gab es Frühstück. Die Schule, das so genannte Progymnasium, war ebenfalls im Haus, so dass wir an manchen Tagen vor der Schule noch den Ministrantendienst um 6.00 Uhr oder 6.45 Uhr in der Hofkirche verrichteten. Jeder Kapellknabe hatte seinen „Herrn“ für den er ministrierte. Im Oktober beteten wir vor der Schule den Rosenkranz in der Hofkirche. Nach dem Unterricht und dem Mittagessen war wieder Studierzeit und um 15.30 Uhr, wenn die schriftlichen Arbeiten fertig waren, Chorprobe mit dem Instruktor Joseph Wagner.

Den Chordienst in der Hofkirche verrichteten wir zum Sonntagshochamt um 11.00 Uhr gemeinsam mit dem Opernchor. Der Opernchor sang damals an allen Sonntagen, außer in der Advents- und Fastenzeit und den Opernferien. Neben unseren Diensten in der Hofkirche san-gen wir auch in der Oper. Diese Dienste wurden bezahlt, wie auch das Singen bei Beerdigungen. Das Geld wurde zurückgelegt und wenn ein Jungen nach dem Stimmbruch ausschied, erhielt er einen bestimmten Betrag.

Unsere beliebteste Oper war „Carmen“, da wir nur im ersten und vierten Akt sangen, und in unserer Pause nach dem 2. Akt eine große Mettwurstschnitte bekamen.
Auch damals erlernten die Kapellknaben ein Instrument. Ich durfte Geige, später Bratsche spielen. Der Lehrer wohnte in der Nähe vom Sachsenplatz, den Weg dorthin legte ich zu Fuß zurück.

Unser Aufseher, Herr Pätzold, hielt viel von Bewegung. Auf den Ruf „Aufstehen, Spaziergang“ zogen wir oft gemeinsam zur Bürgerwiese.
Das Erlebnis, an das ich mich besonders erinnere, war mein erster Auftritt in der Oper. Ich habe geschwitzt vor Angst, bis mir ein Sänger des Opernchors sagte: „Du musst ganz ruhig sein. Du musst denken, das da unten sind alles Kohlköpfe.“


Juliane Neutsch-Hebeis, Kapellknabeninstitut

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