7.750 Kilometer im Monat

Bischof Clemens Pickel schreibt aus Südrussland


Bischof Pickel umgeben von Jugendlichen
"Die Sommermonate eignen sich gut für Besuche in den Pfarrgemeinden, weil die Straßen jetzt in gutem Zustand sind", schreibt Bischof Pickel (Saratow), ein gebürtiger Sachse, und schenkt uns einen Blick nach Südrussland.

Die Sommermonate eignen sich gut für Besuche in den Pfarrgemeinden, weil die Straßen jetzt in gutem Zustand sind. Leider ist die Verkehrsdichte im Vergleich zum letzten Jahr um ein Mehrfaches angestiegen, so dass man nun wesentlich langsamer vorankommt, auch mit einem guten Auto.

Der August ist der dritte Ferienmonat im Sommer. Schüler und Studenten haben frei. Auch das spielte eine Rolle in der Planung.

So begann der Monat für mich mit drei Exerzitientagen für am Ordensleben Interessierte. Doch wohl schon seit 17 Jahren darf ich den Schwestern in Marx dabei helfen. Diesmal waren es nur zwei Teilnehmerinnen, die anreisten, so wenig, wie noch nie. Trotzdem wird die Zahl der Neueintritte nach diesem Kurs nicht kleiner sein als sonst, dürfen wir begründet hoffen.

Am 5. August traf ich mich mit dem Russlandbeauftragten der „Assoziation Johannes XXIII.“ und seinem Kollegen, Marco, der in Wolgograd ein Haus für Drogenabhängige leitet. Um es uns gegenseitig nicht unnötig weit zu machen, vereinbarten wir als Treffpunkt das Pfarrhaus in Kamyshin, 200 km südlich von Saratow, und 200 km nördlich von Wolgograd.

Der 9. und 10. August waren für Samara reserviert, die Nachbargemeinde von Marx, 360 km Wolga aufwärts. Leider war der Pfarrer zu dieser Zeit nicht anwesend. Die Visaprobleme für unsere ausländischen Seelsorger halten an. Samara hat die einzige neugotische Kirche in unserem Bistum. Sie diente in Sowjetzeiten als Heimatmuseum. Darum blieb das Gebäude erhalten. Sein Zustand ist inzwischen jedoch sehr bedenklich geworden. Wir bekommen nun die „Last der Geschichte“ zu spüren. Die unbedingt nötige Restaurierung kostet viel Geld. An eine Beteiligung der Stadt und des Landes, dem die Kirche rechtlich gehört, ist – wenn überhaupt – nur in ganz bescheidenem Rahmen zu denken.

Vom 11.-13.8. hatte ich gleich noch einen Exerzitienkurs in Marx, diesmal für Kandidatinnen, Posatulantinnen und jene Novizinnen, deren Noviziat in diesem Jahr noch nicht endet, zusammengefasst also für solche, die am Anfang ihres klösterlichen Lebens stehen. Jeder Seelsorger kann sich vorstellen, was es für eine Freude ist, wenn man jungen Menschen begegnet, die den Ruf des Herrn ernst nehmen und einwilligen.

Eine der personellen Veränderungen im Bistum ist die Ernennung von Pfarrer Tomasz Trzebunia (Marx) zum Bischofsvikar für die Süddekanate. Sein Vorgänger, der Pfarrer von Sotschi, ist jetzt Caritasdirektor in Sankt Petersburg. Das Dekret überreichten wir ihm feierlich am 13. Augut, dem Tag seiner Rückkehr aus dem Zeltlager, an dem in diesem Jahr Jugendliche aus Tomsk, Tscheljabinsk, Saratow und Marx teilnahmen.

Zum Patronatsfest nach Alexejewka war ich in den vergangenen Jahren regelmäßig eingeladen. So verbrachte ich die Tage um den 15. August auch dieses Mal in jenem baschkirischen Dorf. Ministrantentreffen, Firmung, Gemeindefest, � – Auch für die Dorfbewohner wird es der Höhepunkt des Jahres gewesen sein.

Die russische Jugendkomission tagte am 19. bei mir in Saratow. Es ging um Rück- und Ausblicke. In diesem Sommer gab es viele gute Erlebnisse und Erfahrungen, die wir für die weitere Arbeit nutzen wollen.

Die Fahrt nach Krasnodar und Beloretschensk war noch nicht die letzte in diesem Monat. Vom 20. bis 23. August besuchte ich diese beiden Gemeinden. Auch hier traf ich aus o.g. Gründen nur den Kaplan an. Beloretschensk ist eine armenische katholische Gemeinde. Das Häuschen, das wir dort mit Hilfe von Renovabis kaufen konnten, ist ein Anfang, aber viel zu klein. Während der Wochentagsmesse mit ca. 70 Gläubigen lief mir der Schweiß so sehr von der Stirn, dass ich Kelch und Patene ein wenig zur Seite stellen mußte. Auch in Krasnodar waren es Arbeitstage, an denen ich die Gemeinde besuchte. Trotzdem kamen viele. Ich firmte einen Erwachsenen und besuchte natürlich auch die Schwestern.

Lange hatten wir darauf hin gelebt: Nun war es so weit. Am 29. August um 10.00 Uhr begann die Zeremonie der Kirchweihe in Kazan. Die erste Stunde, draussen, vor der Kirche, war von der Stadt Kazan vorbereitet worden. Eine junge Tatarin sang das Ave Maria, Parlamentsvertreter und der Oberbürgermeister, ein Gesandter des orthodoxen Ortsbischofs und andere hohe Gäste ergriffen das Wort. Der Bau der Kirche, der hauptsächlich mit Staatsgeldern finanziert wurde, weil man uns die ehemalige nicht zurückgeben kann, wurde vom höchsten anwesenden Vertreter der Republik Tatarstan als „Wiederherstellung der Gerechtigkeit“ bezeichnet. Herr Kardinal Sodano, ehemals Staatssekretär im Vatikan, war eigens zur Kirchweihe angereist, doch wohl auch, weil Kazan die Stadt ist, der von Johannes Paul II. die Ikone der Kazaner Muttergottes zurückgegeben wurde. Zur Kirchweihe waren Wallfahrer aus dem ganzen Bistum gekommen. Auch die Pfarrgemeinden Saratow und Marx hatten zusammengelegt und waren mit einen großen Reisebus (700 km) gekommen. Neben Kardinal Sodano waren auch der Apostolische Nuntius aus Moskau, Erzbischof Mennini und der Vorsitzende der Kasachischen Bischofskonferenz, Erzbischof Tomasz Peta unsere Gäste.

Clemens Pickel
Saratow, am 31. August 2008



P.S. Dass ich auch "manchmal" im Büro war, habe ich weggelassen.



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