Besuch im einzigen Ausländergefängnis Russlands

Bischof Clemens Pickel berichtet aus seinem Bistum Saratov


Bischof Pickel mit dem Chef der Einrichtung vor Ort.
"Mehr als vier Jahre hat es gedauert, bis ich nun endlich wieder einmal die katholischen Ausländer im Gefängnis, tief in den Wäldern Mordowiens, besuchen konnte", schreibt Bischof Pickel aus seinem Bistum Saratov.

Mehr als vier Jahre hat es gedauert, bis ich nun endlich wieder einmal die katholischen Ausländer im Gefängnis, tief in den Wäldern Mordowiens, besuchen konnte. Viele kannte ich noch, von damals. Und manches hat sich geändert. Gut, daß auch der Chef jener „Kolonie Nr. 22“ an unserer Mitarbeit interessiert ist�

Um die 440 km noch vor dem Mittag zurückzulegen, war ich früh halb sechs losgefahren. „Autobahnen“ gibt es doch bei uns nicht. Ich unterschrieb endlich den neuen Vertrag mit der Gefängnisleitung und versuchte, mich über die derzeitige Situation zu informieren. Es sind weniger Ausländer geworden, die hier im Strafvollzug interniert sind, dafür aber wieder aus aller Herren Länder, auch aus Westeuropa. Seit fast zwei Jahren hatte ich keinen Priester mehr, der die Gefangenen betreut. Er muß „in der Nähe“ (nicht weiter als 250 km) wohnen und Englisch sprechen können...

Fotografieren während der Messe oder mit den Gefangenen war diesmal nicht erlaubt. Mir schienen die Häftlinge depressiver als früher. Natürlich! In ihren Augen haben wir sie ja ziemlich hängen lassen in der letzten Zeit.

Häftlinge - Foto vom April 2003.

Die Kirche, übrigens die einzige katholische Kirche in einem russischen Gefängnis, fand ich in renoviertem Zustand vor, zumindest von außen. Auch dafür ist dem Leiter der Kolonie zu danken. Nach der Beichte feierten wir die Messe vom Tage. Es war gerade das Fest vom hl. Ignatius von Loyola. In die anderen Kolonien kam ich diesmal nicht. Ich hoffe, daß sich in nächster Zeit alle Kontakte normalisieren, nämlich, sobald ich einen neuen Beauftragten für die Gefängnisseelsorge vorstellen kann.

Die Kapelle haben die Häftlinge selbst gebaut.

Ich sparte mir das Übernachten in der „Zone“ und fuhr noch am Abend wieder nach Saratow zurück. Ein großer Teil der Strecke gehörte zur noch wenig ausgebauten Trasse Moskau-Sibirien und war stark befahren. Widersprüchliche Eindrücke verschafften mir viel Abwechslung: Während es immer wieder durch verfallende Dörfer ging, deren Einwohner, meist alte Leute, irgendwelche Dinge am Straßenrand zu verkaufen suchten, überholte ich häufig Sattelzüge mit teuren Neuwagen auf der Ladefläche, die gen Osten unterwegs waren, hinter den Ural, wo man Gas und Öl für halb Europa aus der Erde holt.

Noch vor Mitternacht war ich wieder zu Hause.

Danke der Pfarrgemeinde „Heilige Familie“ in Dresden, denen der Kontakt an unserer Gefängniskirche (auch „Heilige Familie“) so am Herzen liegt!

Clemens Pickel
Bischof in Saratow


Fotos: Clemens Pickel

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