Das Osterreiten der katholischen Sorben

Die einzelnen Prozessionen - Geschichte und Hintergründe


Nebelschützer Osterreiter 2003.
Ralbitz – Wittichenau

In beiden Pfarrgemeinden sammeln sich die Osterreiter, welche die größten Prozessionen stellen, bereits am frühen Vormittag, denn sie haben den weitesten Weg zurückzulegen. In den letzten Jahren wurden bei den Ralbitzern etwa 300, bei den Wittichenauern sogar über 400 Osterreiter gezählt. Dabei sind die beiden sprachlich verschiedenen Teile der Wittichenauer Prozession etwa gleich groß.

Vor dem Jahr 1541 ritten die Wittichenauer, die sich lieber Kreuzreiter nennen, nach Hoyerswerda. Seitdem die dortige Pfarrgemeinde damals den lutherischen Glauben angenommen hat, in denen Prozessionen nicht geduldet wurden, besuchen sich die Prozessionen der beiden Pfarrgemeinden Ralbitz und Wittichenau gegenseitig.
Ralbitz ist nicht nur wegen der großen Zahl der Osterreiter anziehend. Der Friedhof mit seinen schlichten weißen Holzkreuzen – seiner Art nach soll er einmalig in Europa sein – hat das ganze Jahr über viele Besucher. Die Gleichheit der Kreuze weist darauf hin, daß vor Gott alle Menschen gleich sind. Denn jeder, ob ein hoch angesehener oder ganz einfacher Mensch, bekommt ein schlichtes weißes Holzkreuz auf sein Grab gestellt.


Crostwitz – Panschwitz-Kuckau

Crostwitz ist die größte und wohl auch bekannteste sorbische Pfarrgemeinde. Auch der Ort Panschwitz-Kuckau gehört zu dieser. Im Jahre 1790 untersagte der Pfarrer das Reiten und gab die Kirchenfahnen nicht heraus. Das störte die Osterreiter wenig. Sie ließen sich selbst welche anfertigen, und das Reiten fand statt. Später wurden die alten Kirchenfahnen neben den selbstgenähten wieder mitgeführt. Seitdem trägt neben dem ersten Reiterpaar auch das zweite Kirchenfahnen. Die Panschwitzer ritten zu jener Zeit noch in Crostwitz mit. Erst 1894 bildeten sie eine eigene Prozession und sind seither Partner der Crostwitzer.

Neben den Osterreitern bildet in Panschwitz auch das Kloster St. Marienstern mit seinem schönen Hof und Garten einen Anziehungspunkt für zahlreiche Besucher. 1998 feierte St. Marienstern sein 750jähriges Bestehen. Im gleichen Jahr fand dort auch die Erste sächsische Landesausstellung statt, zu der rund 365.000 Besucher kamen.


Nebelschütz – Ostro

Nebelschütz ist die territorial kleinste sorbische Pfarrgemeinde. Sie besteht aus lediglich drei Dörfern. Die in den Jahren 1741 bis 1743 erbaute barocke Dorfkirche wurde 1993 vollständig restauriert und ist wieder ein sehenswertes Gotteshaus. Das Osterreiten wurde in Nebelschütz 1769 nach einer Zwangspause infolge des Dreißigjährigen Krieges erneuert. Im Jahre 1758 wurde die Pfarrgemeinde Ostro gegründet. Doch erst 1814 billigte der Bischof Franz Georg Lock, selbst ein Sorbe, dieser das Recht zu, eine eigene Osterreiterprozession zu bilden. Damals entstand die Partnerschaft zu Nebelschütz.

In Ostro gibt es eine Besonderheit. Am frühen Ostersonntagmorgen reiten Männer um die Felder der Pfarrgemeinde und beten um den Segen Gottes für eine gute Ernte. Am Mittag beginnt dann das Osterreiten.


Radibor – Storcha

Am Ostersonntag des Jahres 1623 untersagte Christoph von Minkwitz, Gutsherr von Radibor, den Osterreitern, den Friedhof zu betreten. Er wollte mit Gewalt den lutherischen Glauben im Ort durchsetzen. Deshalb verbot er katholische Prozessionen, was sich die Radiborer aber nicht gefallen ließen. Es kam zu handgreiflichen Auseinandersetzungen der Reiter mit Angestellten des Gutshofes. Dies ist als „Osterreiterkrieg“ in die Geschichte der Pfarrgemeinde eingegangen. Aus bisher unbekannten Gründen unterblieb später in Radibor 120 Jahre lang das Osterreiten. 1882 wurde es wieder aufgenommen.

Ein Jahrzehnt ritten die Radiborer nach Sdier, bis 1892 in Storcha eine Pro-zession gebildet wurde. Seither besuchen sich die Osterreiter dieser zwei Pfarrgemeinden gegenseitig.
Nachdem die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft den einheimischen Pferdebestand sehr stark reduziert hatte, musste von 1973 bis 1977 die Storchaer Prozession aufgegeben werden. Doch seit 1978 reiten die Storchaer wieder. Diese beiden Prozessionen begegnen sich in Strohschütz. Sehenswert in Radibor und Storcha sind die Kirchen.


Bautzen

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hatte das Osterreiten in Bautzen seine jährliche Tradition. Schon damals ritten die Osterreiter nach Radibor, um die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi zu verkünden. Nach einer langen Pause erfolgte 1927 die Erneuerung der Prozession. Sieben Osterreiter begaben sich hoch zu Roß in die benachbarte Pfarrgemeinde Radibor. Ein Jahr später ritten die Bautzener natürlich mit erheblich mehr Reitern wieder ganz offiziell. Das Osterreiten blieb aber zunächst nur bis 1969 in Bautzen präsent. Zu wenig Pferde sowie mangelndes Interesse führten zu einer weiteren Unterbrechung.

Nach 23 Jahren, im November 1992 wurde auf einer Versammlung der Osterreiter die zweite Erneuerung der Bautzener Prozession innerhalb des 20. Jahrhunderts beschlossen. Seit 1993 reiten wieder Osterreiter von Bautzen nach Radibor.

Rafael Ledschbor


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