Osterreiten und Ostersaatreiten

Hintergründe und Terminübersicht


Mit Ostern, dem für Katholiken höchsten Feiertag im Jahr, sind viele Traditionen verbunden. In der katholischen sorbischen Oberlausitz gehört ein ganz besonderer Brauch dazu: Osterreiter tragen die Botschaft von der Auferstehung Jesu in die Nachbarpfarrei

Bautzen, Ostritz u.a., 02.04.2007 (KPI): Ostern, das Fest der Auferstehung Christi von den Toten, ist für Katholiken der höchste Feiertag im Jahr, mit dem viele Traditionen verbunden sind. In den Pfarreien der katholischen sorbischen Oberlausitz gehört ein ganz besonderer Brauch zum Osterfest: Seit mehr als fünf Jahrhunderten tragen am Ostersonntag Osterreiter in Prozessionen die Botschaft von der Auferstehung Christi in ihre Nachbarpfarrei. In Liedern singen die Reiter davon, dass Christus am dritten Tage nach seinem Tod auferstanden ist und so den Tod überwunden hat. Das Osterreiten zieht in jedem Jahr tausende Besucher in die Lausitz, die bei diesem Ereignis dabei sein wollen.

Auch unter den Reitern ist der alte Brauch beliebt: In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Osterreiter. Da der Pferdebestand in der sorbischen Lausitz nicht für alle Reiter ausreicht, leihen sich viele Teilnehmer für diesen Tag Pferde aus, oft aus weit entfernten Orten. Das ökumenische Miteinander ist auch beim Osterreiten gewachsen. Evangelische Christen helfen ihren katholischen Glaubensbrüdern unter anderem, Pferde zu besorgen. Und was früher undenkbar war: gelegentlich reitet auch ein evangelischer Christ in einer Osterprozession mit, um zusammen mit den katholischen Reitern die Auferstehung Christi zu verkünden.

Bereits Ende des 15. Jahrhunderts fanden zwischen Hoyerswerda und Wittichenau Reiterprozessionen statt. Allerdings reichen die Wurzeln des Brauchs wohl bis in vorchristliche Zeiten zurück: Durch Feldumritte glaubte man, die jungen Saaten vor der Missgunst des Bösen schützen zu können. Unter dem Einfluss des Christentums wandelten sich diese Ritte in christliche Prozessionen und stellen heute ein öffentliches Bekenntnis zum christlichen Glauben dar.

In der katholischen sorbischen Oberlausitz gibt es neun Osterreiterprozessionen, in denen überwiegend Sorben mitreiten. Lediglich in der Wittichenauer Prozession gibt es seit der Jahrhundertwende auch einen deutschsprachigen Teil. Die Reiter singen Osterlieder und beten unter anderem den Rosenkranz. In ihrer Prozession führen sie das Kreuz, Kirchenfahnen und eine Statue des Auferstandenen mit.

Alle Reiter sind festlich gekleidet: Schwarzer Zylinder und Gehrock sind die auffälligsten Merkmale eines Osterreiters. Auch die Pferde werden besonders geschmückt. Dazu gehören unter anderem das Ostergeschirr, größtenteils mit christlichen Symbolen wie dem Osterlamm oder einem Kreuz versehen, und die bunt bestickte Schleife am Schweif. Ist diese schwarz, deutet sie auf Trauer in der Familie hin.

Die Osterreiter umreiten nicht nur die Kirche, sondern auch den Friedhof, um auch den Verstorbenen die Auferstehung zu verkünden und für sie zu beten. Wer zum ersten Mal am Osterreiten teilnimmt, trägt ein Myrtenkränzchen. Zum jeweiligen Jubiläum darf sich der Reiter dann mit einer silbernen „25“ beziehungsweise goldenen „50“ schmücken. Insgesamt beteiligen sich jedes Jahr etwa 1.500 Osterreiter an den Prozessionen.

Alle Zuschauer sollten beim Osterreiten daran denken, Abstand zu den Tieren zu halten, um Unfälle zu vermeiden. Und eine zweite Bitte haben die Reiter an die Zuschauer: Stille und Zurückhaltung zu üben, während die Osterreiter beten und singen. Denn die Osterreiter sehen in der Prozession eine Andacht, die nicht gestört werden soll.

Die Ostersaatreiter aus Ostritz

Einen ähnlichen Hintergrund wie das Osterreiten hat das Ostersaatreiten von Ostritz. Jedes Jahr am Ostersonntag schwingen sich vor den Türen der Pfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“ in Ostritz Scharen von Reitern in den Sattel, um über Felder und Fluren zum Kloster St. Marienthal an der Neiße zu reiten. Sie sind Ostersaatreiter und verkünden vom Pferderücken aus die christliche Osterbotschaft, dass Jesus von den Toten auferstanden ist.

In diesem Jahr findet der Ritt zum 378. Mal statt. Es wird mit bis zu hundert Teilnehmern an der Prozession gerechnet. Die Reiter sind elegant gekleidet: Mit Frack, Zylinder und blank polierten Stiefeln sitzen sie auf ihren herausgeputzten Pferden. Auch zwei katholische und zwei evangelische Pfarrer der Region lassen es sich nicht nehmen, den Zug hoch zu Ross zu begleiten.

Von den Osterreitern in der sorbischen Lausitz unterscheidet sich der Ritt in Ostritz dadurch, dass neben dem Verkünden der Osterbotschaft die Bitte um gutes Wachstum der Saat auf den Feldern und um Gottes Hilfe für Mensch und Natur im Vordergrund steht. Von Ostritz aus reitet der Zug in einer langen Prozession zum Kloster St. Marienthal, wo den Zisterzienserinnen der Abtei und vielen Besuchern auf dem Klosterhof der Ostersegen überbracht wird. Unterwegs wird an fünf Stationen das Osterevangelium verkündet. Am Hutbergkreuz wird der verstorbenen Reiter gedacht.

Die Prozession startet um 13 Uhr vor der katholischen Kirche in Ostritz; Ankunft in St. Marienthal ist gegen 13.45 Uhr. Um 16 Uhr kehren die Reiter zurück und beschließen den Zug mit einer Dankandacht in der Ostritzer Kirche. Einige Teilnehmer am Ostersaatritt nehmen eine lange Anreise auf sich, um bei der Prozession mitreiten zu können. Die Tradition der Ostersaatreiter wurde auch zu DDR-Zeiten ununterbrochen aufrecht gehalten. Bis heute zieht sie jedes Jahr zahlreiche Gäste in die Lausitz. Eine Regel gilt allerdings ebenfalls bis heute: Nur Männer dürfen in der Prozession mitreiten.
rl/MB/meu

Zeitübersicht der Osterreiterprozessionen:
(Die angegebenen Zeiten können sich um bis zu einer halben Stunde verschieben)

Bautzen (ab 10.30 Uhr) -> Radibor (an 12.15 Uhr) und zurück (ab 15 Uhr)
Ralbitz (ab 9.15 Uhr) -> Wittichenau (an 12.30 Uhr) und zurück (ab 15.15 Uhr)
Wittichenau (ab 9.20 Uhr) -> Ralbitz (an 12 Uhr) und zurück (ab 15 Uhr)
Panschwitz-Kuckau (ab 12.45 Uhr) -> Crostwitz (an 14.15 Uhr) und zurück (ab 15 Uhr)
Crostwitz (ab 12.15 Uhr) -> Panschwitz-Kuckau (an 15 Uhr) und zurück (ab 15.30 Uhr)
Radibor (ab 11.45 Uhr) -> Storcha (an 13.45 Uhr) und zurück (ab 15.30 Uhr)
Storcha (ab 12 Uhr) -> Radibor (an 13.45 Uhr) und zurück (ab 15.30 Uhr)
Nebelschütz (ab 12 Uhr) -> Ostro (an 14 Uhr) und zurück (ab 15.30 Uhr)
Ostro (ab 12 Uhr) -> Nebelschütz (an 14 Uhr) und zurück (ab 15.30 Uhr)

Eine Übersichtskarte über die Wege der Osterreiter finden Sie unter www.oberlausitz.com.


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