"Krieg ist immer eine Niederlage der Menschheit"

Stellungnahme von Bischof Joachim Reinelt zum Kriegsbeginn im Irak

Dresden, 20.03.2003 (KPI): Liebt eure Feinde. Tut Gutes denen, die euch hassen. Betet für die, die euch verfolgen. – Das ist unser Evangelium! Das sind die Worte Christi. Krieg aber ist das Gegenteil! Freilich sucht man sich zu rechtfertigen mit der Notwendigkeit, ein brutales System zu beseitigen.

Um ein Regime zu entmachten, muss nicht nach dem Mittel des Krieges gegriffen werden. Die Geschichte hat immer wieder bewiesen, dass Verhandlungen die humanste Methode zu Konfliktbewältigungen sind. Freilich ist zu diesem Weg langer Atem mit viel, viel Geduld erforderlich. Schnelle Lösungen sind nur Augenblickslösungen und haben fast immer jahrelange Gegenreaktionen zur Folge.

Wir beklagen deshalb den Abbruch der teilweise sehr erfolgreichen Bemühungen der UNO. Wir beklagen den Ausbruch des Krieges im Irak mit seinen unabsehbaren Folgen.

Wir hoffen, dass von jetzt an der Krieg nicht wieder zu einem „normalen“ Mittel der Politik wird. Für uns ist Psalm 72 maßgebend: Frieden für das Volk. Gerechtigkeit blühe auf in seinen Tagen und großer Friede.

Wir müssen bedenken: Krieg beginnt nie erst, wenn geschossen wird. Krieg beginnt mit der bösen Saat des Hasses. Wer sich Feindbilder züchtet, macht den ersten Schritt zum Krieg. Die diktatorischen Hasstiraden von Hussein und seinen Anhängern dürfen wir nicht mit Hass beantworten, sondern mit dem entschiedenen Willen zum Frieden.

Hören wir auf die Erfahrungen der Opfer der Kriege. Auch die noch lebenden Zeugen der Angriffe auf Dresden sollte man aufmerksamer hören, dann wäre klar, dass Bomben auf Städte Abertausende Unschuldige töten. Der entschlossene Wille zum Frieden kommt gerade von denen, die den Krieg selbst erlitten haben, am überzeugendsten. Der vernichtende Virus der Gewaltbereitschaft stirbt erst, wenn der Kreislauf von Rache und Vergeltung von Feindesliebe durchbrochen wird. Wer erlittenes Unrecht, wie es das Verbrechen vom 11.September gewesen, mit Krieg beantwortet, schafft neues Unrecht. Da kann man nicht einfach die Hände in Unschuld waschen.

Die Demonstrationen von Millionen in aller Welt haben sich eindeutig zu einer friedlichen Lösung des Konflikts bekannt. Das muss von den Mächtigen respektiert werden. Der Souverän in der Demokratie ist das Volk. Friede, der aus dem Willen des Volkes erwächst, ist ein besonderer Schatz der Zivilisation.

Dieser Wille zum Frieden, zur Vergebung, zur Versöhnung muss auch in unserem Volke noch verstärkt werden. Jede Verherrlichung von Gewalt und Hass, wie wir sie in den Medien so oft antreffen, ist ein Angriff auf den Friedenswillen des Volkes. Wir sollten nicht erst auf die Straße gehen, wenn ein Krieg droht. Wir sollten schon unsere Stimme erheben, wenn das Gift der Feindschaft und der Gewalt in die Menschen infiltriert wird.

Unser Friedensdienst in der jetzigen Situation wird vor allem die Sorge für die von den Kriegsfolgen Betroffenen sein müssen. Solidarität mit den Geschundenen ist jetzt dran.

Vertrauen, Vergebung, Versöhnung werden die wichtigsten Vokabeln der Zukunft. Sie sind die Kennzeichen unseres Gottes. Seid vollkommen, wie auch euer Himmlischer Vater vollkommen ist.

Joachim Reinelt, Bischof von Dresden-Meißen


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