"Der neunte Tag" - Volker Schlöndorff verfilmt KZ-Drama

Prälat Scheipers hat Abb� Bernard, auf den der Film zurückgeht, kennengelernt


Prälat Hermann Scheipers
Dresden, 9.11.04 (KPI): Es ist die Geschichte eines katholischen Pfarrers, der 1942 völlig überraschend neun Tage Urlaub aus dem KZ Dachau erhält, um von den Nazis auf eine heimtückische Mission geschickt zu werden: Er soll seinen Bischof zur Kooperation mit den Deutschen bewegen. Das Drehbuch bezieht sich auf den autobiografischen Bericht des Luxemburger Pfarrers Jean Bernard. Prälat Hermann Scheipers, Priester des Bistums Dresden-Meißen und letzter lebender deutscher Zeitzeuge aus dem Priesterblock des Konzentrationslagers, hat ihn in Dachau kennengelernt.

"Ich habe ihn im Invalidenblock kennen gelernt, als ich vergast werden sollte", berichtet Hermann Scheipers (92), der heute in seiner Geburtsstadt Ochtrup im Münsterland lebt, im Gespräch mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA). "Die luxemburgischen Priester sind viel heftiger schikaniert worden als wir, weil sie großen Einfluss auf die Bevölkerung hatten und die Nazis Luxemburg schlucken wollten."

Er selbst wurde ins KZ deportiert, weil er als Kaplan im sächsischen Hubertusburg Gottesdienste für Polen hielt und die Beichte hörte. Im Lager Dachau waren von 12.000 KZ-Häftlingen rund 3.000 Priester, über 90 Prozent davon katholisch. Unter den Priestern wiederum waren nicht alle Nationen gemeinsam untergebracht. Die Luxemburger etwa hatten sich gegen eine Unterbringung mit den Deutschen entschieden, um ihren Protest gegen ein Einverleiben ihres Landes mit dem Deutschen Reich zu unterstreichen. Sie waren daher bei den Polen einquartiert, die besonders stark unter den Quälereien der SS leiden mussten.

Im Invalidenblock wiederum kamen alle betroffenen Priester ohne Beachtung der Nationalität zusammen. So lernte Prälat Scheipers auch Abb� Jean Bernard - der im Film Henri Kremer heißt - und andere Luxemburger Priester kennen, die im Invalidenblock eintrafen und für die Vergasung bestimmt waren. Dass Schlöndorff das Schicksal der im Dachauer Priesterblock inhaftierten Geistlichen thematisiert, freut Scheipers. Auch wenn er im Gespräch mit KNA auf die große dichterische Freiheit verweist, die sich der Regisseur bei der Verfilmung des Stoffes genommen habe ("Die Erlebnisse, die Schlöndorffs Film bestimmen, machen in Bernards Buch über diese Zeit ganze fünf Zeilen aus"), bei der Premiere des Films am 10. November in München wird er dabei sein. Am 11. November startet der Film dann bundesweit in den Kinos.

Dass Scheipers das KZ überlebte, hat er nicht zuletzt dem wagemutigen Einsatz seiner Zwillingsschwester zu verdanken, die sich im Berliner Reichssicherheitshauptamt couragiert für das Leben des Bruders einsetzte. Auf einem "Todesmarsch" im April 1945 gelang ihm schließlich die Flucht in die Freiheit. Zweifel an der Liebe Gottes habe er im KZ nicht bekommen, vielmehr habe die Zeit im Lager seinen Glauben bestärkt, so Scheipers gegenüber KNA. Und auch Abb� Bernard überlebte das KZ Dachau, arbeitete nach dem Krieg lange Jahre als Direktor der Tageszeitung "Luxemburger Wort".

In Vorträgen und vor Schulklassen berichtet der 92-jährige Scheipers bis heute von seinen Erlebnissen, warnt vor den Gefahren totalitärer Regime. Die erlebte er nicht nur unter dem Nationalsozialismus im Dritten Reich, sondern auch in Konflikten mit dem SED-Regime zu DDR-Zeiten hautnah. Denn schon 1946 nahm Scheipers sein Wirken als Seelsorger im Bistum Meißen, dem heutigen Bistum Dresden-Meißen, wieder auf. Stationen seiner Priestertätigkeit waren: Hubertusburg, Radebeul, Berggießhübel, Dresden-Johannstadt, Freital, Wilsdruff und Schirgiswalde.

Prälat Hermann Scheipers ist Ehrendomkapitular des Kathedralkapites St. Petri, Träger des Bundesverdienstkreuzes und Ehrenbürger der Stadt Schirgiswalde. MB

Fotos von Prälat Hermann Scheipers sind über die Pressestelle des Bistums (0351 / 3364 720) erhältlich. Weitere Informationen zum Schlöndorff-Film "Der neunte Tag" finden Sie im Internet unter www.der-neunte-tag.de.

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