Kardinal Wetter: Als Christen Salz der Erde sein

Friedrich Kardinal Wetter hielt die Predigt beim Festgottesdienst zum Bennofest


"Wir haben die Aufgabe, Salz der Erde zu sein; das heißt mit unserem Glauben in die Welt von heute hineinzuwirken und sie im Geist des Evangeliums mitzugestalten", sagte der Erzbischof von München und Freising in seiner Festpredigt. Weiterlesen...

Predigt des Erzbischofs von München und Freising
Friedrich Kardinal Wetter

beim Festgottesdienst zum Bennofest in Meißen
am 10. Juni 2006

Vor 900 Jahren starb Bischof Benno. Schon bald nach seinem Tod kamen zahlreiche Pilger an sein Grab und verehrten ihn als Heiligen. Sein Grab im Meißener Dom galt als eine wundertätige Stätte.

Um das Jahr 1270 ließ Bischof Withego I. (1266 – 1293) die Gebeine Bennos erheben und in ein Hochgrab mitten im neu gebauten Dom umbetten. Damit anerkannte der Bischof die Verehrung Bennos als Heiligen in seinem Bistum. Bei der Erhebung der Gebeine fand man auch den Bischofsstab, den ich bei diesem festlichen Gottesdienst trage.

Nicht anders war es bei der Ankunft Bennos in München. Bischof Johann von Meißen hatte 1576 in den Wirren der Reformationszeit die Reliquien des hl. Benno dem Bayernherzog Albrecht V. übergeben. Feierlich wurde Benno in München empfangen. Vor dem Stadttor war eine Triumphpforte errichtet. Alle Geistlichen der Stadt und der Herzog mit seinem Hofstaat geleiteten die Reliquien in feierlicher Prozession unter Glockengeläut in die Kapelle der herzoglichen Residenz. Einige Jahre später, 1580, haben sie in der Frauenkirche ihre endgültige Heimat gefunden.

Die Begeisterung in München war so groß, dass Benno zum Stadtpatron erkoren und unter die bayerischen Landespatrone aufgenommen wurde.

So ist St. Benno unser gemeinsamer Heiliger geworden. Er ist ein Band, das unsere beiden Diözesen Dresden-Meißen und München und Freising verbindet.

Er verbindet uns nicht nur, er ist auch unser gemeinsamer Schutzherr und Helfer, auch in unserer Zeit.

Von seinem Leben wissen wir nicht allzu viel, aber Wichtiges. Drei Vorgänge möchte ich nennen, die seine Größe zeigen.

Benno war in Auseinandersetzungen hineingestellt. König Heinrich IV. hatte Benno hochgeschätzt und ihn zum Bischof von Meißen ernannt. Als er einen grausamen Krieg gegen die Sachsen führte, erwartete er von Bischof Benno Waffenhilfe, wie dies damals üblich war. Doch Benno ließ seine Leute nicht zu den Waffen greifen und wahrte so die Neutralität. Für ihn war die Kirche nicht da, kriegerische Auseinandersetzungen mitzutragen, sondern dem Frieden zu dienen. Darum weigerte er sich, die vom König erwartete Waffenhilfe zu leisten.

Das nahm ihm der König übel. Zornerfüllt ließ König Heinrich den Bischof ein Jahr einsperren.

Eine zweite Auseinandersetzung war für Benno der Streit zwischen Kaiser und Papst. Heinrich IV. hatte inzwischen die Kaiserwürde erhalten. Ein neuer Papst, Gregor VII., machte es sich zur Aufgabe, die Kirche aus der Bevormundung des Kaisers zu befreien und ihr die ihr zustehende Freiheit zu erkämpfen.

Bischof Benno wusste, was Kirche ist und auf welcher Seite sein Platz war. Darum stellte er sich auf die Seite Papst Gregors und nicht auf die Seite des Kaisers. Der Bischof wurde abgesetzt und floh zum Papst nach Italien.

Die Legende erzählt, Bischof Benno haben beim Verlassen seiner Bischofsstadt die Schlüssel seines Domes in die Elbe geworfen, um den vom Kaiser ernannten Gegenbischof zu hindern, seinen Dom zu betreten. Drei Jahre konnte er sein geliebtes Bistum nicht betreten. Nach seiner Rückkehr hat ein Fisch – so die Legende – die Domschlüssel wieder zutage gefördert. So sind Fisch und Schlüssel seine Erkennungszeichen geworden.

Benno hat in diesen schwierigen Situationen erkannt, was das Richtige ist, und hatte Mut und Kraft, gegen Widerstand, Haft und Vertreibung das Richtige zu tun. Das hat ihm die Freiheit verschafft, seine bischöfliche Aufgabe zu erfüllen und das Evangelium von Jesus Christus zu verkünden. So konnte er sich der Evangelisierung der Wenden widmen und ist ihr großer Missionar geworden.

In der Geschichte wiederholt sich nichts. Und doch gibt es Zeiten, die einander ähnlich und daher vergleichbar sind. Darum können wir aus der Geschichte lernen.

Wie Benno sind wir heute in Auseinandersetzungen hineingestellt, auch wenn sie anderer Art sind wie vor 900 Jahren.

Als Kirche, als Christen haben wir uns auseinanderzusetzen mit einer säkularisierten Gesellschaft, für die Gott eine immer geringere oder keine Rolle mehr spielt. Dies darf uns nicht gleichgültig lassen oder mutlos machen.

Wir haben die Aufgabe, Salz der Erde zu sein; d. h. mit unserem Glauben in die Welt von heute hineinzuwirken und sie im Geist des Evangeliums mitzugestalten. Nicht dadurch, dass wir alles mitmachen. Dies hieße, uns selbst mit der Welt zu säkularisieren. Das Salz, das wir nach Jesu Weisung sein sollen, würde so schal. Unser christlicher Glaube darf nicht allen Modeströmungen nachlaufen und im Zugriff angepasster Bequemlichkeit verdunsten.

Die Kirche Jesu Christi darf sich nicht von staatlichen und gesellschaftlichen Interessen vereinnahmen lassen, so dass sie ihr unauswechselbares Profil verliert und mit anderen Größen austauschbar wird.

Das bedeutet kein Nein zur Welt, die auch unsere Welt ist und in der wir leben. Aber zum Christentum und zur Kirche gehört die Unterscheidung zwischen dem, was des Kaisers ist, und dem, was Gottes ist (vgl. Mt 22.21).

Für den hl. Benno war dies selbstverständlich. Darum verweigerte er Heinrich VI. die Waffenhilfe und stellte sich auf die Seite des Papstes, der die Kirche aus der Umklammerung des Kaisers löste und ihr die Freiheit erkämpfte.

Diese Freiheit der Kirche und Profilschärfung unseres Christseins braucht es auch heute. Der hl. Benno lenkt unseren Blick auf das, worauf es ankommt. Er zeigt uns den Fisch. Der Fisch ist ein uraltes Zeichen für Christus und ein Bekenntnis zu ihm. Die Buchstaben des griechischen Wortes für Fisch – Ichthys – sind die Anfangsbuchstaben der Worte, mit denen wir unseren Glauben an Christus bekennen: Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser. Dazu zeigt uns Benno die Schlüssel. Sie verweisen auf die Kirche. Denn Jesus hat zuerst dem Petrus und dann den Zwölfen die Schlüssel übergeben und sie zu Verwaltern seiner Kirche, bestellt.

Jesus Christus und die Kirche gehören zusammen. Jesus hat die Kirche zum Ort seiner bleibenden Gegenwart gemacht. „Seht, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20), hat er den Seinen versprochen. An Pfingsten hat er den Hl. Geist gesandt und die Jüngergemeinde unter der Leitung der Apostel zum sichtbaren Zeichen, zum Sakrament seiner Gegenwart in unserer Welt gemacht.

Unsere Aufgabe ist es, diese Gegenwart des Herrn zu feiern und glaubhaft zu bezeugen durch den Gottesdienst, die Glaubensverkündigung und den Dienst an den Menschen. Wo dies im Geiste Christi und in seiner Kraft geschieht, wird Kirche sichtbar und lebendig, macht Gottes Geist sie einzigartig, unverwechselbar und mit nichts auf der Welt austauschbar.

Mit den Symbolen Fisch und Schlüssel weist uns St. Benno auf Jesus und seine Kirche. Im Evangelium sagt uns der Herr: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). In der Kirche führt er uns diesen Weg, lehrt er uns die Wahrheit von Gott, schenkt uns das Leben, das Gottes eigenes Leben ist und sendet uns in die Welt, dieses Leben Gottes und seine Wahrheit weiterzugeben.

Diese wahrhaft beglückende Botschaft verkündet uns Benno auch noch nach 900 Jahren. Wir können sein Jubiläum in Meißen, Dresden und München nicht besser begehen als dadurch, dass wir seinem Vorbild folgen und miteinander Kirche sind, kraftvoll, mutig und unverwechselbar wie er.

Heiliger Benno, bitte für uns!

Amen.

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