Die Hoffnung überwiegt die Traurigkeit

Zwei Sorben nehmen am Requiem für den Heiligen Vater in Rom teil


Pilger zur Beisetzung des Papstes in Rom. Foto: Ledschbor
Rom/Dresden/Bautzen, 08.04.05 (KPI): „Wir waren auf dem Petersplatz“, Rafael Ledschbor kann sein Glück kaum fassen. Erst am Abend zuvor war der Redakteur der katholischen sorbischsprachigen Kirchenzeitung „Katolski Posol“ mit dem sorbischen Pfarrer Clemens Rehor von Frankfurt aus nach Rom aufgebrochen, die Nacht hatten sie auf der Straße verbracht. An Schlaf war nicht zu denken. „Es waren Massen da“, erzählt Ledschbor. „Wir standen mit Polen, Franzosen, Nigerianer, Kroaten, Tschechen zusammen – schlafen konnte man nicht und wollte man auch nicht.“ Man erzählt, man lernt sich kennen.

Noch in der Nacht hatten sich die beiden dann in Richtung Vatikan aufgemacht. „Sechs Stunden haben wir dann angestanden.“ Früh um 6.30 Uhr schließlich wurden die Absperrungen, an denen sich die beiden die Nacht hindurch positioniert hatten, von den Sicherheitsbehörden geöffnet. „Wir sind fast gerannt“, sagt Ledschbor. Und das ist gut so, die beiden kommen weit nach vorne. Doch der Menschenauflauf, der sich nun bildet, klemmt die beiden fest ein. „Wir dachten schon, weiter geht es nicht.“ Ein Polizist macht schließlich noch einen Weg frei, und über einige Ecken geht es weiter, bis die beiden tatsächlich auf dem Petersplatz stehen, der sich zu dem Zeitpunkt erst halb gefüllt hat. Die Polizei ist präsent, hält sich aber zurück. Mit Metalldetektoren werden die Gläubigen kontrolliert. Pfarrer Rehor – im Priesterhemd unterwegs – wird direkt durchgewunken. Als die beiden mitten auf dem Petersplatz stehen, den Sarg des verstorbenen Papstes sehen, hier das Requiem für den verstorbenen Heiligen Vater mitfeiern, wissen sie: die Pilgerfahrt, um Papst Johannes Paul II. zu verabschieden, hat die Erwartungen übertroffen. „Es ist überwältigend, ein Fest des Glaubens“, so Rafael Ledschbor. Das Gedränge um sie herum haben die beiden vergessen. „Natürlich hätte es uns auch passieren können, dass wir weit draußen den Gottesdienst nur auf einer Leinwand hätten verfolgen können. Aber wir hatten uns keine großen Hoffnungen gemacht, tatsächlich auf den Petersplatz zu kommen. Von daher ist das Erlebnis jetzt umso ergreifender.“

Die Menschenmassen, das Gedränge, die Polizeisirenen in der Stadt und der Stau auf den Straßen: Als die beiden sich wieder auf den Heimweg machen, bereut Pfarrer Rehor den Trubel der Reise „keine Sekunde“. „Die Leute hier sind alle freundlich. Es gibt kaum Traurigkeit. Es ist Hoffnung in den Gesichtern. Vor allem viele Jugendliche sind hier. Die sind sehr gefasst, es ist eine ruhige, gelassene Stimmung und einfach überwältigend.“ Um 19 Uhr geht der Flieger zurück nach Frankfurt. Da bleibt auf dem Weg zum Flughafen sogar noch ein Moment Zeit. „Jetzt gehen wir noch einen Kaffee trinken, und dann fahren wir mit der U-Bahn zum Flughafen“, sagt Ledschbor. Und Pfarrer Rehor meint: „Wir müssten öfter so spontan sein.“
Michael Baudisch


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