Die Sprache der Lieder und der Farben

Ein Bericht vom "Tag des sozialen Engagements" im Raum Bautzen


Beim Einsatz in ihren sozialen Projekten verständigen sich die Teilnehmer auf Englisch, Französisch, Sorbisch und Deutsch. Und mit Händen und Füßen...

Crostwitz/Bautzen, 12.08.2005 (KPI): In Crostwitz ist die katholische Kirche in besonderer Weise geschmückt: Außer unzähligen Sonnenblumen im Altarraum hängen Fahnen von der Empore herab und in sechs verschiedenen Sprachen lange Bänder, die auf den Weltjugendtag hinweisen. Die Gottesdienstsprache ist Französisch – ein wenig ungewohnt mitten im sorbischen Gebiet. Ein eindeutiger Hinweis darauf, dass der Weltjugendtag wirklich begonnen hat! Hier ist gerade eine Gruppe aus dem Bistum Nizza zu Gast.

Der Zelebrant, Jean-Pierre Wet�, betont in seiner Predigt die Notwendigkeit, einander zu lieben. Und als Zeichen gelebter Liebe sollen die Jugendlichen – die französischen Gäste wie auch die sorbischen Gastgeber – nach Gottesdienst und anschließendem Glaubensgespräch am heutigen Tag in sozialen Projekten arbeiten.

So geht Lisa (16) mit drei anderen Sorben und sechs Franzosen zum Kindergarten. Sie macht hier mit, weil „die Gäste in unserem Dorf sind und ich da auch dabei sein will“, sagt sie, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Und natürlich fährt sie dann in der nächsten Woche auch mit nach Köln. Doch zunächst soll heute auf dem Spielplatz des Kindergartens ein Holzpavillon einer Schönheitskur unterzogen werden: Jeder Jugendliche wird mit einem Stück Sandpapier ausgestattet, um das Holz zu säubern, das anschließend neu mit Holzschutzfarbe gestrichen werden soll.

Die Arbeit beginnt ein wenig zögerlich – zu groß sind die sprachlichen Hürden. Die Verständigung erfolgt in einem Sprachengemisch aus Englisch, Französisch, Sorbisch und Deutsch. Und notfalls helfen Hände und Füße. Doch es dauert nicht lange, da sind weit in den Ort hinein vom Kindergarten aus fröhliche Lieder abwechselnd mit munterem Stimmengewirr zu hören: Ein junger Franzose hatte vorgeschlagen, die Sorben sollten eines ihrer Lieder singen. Und anschließend sind die Franzosen an der Reihe. Die Sprache der Lieder ist international!

Sprach-, Länder- und Altersgrenzen überschreiten ebenso auch bunte Farben. Sie sind das Kennzeichen eines Projektes, zu dem sich zwölf litauische Weltjugendtagsgäste mit Schülern der Bischöflichen Maria-Montessori-Grundschule in Bautzen zusammengetan haben: Sie bemalen eine einst graue Wand mit Garagentoren und eine große Anzahl alter Holzstühle. Schulleiterin Änne Dürigen konnte dafür den Graffiti-Künstler Sebastian G. (29) aus Dresden gewinnen. Er hat das geplante Bild an der Wand vorskizziert: die Schöpfungsgeschichte. Mit Feuereifer sind nicht nur Maximilian (9) und Jonathan (7) am Werk, als sie „Gras“ mit Sprühflaschen auf ein altes Garagentor „malen“. Auch die Jugendlichen aus der Gegend um Vilnius sind mit Eifer und Ernst bei der Sache. Marcelina (17) malt einen großen Apfel auf einen Stuhlsitz. Sie ist fast ein Profi, wie sie auf die Bewunderung für ihr Gemälde hin etwas verschämt gesteht; sie sei in Litauen in der „painting class“. Zum Weltjugendtag ist sie gefahren, „weil ich mit Freunden zusammen sein und neue Freunde finden will“. Die zwanzigstündige Busfahrt bis nach Bautzen, wo sie zusammen mit 45 anderen gestern früh ankam, ist schon fast wieder vergessen� Und bei manchen der bunt und kreativ bemalten Stühle – am Ende ist jeder Stuhl ein Unikat! – wird die Schule immer an ihre litauischen Weltjugendtagsgäste denken: Sie tragen die Aufschrift „Litauen“.

Insgesamt ist die Aktion in der Bautzner Maria-Montessori-Grundschule ein Gemeinschaftswerk vieler: Die Handelskette Marktkauf unterstützt Projekte in Grundschulen – und übernimmt bei dieser Aktion das Honorar für den Graffiti-Künstler. Die Farben sponserte die Malerfirma, die die Schule renoviert hatte.

Die bunte Wand und die farbigen Stühle werden Schüler, Lehrer und Eltern noch lange an diesen Tag, aber vor allem auch an die litauischen Weltjugendtagsgäste erinnern – an ein alters-, nationen- und sprachen-übergreifendes Projekt, das neue Farbe in die Schule brachte.

Elisabeth Meuser


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