"Die säkulare Welt ist nicht so gottlos..." (Prof. Paul M. Zulehner)

Messe "Pastorale!" in Schmochtitz zu Ende gegangen


Nach dreitägiger Dauer geht heute Abend die erste „Messe für Pastoral in der Diaspora“, die „Pastorale!“ im Bischof-Benno-Haus Schmochtitz (bei Bautzen) zu Ende. In Workshops und Vorträgen wurden die pastoralen Bedürfnisse in den Blick genommen.

Schmochtitz, 23.10.2006 (KPI): Nach dreitägiger Dauer geht heute Abend die erste „Messe für Pastoral in der Diaspora“, die „Pastorale!“ im Bischof-Benno-Haus Schmochtitz (bei Bautzen) zu Ende. Die Veranstalter – katholische Institutionen und Einrichtungen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken – blicken auf erfolgreiche Tage mit Vorträgen, Workshops, Kulturprogramm und anderen Möglichkeiten der Begegnung und des Austauschs zurück. Etwa 1.000 Besucherinnen und Besucher nahmen in der Zeit vom 20. bis 23. Oktober im Bildungshaus des Bistums Dresden-Meißen an dieser Messe teil – „um gemeinsam auf die pastoralen Bedürfnisse hier und heute zu schauen“, wie Bischof Joachim Reinelt in seiner Einladung formulierte.

Hochkarätige Referenten waren in die Oberlausitz gekommen:

Prof. Dr. Eberhard Tiefensee aus Erfurt hatte gleich am Freitag Abend über die „Ökumene der dritten Art“ gesprochen und damit den Blick geweitet: von der Ökumene unter den christlichen Kirchen und Gemeinschaften über die Gespräche zwischen den verschiedenen Religionen bis hin zum Dialog mit den Nichtglaubenden, zu denen gerade in Ostdeutschland die Mehrheit der Bevölkerung gehört.

Der Erfurter Weihbischof Dr. Reinhard Hauke ging am Samstag in seinem Vortrag auf die Möglichkeiten und seine eigenen Erfahrungen ein, „mit Christen und Nichtchristen das Leben (zu) feiern“. „Mir sind die (Noch-)Nichtchristen sehr wertvoll, denn ich entdecke in ihnen viel an Sehnsucht – das hilft, die Kostbarkeiten unseres Glaubens wieder zu entdecken“, betonte Weihbischof Hauke. Er hatte immer wieder wahrgenommen, wie Nichtchristen in bestimmten Situationen nach Hilfe, Beistand oder einem Ritual suchten. Das griff er jeweils auf und suchte christlichen Riten und Zeichen, die sich auch Nichtchristen erschließen, ohne sie gleich zu vereinnahmen. So entstanden die Feier der Lebenswende für konfessionslose Jugendliche, die mehr suchen als die sonst eher übliche Jugendweihe; der Valentinsgottesdienst für Verliebte am 14. Februar; das nächtliche Weihnachtslob am 24. Dezember um 23.30 Uhr; das monatliche Totengedenken und der Segnungsgottesdienst für Kranke. Manche dieser Initiativen wurden mittlerweile in anderen Städten aufgegriffen.

Aufmerksame Zuhörer füllten die Schmochtitzer St. Benno-Kirche auch beim Vortrag von Prof. Dr. Paul Michael Zulehner aus Wien am Samstagnachmittag. Unter dem Titel „Berufen und begabt“ sprach der bekannte Pastoraltheologe „zum Dienst der Laien in der Kirche“. Er schlug einen weiten Bogen vom frühchristlichen Theologen Clemens von Alexandrien (2./3. Jh.) bis heute und empfahl das neutestamentliche Buch der Offenbarung als „Gemeindeberatung“: Christus selbst sorge sich um die Gemeinden und kenne sie, wie aus den Sendschreiben an die sieben Gemeinden hervorgehe (Offb 1,9-3,22). Er ermutigte die Laien, ihre ureigenen Aufgaben als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gottes zu übernehmen, die eigene, unvertretbare Berufung zu entdecken und sie verantwortlich, im Hören auf Gottes Stimme zum Wohl der Gemeinde wahrzunehmen. Zulehner plädierte zudem – mit Blick auf die Situation der Diaspora in Ostdeutschland – dafür, eine „Theologie der säkularen Welt, des Atheismus“ zu entwickeln. Denn „die säkulare Welt ist nicht so gottlos, wie wir sie gerne hätten“, ist der Pastoraltheologe überzeugt.

Einen Höhepunkt fand die „Pastorale!“ am Sonntag mit dem Festgottesdienst, den Bischof Joachim Reinelt zusammen mit dem Generalsekretär des Bonifatiuswerkes Clemens A. Kathke (Paderborn) sowie zahlreichen Gästen aus Nah und Fern feierte und der vom Kinderchor des Bistums Dresden-Meißen musikalisch gestaltet wurde.

Eine Kinder-Universität mit dem Thema „Wo der liebe Gott wohnt“ gehörte zum Programm am Sonntag ebenso wie der Blick über die Ländergrenzen hinweg, als Jesuitenpater Dr. Ulf Johnsson aus Uppsala die Aufmerksamkeit auf die Situation in Schweden und die dortige „Neue Offenheit für Religion in der säkularen Gesellschaft“ lenkte.

Die missionarische Kirche war am Montag Thema einer Gesprächsrunde mit den Bischöfen Joachim Reinelt (Dresden) und Joachim Wanke (Erfurt). Mit „postmoderner Religiosität“ beschäftigte sich dann der Vortrag von Prof. Dr. Maria Widl aus Erfurt. Der Berliner Dominikanerpater PD Dr. Ulrich Engel versuchte „Diagnosen zur Zeit“ unter dem Titel „Religiöse Sprache und kirchliche Sprachlosigkeit“.

Kulturelle Angebote wie ein Auftritt des Kabaretts „Die Dekana(h)tlosen“ oder das Gregorianik-Soundprojekt ergänzten das Programm. In den zahlreichen Workshops ging es unter anderem um neue Ideen in der Notfallseelsorge, um Hilfen für Pfarreien zur Gestaltung ihrer Internetseiten und ihres Pfarrbriefs, um den Umgang mit Ehrenamtlichen, um Erfahrungen in der Jugendarbeit oder den Austausch über Erwachsenenbildung. Viele dieser Arbeitsgruppen wurden ökumenisch geleitet und gestaltet.

Elisabeth Meuser


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