Silbermannorgel wird 250 Jahre alt - fast 33 davon erlebte Domorganist Hansjürgen Scholze mit

Von Tag-des-Herrn-Redakteurin Dorothee Wanzek


Bei der Arbeit: Domorganist Hansjürgen Scholze.
Dresden, 21.04.05: „Wenn ich einmal anderswo gespielt habe und dann zu meiner ,alten Dame� zurückkehre, bin ich ganz selten einmal enttäuscht. Fast immer ist es ein Aha-Erlebnis, wie schön es doch mit ihr ist.“

Diese „Liebeserklärung“ macht Hansjürgen Scholze „seiner“ Silbermannorgel. Sein ganzes bisheriges Berufsleben hat der Organist mit der bedeutenden Hofkirchenorgel verbracht, die als einzige der drei großen Dresdner Silbermannorgeln erhalten geblieben ist. Seit Allerheiligen vor 33 Jahren hat Scholze, der 1944 auf heute zu Tschechien gehörendem Gebiet geboren wurde, seinen Stammplatz an diesem Instrument, und von Anfang an hat es ihn begeistert.

„Auf einer schönen Orgel klingt alles schön“

„Dabei hatte ich mit historischen Instrumenten zuvor keinerlei Erfahrung“, erinnert sich der Domorganist. In den 60er und 70er Jahren, als Hansjürgen Scholze in Schirgiswalde, Görlitz und Halle seine Ausbildung absolvierte, waren viele historische Orgeln in keinem besonders guten Zustand. Beeindruckt ist Scholze nach wie vor von dem einmaligen Klang des Instruments, dessen Fertigstellung der Orgelbaumeister Gottfried Silbermann vor einem Vierteljahrtausend nicht mehr erleben konnte: „Auf einer schönen Orgel wie dieser klingt eigentlich alles schön“, freut er sich. Er verzichtete darauf, sich ganz auf historische Spielweise oder gar auf einem bestimmten Komponisten zu spezialisieren („ich wollte nie nur ein ,Barockhirsch� sein) und legt stattdessen Wert auf Vielseitigkeit, so weit sie die alte Bauart der Orgel technisch zulässt. Besonders gern spielt er an der Kathedralorgel Buxtehude und Mendelssohn, eine Zeitlang waren alte französische Komponisten sein großes Steckenpferd. Aber auch jüngere und ganz junge Musik, von der mancher Kollege der Auffassung ist, so etwas spiele „man“ nicht an einer
Silbermannorgel, ist für ihn keinesfalls ein Tabu.

Ursprüngliche Brillanz wieder hergestellt

Von einschneidender Bedeutung war für Hansjürgen Scholze die umfassende Restaurierung der Orgel in den Jahren 2000/2001. „Von unverwechselbarer Klasse war die Silbermannorgel immer, doch nun hat sie ihre alte Brillanz zurück erhalten“, sagt er. So war sie vor dem Zweiten Weltkrieg, der damaligen Mode entsprechend, einen halben Ton tiefer gestimmt worden. Darüber hinaus hatte sie eine moderne Windanlage erhalten, die zwar sehr zuverlässig dafür sorgte, dass jede Orgelpfeife gleichmäßig mit ausreichend Wind versorgt wird, dadurch aber – gerade im Zusammenspiel mit Orchestern – einen weniger lebendigen Klangeindruck zur Folge hatte. Durch die Restaurierung ist der vermutete Originalzustand wieder hergestellt worden. Die hervorragende Qualität und historische Bedeutung der Orgel ist für Hansjürgen Scholze Anlass zur Freude, manchmal aber auch Grund für ein enormes Arbeitspensum. Zu seinen Verpflichtungen als Organist, Orgellehrer, Orgelsachverständiger für das ganze Bistum, Gemeindekantor und -chorleiter kommen – oftmals auch sehr spontane – Einsätze als Orgelführer. Mitunter wird er noch abends um zehn Uhr angerufen, weil eine bedeutende Besuchergruppe die Kathedralorgel erleben möchte. Als vor zwei Jahren das 250-jährige Bestehen der Hofkirche gefeiert wurde, rechnete er aus, dass er unterdessen mehr als 7000 Messfeiern in der Hofkirche mitgestaltet hatte. Trotz mancher Belastung sind diese Orgel und dieses Gotteshaus für ihn im Laufe der Jahrzehnte immer mehr zu einem Punkt der inneren Verankerung geworden. Für die Kathedralgemeinde ist umgekehrt seine musikalische Aktivität kaum mehr aus den liturgischen Feiern wegzudenken. „Ihre Musik sagt oft mehr als viele Worte, und sie erreicht das Herz“, hört er immer wieder von Gottesdienstbesuchern. Dankbar ist Hansjürgen Scholze nicht zuletzt dafür, dass er bislang immer Dienstherren hatte, die die Bedeutung der Kirchenmusik für den Gottesdienst geschätzt haben. Wenn er Urlaub hat, genießt er es dennoch hin und wieder, einen Gottesdienst einfach einmal ganz still mitzufeiern. Bis Mitte Mai wird er dazu aber ganz sicher keine Gelegenheit haben. Dann wird bei Orgelfesttagen das 250. Jubiläum in der Hofkirche gefeiert.

Ein ausführliches Programm zu den Orgelfesttagen ist in der St.-Benno-Buchhandlung Dresden (Schloßstraße) erhältlich.

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