In allem die Wahrheit suchen

Kamenzer Künstler Gottfried Zawadzki auch mit 85 Jahren aktiv und kreativ



Gottfried Zawadzki 2007 in seinem Atelier in seinem Element. Foto: Rafael Ledschbor

Kamenz, 13.08.07 (KPI): „Gefallende Kunst ist ein Schwächeanfall.“ Davon ist der Kamenzer Künstler Gottfried Zawadzki überzeugt. Er fügt aber gleich hinzu: „Wenn Kunst gefällt, weil sie gut ist, ist es etwas anderes.“ Gottfried Zawadzkis Schlussfolgerungen kommen aus seinem sehr langen Künsterleben. Am Mittwoch, 15. August, kann er seinen 85. Geburtstag begehen. Wer ihn in diesem recht hohen Alter am Vormittag zu Hause erreichen will, klingelt vergeblich. Täglich ist der rüstige Mann in seinem Kamenzer Atelier. Aber auch hier sollte man vorher angemeldet sein. Als Leiter des Kamenzer Kunstvereins ist er immer wieder unterwegs.

Von Oßling bis Opole
Malen macht ihm immer noch Freude. Und seine Aktivitäten betrachtet er auch als „ein gutes Mittel gegen die vielen Pillen“. Dabei ist der Diplom-Grafiker und Maler erst seit 15 Jahren der Malerei besonders zugetan. Viel bekannter wurde er als einer der wenigen freien katholischen Künstler in der DDR durch die Gestaltung von insgesamt 70 Kirchenräumen. Dabei reicht die Palette von der Waldkapelle in Oßling bei Kamenz bis zur Kathedrale von Opole (Oppeln) in Polen. Unter seinen 500 Glasbildfenstern und Betonglasbildern sind ihm selbst die Fenster der Bautzener Liebfrauenkirche am liebsten.

Zawadzki hat unter schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen im „real existierenden Sozialismus“ als Künstler gewirkt. Angeregt von Hugo Aufderbeck, dem späteren Bischof in Erfurt, hat er unter anderem aus dieser Knappheit heraus einen Holzschnitt-Kreuzweg geschaffen, der in etwa 20 Kirchen oder Kapellen hängt. Bekannt ist Gottfried Zawadzki neben seinen Holzschnitten auch für seine zahlreichen Wandbilder. In 99 Ausstellungen im In- und Ausland wurden seine Werke inzwischen gezeigt.

Schneller als die Weltkirche
Obwohl die Kathedrale in Opole sicher mehr Menschen kennen als die Waldkapelle in Oßling, so machte gerade diese Gottfried Zawadzki im Osten Deutschlands zu einem gefragten Künstler. Interesse weckte er in diesem Fall besonders deshalb, weil er mit dem Kirchbau der Zeit etwas voran geeilt war. Knapp zehn Jahre vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) hatte er gemeinsam mit dem damaligen Kamenzer Kaplan Gerold Schneider und vielen freiwilligen Helfern nicht nur einen alten Lok-Schuppen der Werkbahnen eines nahe gelegenen Steinbruchs in ein Gotteshaus umgewandelt, sondern auch die erste Kirche in der DDR gestaltet, in der der Altar in der Mitte stand. Das bedeutete, dass der Priester zum Volk gewandt die heilige Messe feierte, was ja dann erst mit dem Konzil beschlossen wurde. Nach dem Konzil kamen viele, um sich anzuschauen, was seit 1957 in der Waldkapelle bereist praktiziert wurde.

Mit wachen Sinnen
Grundlage des Denkens von Gottfried Zawadzki ist, in allem die Wahrheit zu suchen. Das Wesen der Kunst ist für ihn „die aus der Fantasie geborene Idee, abstrakte Inspiration und höchstes handwerkliches Können.“ Dabei ist für ihn wichtig, immer zu den Ursprüngen zu gehen. Eine der Quellen seiner Kunst ist die Schöpfung. Über diese kann er auch noch im hohen Alter – oder gerade aus der Erfahrung des Alters – staunen. Mit offenen Sinnen nimmt der Künstler seine Umwelt wahr und spiegelt sie in seinen Werken wider.

Gottfried Zawadzki ist in vieler Hinsicht ein sehr sensibler Künstler. Sensibel nimmt er das auf, was ihn umgibt. Er ist aber auch sensibel, wenn es um seine Kunstwerke geht. Nicht jeder in der Kirche hat seine Kunst verstanden, meint der 85-jährige. Besonders weh tut es ihm, wenn ohne Absprache mit ihm an seinen Werken Veränderungen vorgenommen werden. Nicht zuletzt deswegen hat er 1992 mit der Gestaltung des 70. Gotteshauses diese Tätigkeit völlig aufgegeben und sich nur noch der Malerei und Grafik gewidmet.

Katholisch – also allumfassend
Stolz ist Gottfried Zawadzki, der 1987 mit der Barlach-Madaille, 1993 mit dem Oberlausitzer Kunstpreis und 2003 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, darauf, ein „katholischer Künstler“ zu sein. Dabei versteht er das Wort „katholisch“, wenn es mit „weltweit, weltoffen, allumfassend“ übersetzt wird. Aber er bezweifelt, dass dieses „wunderbare Wort“ von allen in der katholischen Kirche so befolgt wird. Nicht zuletzt deswegen ist er ein kritischer Geist auch gegenüber seiner Kirche geblieben, der sich nicht von ihr vereinnahmen lassen will.

Rafael Ledschbor




Zur Lektüre: Zawadzki, Gottfried: Lebensspiegel. Episoden. Kamenz 2004/2005. Lausitzer Druck- u. Verlagshaus, Bautzen 2005.

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