20. Juni 2007: Weltflüchtlingstag

Pfarrer Friedrich Winter berichtet über eine Begegnung in Uganda


Tag des Flüchtlings konkret: Sarah (28), Flüchtling aus dem Sudan.
Zum "Tag des Flüchtlings" berichtet Pfarrer Friedrich Winter (zuletzt Riesa), der derzeit für den Flüchtlings-Dienst der Jesuiten arbeitet, von einer Begegnung im Norden Ugandas.

Adjumani (Uganda)-- 2007-06-17

Wie an vielen Tagen bin ich auch an diesem Nachmittag mit dem Motorrad unterwegs. Ich fahre über eine große Ebene, die mit hohem Gras bewachsen ist. Mitten im Gras entdecke ich ein Feld, auf dem Frauen arbeiten. Mit den Kindern auf dem Rücken bearbeiten sie den Boden mit großen Hacken. Die Sonne brennt. Jeder ist froh, wenn er einen schattigen Platz zum Ausruhen findet. Mein Weg wird immer schmaler, das Gras immer höher und mancher Busch mit großen Dornen an den Zweigen muss umfahren werden. Immer wieder fliegen Vögel auf. Manche einfach schwarz, andere mit einem knallroten Federkleid. Noch vor wenigen Wochen war das Gras trocken und wurde großflächig abgebrannt. Die einsetzende Regenzeit mit ihrer Feuchtigkeit ließ das Gras mehr als mannsgroß in die Höhe schießen. Irgendwann lande ich an einem Feldrand. Wenig später versperrt ein kleiner Bach meinen Weg. Das trübe Wasser lässt keine Schätzung der Tiefe zu. Meine Erfahrung lehrt mich, dass es besser ist umzukehren. So drehe ich um und suche meinen Weg zurück an meinen Ausgangsort.

Unterwegs begegnet mir eine junge Frau. In der Hand hält sie einen Badelatschen. An dem dazugehörigen Fuß ist eine Zehe eingewickelt. Ich stoppe mein Motorrad und schalte den Motor aus. Mit allen meinen Sprachkenntnissen begrüße ich sie. In einem guten Englisch erwidert sie meinem Gruß. Schnell entwickelt sich ein kleines Gespräch. Sie erzählt mir, dass sie Sarah heißt, 28 Jahre alt und ein Flüchtling aus dem Sudan ist. Ich stelle mich auch vor und sage ihr, dass ich für den Jesuitenflüchtlingsdienst arbeite. Vor 18 Jahren ist sie mit ihrer Familie aus dem Sudan geflüchtet. Seitdem sind sie im Norden Ugandas als Flüchtlinge.

Das Leben ist karg und sehr, sehr einfach. Für ihre vier Kinder muß sie selber sorgen. Ihr Mann ist in Juba, im Sudan. Nun ist sie unterwegs, um Feuerholz zu holen. Dieses wird sie auf dem Kopf gebündelt nach Hause tragen. Mit dem großen Buschmesser wird sie die trockenen Äste abschlagen und mit den Palmblättern zusammengebunden nach Hause tragen. Beim Gespräch über das schwere Leben der Flüchtlinge, die Rückkehr in ihre Heimat und über ihre Familie rollen ihr ein paar Tränen über die Wangen. Das Gespräch stoppt für einige Zeit.

Dann reiche ich ihr die Hand, um mich zu verabschieden. Den Segen, den sie mir zuspricht, nehme ich gerne an und wünsche auch ihr und ihrer Familie den Segen. Ich trete mein Motorrad an, lege den Gang ein, winke ihr noch einmal zu und fahre nach Haus zurück. Immer wieder muß ich über diese Begegnung nachsinnen. Wie vielen Flüchtlingen und ihren Familien mag es auf dieser Welt in diesen Tagen ähnlich gehen? - nicht nur am Tag des Flüchtlings und nicht nur in Norduganda. Der Jesuitenflüchtlingsdienst betreut Flüchtlinge in 55 Ländern dieser Erde.

Friedrich Winter

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