Gedanken zu Ostern 2005

von Bischof Joachim Reinelt


Europa hat sich sehr um seine europäische Verfassung bemüht. Die wichtigere Frage ist aber: In welcher Verfassung sind die Europäer? In welcher geistigen Verfasstheit befinden sich die europäischen Völker? Was bestimmt ihr Denken und Handeln. Stimmt es, was Bundespräsident Carstens gesagt hat: "Das Problem unserer Gesellschaft ist, dass wir reich im Portemonnaie sind, aber arm im Herzen". Peter Hahne zitiert dazu ein Kabarett aus Düsseldorf: „Lebensangst und Kreislaufstörung, Hasten, Jagen, Kampf und Gier. Was stabil ist, ist die Währung, was labil ist, das sind wir. Lass die Puppen schneller tanzen ohne Ziel in dem Getriebe, hochgepeitscht durch Dissonanzen, ohne Glaube, Hoffnung, Liebe..."

Heute, am Osterfest, fragen wir uns deshalb mit vielen denkenden Menschen unserer Tage: Was, wer löst uns von Lebensangst und geistiger Kreislaufstörung? Wie entkommen wir dem ziellosen Getriebe von Hasten, Jagen, Kampf und Gier? Wer bereichert die Herzen?
Nicht die Wertedebatte ist die Lösung. Die Lösung bringt, wer dem Menschen seinen ursprünglichen Wert zurückgibt, der ihm in einer grausigen Geschichte immer wieder geraubt worden ist und den er sich selbst durch Bosheit und Dummheit geraubt hat. Der einzige Löser des Problems ist der auferstandene Christus. Er ist ja nicht einfach für sich selbst auferstanden, sondern er ist erstanden in den Menschen hinein. Die Geschichte der Selbstvernichtung des Menschen wird beendet, wenn der Einzelne es zulässt. Statt der Vernichtung erfahren wir Verlebendigung. Wie sieht das im österlich geprägten Alltag des Christen aus?

1. Erkennungszeichen: Quicklebendig.

Bei Kindern bewundern wir gern, dass unter ihnen so aufgeweckte Typen anzutreffen sind, die mit ihren vier Jahren Überraschungen parat haben, die Erwachsene herzlich lachen lassen. Ein aufgewecktes Kind! So etwas Aufgewecktes kann man auch bei österlich geprägten Erwachsenen finden. "Ihr seid mit Christus auferweckt" - das kann nicht spurlos bleiben. Die Lebendigkeit Christi macht den Geist des wahren Christen quicklebendig.

2. Erkennungszeichen: Total verwandelt.

Es gibt Begegnungen, die den Menschen völlig verwandeln. Das haben alle Ostererlebnisse gemeinsam. "Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn." Die weglaufen wollten in ihrer Angst, wurden zu Zeugen, die für die alles verändernde Botschaft bereit waren bis in den Tod, der ja nicht mehr Tod für sie bedeutet hat. "Gott hat ihn von den Toten auferweckt, dafür sind wir Zeugen." (Apg 3,15)

3. Erkennungszeichen: Ausstrahlung

Österliche Menschen hinterlassen auf andere tiefe Eindrücke. Fragen wir uns immer wieder, wo uns Menschen begegnet sind, die uns den Auferstandenen in ihnen erkennen lassen. Mutter Teresa, Papst Johannes Paul II., Chiara Lubich, Roger Schutz.
Christus lebt. Wo er lebt, prägt er. Der Mensch bekommt einen Wert, eine Würde und Bedeutung, die göttlich ist. Das ist zu spüren. Der Reichtum des Herzens bleibt nicht verborgen. Der Kleinbürgerliche wird wieder zu einem Menschen mit Persönlichkeit und wahrer Freiheit.

Ostern heißt: Gott lebt in dir.


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