Erinnerungen an die brennende Wallfahrtskirche von Rosenthal

Gesprächsabend mit Bischof Reinelt und Ministerpräsident Milbradt zu 60 Jahren Kriegsende


Fotos: A. Ullrich
Schmochtitz/Bautzen, 06.05.05 (KPI): Die brennende Wallfahrtskirche von Rosenthal, die Hoffnung der Einheimischen, dass die Gegend verschont bleiben möge und die Freude darüber, dass das Gnadenbild von Rosenthal aus der brennenden Kirche gerettet werden konnte – diese und viele weitere Erinnerungen an das Kriegsende vor 60 Jahren prägten einen Gesprächsabend am 4. Mai im Bischof-Benno-Haus in Schmochtitz, zu dem das Schmochtitzer Forum und die sorbische Zeitung „Serbske Nowiny“ eingeladen hatten. Zu den Gesprächsteilnehmern gehörten Bischof Joachim Reinelt, Ministerpräsident Georg Milbradt, Monsignore Martin Salowski und Prof. Wolfgang Marcus.

Kurz vor Ende des Krieges war die Lausitz schwer umkämpft. Zuvor waren zahlreiche Sorben aus ihrer Heimat vertrieben worden, gab es Einschränkungen ihrer Sprache, die Versetzung der sorbischen Priester. Monsignore Salowski bezeichnete das Kriegsende denn auch als Befreiung von den Deutschen. Bischof Reinelt betonte: „Wir als Deutsche müssen gegenüber dem sorbischen Volk unsere Schuld bekennen, dass das geschehen ist.“ Die reichlich hundert Zuhörer waren emotional sehr beteiligt. So berichtete eine Frau aus ihrer Kindheit, wie in der größten Angst, als die Russen ins Dorf kamen, ein russischer Soldat sie und ihrer Mutter in der ersten Nacht beschützte.

Für Christen hätten die beiden totalitären Systeme des vergangenen Jahrhunderts eine sehr schwere Zeit bedeutet, darüber waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Immer habe es aber auch mutige Menschen gegeben, die versuchten, für andere da zu sein. Erinnert wurde in diesem Zusammenhang an den sorbischen Kaplan Alois Andritzki, dessen Seligsprechungsverfahren zur Zeit läuft, an weitere Priester des Bistums und an Bischof Wienken, der die Versetzungsanordnung für die sorbischen Priester des „Reichsministeriums für die Sicherung des Deutschtums“ umsetzen musste und immerhin erreichen konnte, dass sie in Sachsen blieben. Nach dem Krieg hätte es für die Christen Schwierigkeiten unter der sozialistischen Herrschaft gegeben, aber auch die Hoffnung auf einen Sozialismus aus christlicher Verantwortung, die anfangs viele Christen bewegte.

Man könne die Leute nicht verurteilen, die damals glaubten, man müsse mit den neuen Machthaben reden, so Bischof Joachim Reinelt. Die heutige Perspektive ergäbe sich mit Blick auf eine abgeschlossene Zeit. Aber weiterhin bedarf es, so der Bischof, mutiger Menschen, die auch das sagen, was anderen nicht passe. Dazu brauche es – so Ministerpräsidenten Milbradt – besonders das Engagement der jungen Leute, die sich mit der Frage beschäftigen müssten, wie sich die Demokratie erhalten lasse. Mit Blick auf die aktuellen Wahlerfolge rechter Parteien in Sachsen erinnerte Bischof Reinelt an seine Predigt zum 50. Jahrestag des Kriegsendes in der er sagte: „Wenn einer nicht mehr weiß, dass er höchstens der zweite ist, dann ist bald die Hölle los.“

Ansgar Ullrich


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