"Glaube statt Vernunft? Zur Situation von Religion und Kirche in Europa"

11. Ökumenisches Forum in Dresden


Diskussion (v.l.): Nollau, Sayad-Mahmood, Prof. Franz, Prof. Pollack, Giele
Unter dieser Fragestellung befasste sich das 11. Ökumenische Forum in Dresden am 24. Januar mit der Frage nach der Vereinbarkeit von Glauben und Vernunft - und inwieweit Glauben eine Sache des Denkens ist.















Dresden, 25.01.2007 (KPI): „Glaube statt Vernunft?“ – unter dieser Fragestellung befasste sich das 11. Ökumenische Forum in Dresden am 24. Januar mit der Situation von Religion und Kirche in Europa. Es ging um die Frage nach der Vereinbarkeit von Glauben und Vernunft - und somit auch darum, inwieweit Glauben eine Sache des Denkens ist. Prof. Dr. Detlef Pollack, Inhaber des Lehrstuhls für Vergleichende Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder, legte dar, dass seit den 1990er Jahren eine De-Säkularisierung festzustellen sei: Die Bedeutung der kirchlichen Institutionen nehme zwar ab, aber es gebe ein neues Interesse an Spiritualität und Religiösem. Allerdings wolle der Einzelne selber entscheiden, was er glauben will, und ließe sich das nicht von der Kirche vorschreiben, so dass es zu Synkretismus komme und zugleich zu einer Individualisierung.
Papst Benedikt XVI. habe in seiner Regensburger Vorlesung betont, dass nur Glaubensverbreitung durch Vernunft (nicht durch Gewalt) gerechtfertigt sei, weil die Vernunft dem Wesen Gottes entspreche. Trotz gleichzeitiger Unähnlichkeit gebe es eine Analogie von göttlichem Geist und menschlichem Geist.
Prof. Pollack verwies auf Jürgen Habermas, der die Vernunft zum Maßstab der Religion erklärte.

Aus der Sicht der Soziologie verglich der Referent das Verhältnis des Glaubens zur Vernunft mit dem der Religion zur Moderne. Die Moderne brachte dem Menschen die Möglichkeit, alles und so auch sich selbst mehr zu kontrollieren, zu beherrschen. Je mehr materielle Bedürfnisse befriedigt seien, um so offener für Spiritualität könnten die Menschen werden – oder eben gerade nicht. Anhand einiger statistischer Daten, erhoben aufgrund der verschiedenen Dimensionen von Religion – Zugehörigkeit/Kirchenmitgliedschaft, religiöse Praxis/Gottesdienstbesuch und Glauben/Überzeugung –, denen er neureligiöse Phänomene wie Okkultismus und Astrologie gegenüberstellte, versuchte er die derzeitige Situation darzulegen. Er glaubt die Tendenz festzustellen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Glaube an Gott abnimmt, um so größer ist, je moderner und wohlhabender ein Land ist. Rationalität und Pluralität als Prinzipien der Moderne übten eine beschneidende Wirkung auf Glauben und Religion aus, so Pollack. Er ist überzeugt, dass Religion und Moderne, Glaube und Vernunft nicht harmonisierbar seien.

Im Anschluss an den Vortrag stellten in einer Podiumsdiskussion die Muslima In-Am Sayad-Mahmood, Superintendent Albrecht Nollau und Diözesanjugendseelsorger Gregor Giele ihre eigenen Erfahrungen und Beobachtungen den Ausführungen des Referenten gegenüber.

Zu dem Forum hatten die Institute für Katholische Theologie und für Evangelische Theologie an der TU Dresden in Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen eingeladen.

Elisabeth Meuser


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