Die Osterbotschaft aus dem Pferdesattel verkünden

Vom Ursprung und Sinn des Osterreitens bei den katholischen Sorben


Pfarrer Gerhard Werner mit den Osterreitern aus Storcha.
Bautzen, 02.04.04 (KPI): Ostern ist der höchste Festtag im kirchlichen Jahreskreis. Alle Christen feiern an diesem Tag die Auferstehung Jesu von den Toten. In der Osternacht wird in allen Kirchen die Botschaft von der Auferstehung Christi verkündet. Wer in den Gottesdiensten der vorangegangenen Tage das Leiden und Sterben Christi mitdurchlebt hat, kann sich nun um so mehr über die Auferstehung freuen. Die vierzigtägige Fastenzeit ist beendet. Nun gibt es Grund zu feiern.

Die Tatsache, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist, ermutigt alle, die an ihn glauben, diese frohmachende Botschaft weiterzusagen. Eine Art, dies zu tun, ist bei den katholischen Sorben das Osterreiten. Denn die Osterreiter singen in ihren Liedern davon, dass Christus am dritten Tage nach seinem Tod auferstanden ist und somit den Tod überwunden hat. Tausende Besucher kommen jedes Jahr zu Ostern in die Lausitz, um an diesem Ereignis teilzunehmen.


Das Osterreiten bei den katholischen Sorben

In den Pfarrgemeinden der katholischen sorbischen Oberlausitz wird dieser größte kirchliche Feiertag auf besondere Weise begangen. Schon seit mehr als fünf Jahrhunderten ist es Tradition, dass die Osterreiter in Prozessionen die Botschaft von der Auferstehung Christi in die Nachbarpfarrei tragen.

Es ist bekannt, dass bereits Ende des 15. Jahrhunderts zwischen Hoyerswerda und Wittichenau solche Prozessionen stattfanden. Die Wurzeln dieses kirchlichen Brauches reichen wahrscheinlich bis in vorchristliche Zeiten zurück. Durch Feldumritte glaubte man, die jungen Saaten vor der Missgunst des Bösen schützen zu können. Unter dem Einfluss des Christentums wandelten sich diese Ritte wohl in christliche Prozessionen, die heute ein öffentliches Bekenntnis zum christlichen Glauben darstellen.

In den vergangenen Jahren erhöhte sich die Anzahl der Osterreiter stetig, und dies ungeachtet der Tatsache, dass ihnen erhebliche Opfer abverlangt werden. So stehen die arbeitsfreien Tage im Zeichen der Vorbereitung auf das große Fest. Der Pferdebestand in der sorbischen Lausitz ist nicht ausreichend. Daher leihen sich viele Osterreiter für diesen Tag Pferde aus, oft aus weit entfernten Orten. So kann dieser alte Brauch weiterleben.
Die ökumenische Zusammenarbeit ist auch beim Osterreiten gewachsen. Evangelische Christen helfen ihren katholischen Glaubensbrüdern unter anderem beim Besorgen der Pferde. Was früher undenkbar war, ist heute möglich – hier und da reitet auch ein evangelischer Christ in einer Osterreiterprozession mit und verkündet die Auferstehung Christi auch auf diese Weise.

In der katholischen sorbischen Oberlausitz gibt es neun Osterreiterprozessionen, in denen überwiegend Sorben mitreiten. Lediglich in der Wittichenauer Prozession gibt es seit der Jahrhundertwende auch einen deutschsprachigen Teil. Die Osterreiter singen Lieder, die von der Auferstehung Christi künden. Außerhalb der Ortschaften beten sie den Rosenkranz oder andere Gebete. In ihrer Prozession führen sie das Kreuz, Kirchenfahnen und die Statue des Auferstandenen mit. Alle Reiter sind festlich gekleidet: Schwarzer Zylinder und Gehrock sind die auffallendsten Merkmale eines Osterreiters. Auch die Pferde werden besonders geschmückt. Dazu gehören unter anderem das Ostergeschirr, größtenteils mit christlichen Symbolen wie dem Osterlamm oder einem Kreuz versehen, und die bunt bestickte Schleife am Schweif. Ist diese schwarz, deutet sie auf Trauer in der Familie hin.

Die Osterreiter umreiten die Kirche und den Friedhof. Auch den Verstorbenen verkünden sie die Auferstehung und beten für sie. Wer zum ersten mal am Osterreiten teilnimmt, trägt ein Myrtenkränzchen. Zum jeweiligen Jubiläum darf sich der Reiter dann mit einer silbernen “25� beziehungsweise goldenen “50� schmücken. Insgesamt beteiligen sich jedes Jahr etwa 1.500 Osterreiter an den Prozessionen.


Zwei Bitten der Osterreiter an die Zuschauer

Alle Zuschauer sollten beim Osterreiten daran denken, dass ein Pferd keine Maschine, sondern ein lebendiges Wesen ist. Deshalb ist es im Interesse aller, Abstand zu den Tieren zu halten, damit es nicht zu Unfällen kommt. Die zweite Bitte ist, dass alle Zuschauer Stille und Zurückhaltung üben, während die Osterreiter beten und singen. Denn sie sehen in dieser Prozession eine Andacht, die nicht gestört werden soll.
Rafael Ledschbor


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