Wenn zwei Welten aufeinander treffen

Vom Besuch zweier russischer Katechetinnen in Deutschland


Dresden, 15.09.03 (KPI): Ljuba Gluschnikova und Nelia Goulianova sind zwei Katechetinnen aus dem Bistum St. Clemens in Südrussland, die zum ersten Mal in Deutschland unterwegs sind. „Es war ein lang gehegter Wunsch von uns, Sachsen und seine katholischen Pfarreien einmal zu besuchen. Unser Bischof Clemens Pickel und die deutschen Helfer in unserem Bistum haben uns schon so viel erzählt. Und jetzt ist der Traum, das alles selbst sehen zu können, endlich in Erfüllung gegangen.“ Ljuba Gluschnikova (50) kommt aus der Gemeinde Astrachan und verdient ihren Unterhalt als Lehrerin an einer Technischen Hochschule. Nelia Goulianova (28) gehört der Gemeinde Nowopawlowsk im Kaukasus an und macht zur Zeit ein Fernstudium in Jura.
Was die Frauen unterscheidet: Ljuba Gluschnikova ist erst vor wenigen Jahren zum katholischen Glauben übergetreten, Nelia Goulianova ist dagegen durch ihre Familie von klein auf mit dem katholischen Glauben verwurzelt. Ihre Gemeinsamkeit: die ehrenamtliche Arbeit in ihren Gemeinden. Als Katechetinnen helfen sie den Pfarrern, die Kinder auf die Erstkommunion und die Firmung vorzubereiten. Die Gemeinden des Bistums erstrecken sich dort über Gebiete von mehr als 600 km Durchmesser, so dass es vielen Gläubigen aus technischen Gründen nicht möglich ist, zu den Gottesdiensten zu kommen. Deshalb fahren die Helfer zusammen mit den Geistlichen in die entlegenen Regionen. Die Katechetinnen versammeln nach der Sonntagsmesse die Kinder in Gruppen, um ihnen Religionsunterricht zu geben. Nebenbei gehen sie den Pfarrern bei der Büroarbeit zur Hand und helfen den örtlichen Caritasstellen. Ihr Besuch in Deutschland wurde durch die Einladung von Hubertus Luscher ermöglicht, der selbst eine Zeit lang in den russischen Gemeinden als Helfer arbeitete und dort die Frauen kennen lernte.
Neben den klassischen Sehenswürdigkeiten in Deutschland interessieren sich die Besucherinnen auch für das Leben in den Gemeinden und für den Religionsunterricht an den Schulen. Pater Michael Beschorner, Religionslehrer und Schulseelsorger, stellte sich deshalb ihren Fragen und gab einen Einblick in das christliche Schulleben des St. Benno-Gymnasiums. „Es war für uns neu, dass hier im Religionsunterricht der Blick mehr auf die Bräuche der anderen Weltreligionen und auf zwischenmenschliche Konfliktlösungen gerichtet wird als auf die Psalmen der Bibel“, bemerkte Ljuba Gluschnikova. In Russland sind katholische Schulen undenkbar. Deshalb gehört es zu den Aufgaben der Katecheten, sowohl die Unterweisung im Glauben als auch den schulischen Religionsunterricht in ihren Unterrichtseinheiten zu verknüpfen. Dabei bleibt für die Bräuche anderer Weltreligionen keine Zeit. Die Russinnen fanden es auch ungewöhnlich, dass die Schule eine eigene Bibliothek und einen Computerraum besitzt. „So ein Geist weht bei uns höchstens in den Universitäten. Aber die alten Kaugummis unter den Stühlen gibt es bei uns auch, dagegen gibt es wohl kein Mittel“, fügte die erfahrene Lehrerin hinzu.

Viele für uns selbstverständliche Dinge, wie gute Beziehungen zwischen Staat und Kirche, erreichbare Gotteshäuser oder eben christliche Schulen sind in Russland noch Zukunftsmusik. In der Gemeinde Astrachan ist die Lage noch verhältnismäßig gut. Es gibt zwei Franziskanermönche, drei Ordensschwestern und drei Katecheten. Außerdem steht dort eine der wenigen katholischen Kirchen. Von Franziskanermönchen im 18. Jahrhundert erbaut, ist es das älteste katholische Gotteshaus in Russland. 1992 bekam die Gemeinde die enteignete Kirche zurück und baute zusammen mit den Mönchen das Gemeindeleben langsam wieder auf.
In dem Nachbarterritorium ist die Arbeit um einiges schwieriger. Nelia Goulianova gehört einer der sechs Gemeinden an, die von einem einzigen Pfarrer betreut werden. Er muss deshalb jeden Sonntag bis zu fünf Stunden mit dem Auto fahren, um die Gläubigen zu erreichen. Dazu kommen Probleme mit den ständigen Kontrollen an den Straßen - und Geistliche der katholischen Kirche werden immer besonders scharf kontrolliert. Ein offizielles Kirchengebäude gibt es dort auch nicht, weil alle bisherigen Versuche am Widerstand der orthodoxen Bevölkerung scheiterten. Zum Gottesdienst versammeln sich die Gläubigen deshalb in Privathäusern. Die bieten aber zu wenig Platz, um alle aufzunehmen.

„Leider gibt es bei uns kaum einheimische Pfarrer und Ordensleute, und die ausländischen kommen nur sehr ungern, da die Arbeit durch die Sprache und die Mentalität der Leute fast unmöglich gemacht wird. Es würde uns sehr helfen, wenn wir mehr Priester und freiwillige Helfer hätten. Denn es gibt hier wirklich noch unvorstellbar viel zu tun“, werben die Katechetinnen für ihr Bistum. Außer Geldspenden wird auch tatkräftige Hilfe beim Bauen benötigt. Weitere Informationen erhalten Sie über: Barbara Köhler, Bischöfliches Ordinariat, Käthe-Kollwitz-Ufer 84, 01309 Dresden, Tel.: 0351/33 64 703. Spendenkonto: Bistum Dresden-Meißen, Kirche in Südrussland, Konto: 829 34 57, BLZ: 750 903 00, LIGA-Bank Dresden. Marina Keller


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