Bischof Joachim Reinelt: Erinnerungen an Papst Johannes Paul II.

Dresden, 03.04.05


In memoriam: Papst Johannes Paul II.
„Er konnte sehr spontan sein“, das antwortet Bischof Joachim Reinelt, wenn er nach dem Menschen Karol Wojtyla gefragt wird. So beim Besuch einer Gruppe DDR-Bürger, die 1983 mit Sondergenehmigung nach Rom fahren durften. Als der Papst während eines Gottesdienstes im Petersdom erfährt, dass sich unter den Gläubigen auch DDR-Bürger befinden, lässt er sogleich ein Treffen im Anschluss an die Messfeier arrangieren. Unter den Teilnehmern war auch Joachim Reinelt, zu jener Zeit noch Pfarrer. „Und er nahm sich Zeit. Er gab jedem die Hand, wechselte einige Worte, ließ uns spüren: ich weiß um euer Staatsgefängnis DDR. Habt Mut.“

Seit dieser ersten Begegnung hat Bischof Joachim Reinelt den Heiligen Vater über ein Dutzend Mal getroffen. Besonders erstaunt war er dabei auch immer von der enormen Gedächtnisleistung Johannes� Pauls II. „Bei unserer nächsten Begegnung in Niederösterreich konnte er sich noch an meinen Namen erinnern und daran, wo ich herkomme. Erstaunlich bei einer Begegnung, die vielleicht eine halbe Stunde gedauert hatte, wenn man weiß, wie viele Leute er kannte und täglich neu kennen lernte.“

Der Heilige Vater blieb bei allen Treffen aber auch ein Mann, der zuhören konnte. Auch bei Entscheidungen der Bischofskonferenz, in denen es zu Unstimmigkeiten mit Rom kam, habe der Papst nie seine Beschlüsse als Diktat von oben getroffen. „Er hatte nie die Arroganz zu sagen, ich bestimme, und ihr habt zu folgen. Er sagte: �Wir müssen gemeinsam eine Lösung finden�. Und wir wussten, dass er vor schwierigen Entscheidungen bewusst das Gebet suchte“, so Bischof Reinelt. „Er suchte den Einfluss des Heiligen Geistes. Die Kraft, die er darin fand, gab ihm dann auch den Mut, zu seinen Entschlüssen zu stehen.“

Für Bischof Reinelt bleibt Papst Johannes Paul II. „ein außergewöhnlicher Mensch.“ In der 2.000-jährigen Kirchengeschichte habe kaum ein Pontifex zuvor so viel gepredigt, sei so viel gereist, habe mit und zu so vielen Menschen gesprochen. Allerdings, auch nicht immer habe es einen so begabten Papst gegeben, der allein durch sein Beherrschen so vieler Sprachen eine besondere Möglichkeit hatte, die Herzen der Menschen zu erreichen.

Der Eindruck, den der Heilige Vater bei der Jugend hinterließ – für den Bischof von Dresden-Meißen eine Folge dessen, dass er seine Meinung klar äußerte. Er habe nicht versucht, sich anzubiedern. Und das sei von den jungen Menschen honoriert worden. Wenn er – etwa auf den Weltjugendtagen – mit ihnen betete und feierte, sei er dabei, so Bischof Reinelt „stets zwei bis drei Jahre jünger geworden. Er hat die Jugend mitgerissen, und sie hat ihn mitgerissen.“

Die Bedeutung des Papstes für die Menschen im Osten Europas aber, auch im Osten Deutschlands, sei vor allem seiner Rolle beim Fall des Eisernen Vorhangs und im Zusammenbruch des Kommunismus zu sehen. „Ohne die polnische Welle Solidarnosc wäre nicht die Welle erzeugt worden, die letztlich die Wende einläutete“, so Bischof Reinelt. „Und ohne diesen Papst wäre Solidarnosc nicht möglich gewesen.“

Seine Trauer um den verstorbenen Papst Johannes Paul II., so Bischof Joachim Reinelt, sei dabei die Trauer um einen außergewöhnlichen Mann. Doch für den Christen bleibe ja der Glaube an den, der ihn nun zu sich gerufen habe. „Und wenn man dabei den Optimismus hat, den er hatte, wird es nicht so viele Tränen geben.“

Michael Baudisch


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