35 Minuten, das eigene Können zu beweisen

Zwei Kandidaten um das Amt des Domorganisten haben im Probevorspiel ihre Kunst gezeigt


Verschwinden an der Orgel: die Domorganisten-Kandidaten.
Es ist Dienstag Abend in der Kathedrale. Probevorspiel für zwei Kandidaten im Rennen um das Amt des Domorganisten. Vielleicht ist der kommende Herr über die Silbermannorgel an diesem Abend zum ersten Mal öffentlich zu erleben.

Dresden, 20.02.2008 (KPI): Die Orgel. Welch ein herrliches Instrument. Wo sonst hat ein Musiker die Möglichkeit, ganz alleine so vielfältige Töne zu erzeugen, einen Raum mit leisen Klängen zu durchflüstern oder mit Donnerhall zu durchbrausen. Und bei welchem anderen Instrument verschwindet der Künstler dabei so aus dem Blickfeld des Auditoriums, wie an einer Kirchenorgel.

Es ist Dienstag, 18.45 Uhr in der Kathedrale. Probevorspiel für zwei Kandidaten im Rennen um das Amt des Domorganisten. Vielleicht ist der kommende Herr über die Silbermannorgel an diesem Abend zum ersten Mal öffentlich zu erleben. Grund genug für Musikliebhaber und Neugierige, schon eine Dreiviertelstunde vor Beginn des Vorspiels in die ehemalige Hofkirche zu eilen. In den Bänken ist noch reichlich Platz, als sich in der Sakristei des Gotteshauses eine Fachjury aus drei renommierten Organisten gemeinsam mit Musikfachleuten und Vertretern des Bistums Dresden-Meißen zu einer letzten Vorbesprechung versammelt. Domkapellmeister Matthias Liebich gibt noch einmal einen kurzen Überblick über die Rahmenbedingungen des Geistlichen Konzerts mit den Domorganisten-Anwärtern.

35 Minuten Zeit hat jeder Proband, sein Können zu präsentieren. Aus drei unterschiedlichen Stilepochen mussten Werke für das Konzert ausgewählt werden, plus eine Improvisation. „Eines wissen wir schon: Orgel spielen können sie alle“ – so kommentiert der Domkapellmeister lakonisch das schwierige Verfahren um die Suche nach dem geeigneten Kandidaten. Aus 43 Bewerbungen – darunter keine einzige Frau – hatte ein Gremium des Bistums eine erste Vorauswahl getroffen und zum Bewerbungsgespräch nach Dresden eingeladen. Eine gute halbe Stunde unterhielt man sich mit allen Kandidaten. Dann wurde ein kleinerer Kreis in Probestunden mit dem Gemeindechor und einer Gottesdienstbegleitung weiter auf Herz und Nieren geprüft. Am Abend steht nun das erste von zwei öffentlichen Vorspielen an, bei dem die Bewerber noch einmal alle Möglichkeiten haben, Punkte zu sammeln.

Die Fachjury berät sich vor dem Konzert mit Vertretern des Bistums in der Sakristei.

Die Nervosität feuert an

Zehn Minuten vor Konzertbeginn ist die Kathedrale locker gefüllt. Die meisten Besucher sind dick eingemummelt. Zwölf Grad zeigt das Thermometer in dem historischen Bauwerk an, die Küsterin hat gerade noch einmal einen Blick darauf geworfen. Doch von der Kälte werden die Kandidaten wohl nichts spüren. Zu sehr setzt die Aufregung unter Feuer. Der Organist für den ersten Teil des Abends hat sich schon in der Nähe seines Instruments postiert. Der zweite Kandidat hat das Gebäude noch nicht betreten. Er möchte sich so lange als möglich auf seinen Auftritt konzentrieren. Die Experten der Jury haben auf der Empore Platz genommen – hier finden sie die beste Akustik.

19.30 Uhr. Durch das Kirchenschiff hallt das gedämpfte Läuten der Kathedralglocken. Die Bänke sind inzwischen gut besetzt. Eine Frau mit dickem Wintermantel und rotem Schal, die Brille ins Haar hochgeschoben, stellt ihr Handy ab und steckt es in ihre Handtasche. Die Glocken verstummen. Gespannte Ruhe breitet sich aus. Dompfarrer Klemens Ullmann tritt an den Ambo und begrüßt die Besucher. Er sagt ein paar Worte zum bevorstehenden Ereignis – „alles hervorragende Kandidaten“ – und vergisst nicht, um den Beistand Gottes bei der anstehenden Entscheidung um den Platz des Domorganisten zu bitten.

19.32 Uhr. Dompfarrer Ullmann zieht sich zurück. Die Kirche ist nun voll besetzt. Ein kurzer Moment Stille. Die Orgel setzt ein.

Michael Baudisch


Das nächste öffentliche Vorspiel geistlicher Orgelmusik mit zwei weiteren Bewerbern um die Stelle des Domorganisten findet am Donnerstag, 21. Februar, ab 19.30 Uhr in der Dresdener Kathedrale statt.

Mehr Informationen zur Suche nach dem neuen Domorganisten - hier klicken...


Zurück Impressum