Bischof Reinelt fordert würdige Gedenkkultur

Aufruf zur Gedenkveranstaltung am 13. Februar in Dresden


Gemeinsames Engagement: J. Reinelt, J. Bohl, L. Vogel, L. Güttler, E. Burger
Gemeinsam mit Landesbischof Bohl und Dresdens amtierendem Oberbürgermeister Lutz Vogel hat Bischof Reinelt die Bevölkerung der Elbestadt zu einer Gedenkveranstaltung am Abend des 13. Februar auf dem Neumarkt eingeladen.


Dresden, 31.01.08 (KPI): „Anstandsregeln“ für eine würdige Gedenkkultur hat Bischof Joachim Reinelt am Morgen in Dresden gefordert. Es sei „unanständig, wenn ein Tag wie der 13. Februar in Dresden politisch instrumentalisiert wird“. Anlass für die Äußerung des Bischofs sind fortlaufende Versuche rechtsextremer Gruppierungen, im Umfeld des 13. Februar in der Elbestadt öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Reinelt unterstützt in diesem Zusammenhang auch Vorstöße, rechtsextreme Aufmärsche zum 13. Februar in Dresden mit rechtlichen Mitteln zu unterbinden. Wörtlich sagte der Bischof: „Freiheit in der Demokratie bedeutet nicht, dass jede Gruppe jederzeit und überall zeigen und sagen darf, was sie denkt.“

In einem gemeinsamen Aufruf hatten sich Bischof Joachim Reinelt, Landesbischof Jochen Bohl sowie Dresdens amtierender Oberbürgermeister Lutz Vogel bei einem Pressegespräch an die Bevölkerung der Stadt gewandt. Unter dem Thema „13. Februar 2008: wahrhaftig erinnern – versöhnt leben“ laden sie für den 63. Jahrestag der Zerstörung Dresdens von 19 bis 20 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung auf den Neumarkt ein. Der Dresdner Kammerchor, der Kammerchor der Frauenkirche, der Piccolo Coro aus Prag sowie der Saxofonist Bertram Quosdorf werden dann den musikalischen Rahmen für das Gedenken gestalten. In einer Lichtinstallation wird das Bild einer brennenden Kerze an die Frauenkirche projiziert. Die Gedenkrede wird der Dresdner Ehrenbürger Christof Ziemer halten. Bereits ab 15 Uhr besteht die Möglichkeit, auf dem Neumarkt brennende Kerzen abzustellen. Ab 22 Uhr öffnet die Frauenkirche für eine „Nacht der Stille“.

Zum Anlass des gemeinsamen Aufrufs sagte Landesbischof Bohl: „Rechtsextreme haben den 13. Februar zu einem Schwerpunkt ihrer Aktivitäten gemacht. Wir haben uns aus diesem Grund Sorgen gemacht und wollen den Impuls zu einem würdigeren Gedenken geben.“ Dresdens amtierender Oberbürgermeister Lutz Vogel äußerte die Befürchtung, „dass die Stadt Schaden nimmt, indem der Tag politisch instrumentalisiert wird“.

Die Gedenkveranstaltung auf dem Dresdner Neumarkt beruft sich auf das Zeichen der „Weißen Rose“. Dieses Symbol wurde 2005 von einer Überlebenden der Bombardierung Dresdens als Zeichen für ein wahrhaftiges Erinnern und gegen jede Form der ideologischen Verfälschung des Gedenkens an den 13. Februar 1945 initiiert. Dresdnerinnen und Dresdner werden aufgerufen, eine weiße Rose mit sich zu tragen.

Aus Stoff gefertigte weiße Rosen werden ab 6. Februar für 1,25 Euro pro Stück in allen SZ-Treffpunkten in Dresden, in der Kontaktstelle Kirche „K-Punkt“ (An der Kreuzkirche 6) sowie im Mobilitätszentrum der Dresdner Verkehrsbetriebe (Wilsdruffer Str. 24) verkauft.



ZUM WORTLAUT DES AUFRUFS

Am 13. Februar 2008 werden Menschen in aller Welt der Zerstörung Dresdens vor 63 Jahren gedenken. Wir laden die Bürgerinnen und Bürger der Stadt ein zu einer Gedenkveranstaltung unter dem Motto:

„13. Februar 2008: wahrhaftig erinnern – versöhnt leben“

Wir wollen des Todes von über 25.000 Menschen am 13. und 14. Februar 1945 gedenken und das Leid der Überlebenden, die oft den Schmerz bis heute in sich tragen, würdigen.

„Wahrhaftig erinnern“ heißt, die Bombardierung Dresdens im Zusammenhang der Geschichte des nationalsozialistischen Deutschlands zu sehen. 1938 brannte die Synagoge auf dem Dresdner Hasenberg, und ein Jahr später marschierten deutsche Soldaten in Polen ein. Es begann ein Krieg, der nie gekanntes Leid über die Völker Europas brachte, bevor er nach Deutschland und Dresden zurückkehrte. „Wahrhaftig erinnern“ meint auch, sich gegen jede Form der ideologischen Vereinnahmung und Verfälschung des Gedenkens zu wenden.

„Versöhnt leben“ heißt, im Erinnern an den 13. Februar 1945 einen Auftrag zu sehen. Die Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden eine Zeit der Versöhnung zwischen ehemaligen Gegnern – die Dresdner Frauenkirche ist ein weltweit beachtetes Symbol dafür. Sie zeigt, dass Hass und Gewalt überwunden werden können. „Versöhnt leben“ meint auch, in den Schrecken der Vergangenheit eine Verpflichtung zu sehen, in der Gegenwart für Frieden und die Geltung der Menschenrechte einzutreten.

Die Gedenkveranstaltung findet auf dem Dresdner Neumarkt statt, wo bereits in den 1980er Jahren Menschen mit Kerzen an die Zerstörung Dresdens erinnerten. Darin lag eine der Wurzeln der Friedensbewegung in der DDR. Anknüpfend an diese Tradition soll ein würdiger Rahmen geschaffen werden für ein Erinnern, das wahrhaftig in die Vergangenheit und im Geist der Versöhnung in die Zukunft blickt.

Die Veranstaltung wird von der Stiftung Frauenkirche Dresden und der Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche Dresden e.V. getragen. Die Gedenkrede hält Dresdens Ehrenbürger Dr. Christof Ziemer. Wir rufen die Bürgerinnen und Bürger der Stadt auf, am Mittwoch, 13. Februar 2008, um 19 Uhr auf den Neumarkt zu kommen.


Jochen Bohl, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens

Dr. E. h. Eberhard Burger, Ehrenbürger der Stadt Dresden

Claus Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden

Prof. Ludwig Güttler, Vorsitzender der Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche Dresden e.V.

Prof. Hermann Kokenge, Rektor der Technischen Universität Dresden

Joachim Reinelt, Bischof von Dresden-Meißen

Dr. Lutz Vogel, Amtierender Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Dresden

Bernhard Walter, Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Frauenkirche Dresden

Prof. Elisabeth Wilke, Kammersängerin



13. FEBRUAR 1945 IN DRESDEN

Am späten Abend des 13. Februar 1945 griffen mehrere hundert britische Bomber Dresden an, Stunden später folgte eine noch stärkere Angriffswelle. Zehntausende Menschen starben im Bomben- und Feuerinferno der Zerstörung des Dresdner Stadtzentrums. Auch die Katholische Hofkirche, heute Kathedrale des Bistums Dresden-Meißen, wurde dabei in weiten Teilen zerstört; der Propst der Hofkirche, Wilhelm Beier, kam ums Leben. Er starb, während er den im Luftschutzkeller Eingeschlossenen die Heiligen Sakramente spendete.

Bereits seit Juni 1945 wurde in der Bennokapelle der Hofkirche, später im linken Seitenschiff wieder die Heilige Messe gefeiert. Seit 1975 erinnert eine Gedächtniskapelle, gestaltet mit Werken des Dresdner Künstlers Friedrich Press (1904 - 1990), im Seitenschiff der Kathedrale an die Opfer des 13. Februar 1945 und aller ungerechten Gewalt.

MB

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