Neun Bischöfe besuchten Gemeinde mit 70 Katholiken

Interview mit Bischof Joachim Reinelt über seine Wallfahrt in die Türkei


Bischof Joachim Reinelt
Ein Interview mit Bischof Joachim Reinelt über seine Wallfahrt Anfang Oktober in die Türkei.

Dresden/Tarsus, 16.10.08: Eine Delegation der Deutschen Bischofskonferenz unter Leitung des Kölner Erzbischofs Kardinal Joachim Meisner war vom 29. September bis 3. Oktober auf den Spuren des heiligen Paulus in der Türkei. Unter anderem forderten die Bischöfe, dass in Tarsus, der Geburtsstad des heiligen Paulus, dauerhaft eine christliche Kirche eingerichtet werden solle. Unter den neun teilnehmenden Bischöfen war auch Joachim Reinelt, Bischof von Dresden-Meißen. Im Interview für den Katolski Poso� erklärt er die Gründe dieser Fahrt.

Herr Bischof, aus welchem Grund sind sie in die Türkei gereist?

Der Grund unserer Reise war zunächst das Paulusjahr. Wir wollten Wallfahrer sein wie alle anderen gläubigen Katholiken, die in diesem Jahr die Stätten des heiligen Paulus besuchen. Deswegen haben wir uns auf den Weg begeben, betend, meditierend, predigend, Gottesdienste feiernd. Wer von uns Bischöfen Zeit hatte und bereit war mitzureisen, der hat an der Wallfahrt teilgenommen.

Die meisten der teilnehmenden Bischöfe kamen aus Diözesen, in deren Städten relativ viele türkische Menschen leben. In Dresden beziehungsweise Sachsen leben demgegenüber relativ wenige Türken. Warum war es ihnen wichtig, sich an dieser Pilgerreise zu beteiligen?

Es ging nicht in erster Linie um die Türken, sondern um die katholischen Christen in der Türkei. Sie zu stärken auf ihrem gemeinsamen Glaubensweg, sie zu unterstützen in ihren Anliegen, das war der Grund, dass ich mitgereist bin.

In der Türkei machen die Christen insgesamt nur 0,2 Prozent der Bevölkerung aus. In Antakya, dem früheren Antiochien, leben heute gerade mal 70 katholische Christen. Ihr Besuch war die erste Visite einer ausländischen Bischofskonferenz überhaupt. Warum war es so wichtig, dass gleich neun Bischöfe 70 Gläubige besuchen?

Gerade deswegen, weil sie so wenige sind, ist es so wichtig, sie zu stützen. Ihnen klar zu machen, dass es bedeutsam ist, dass sie dort leben – auch unter manchen Gefährdungen und manchen Repressionen. Sie sollen Zeugnis davon geben, dass in dem Land, in dem der größte Teil des Neuen Testamentes entstanden ist, tatsächlich Christen existieren.

Als der heilige Paulus lebte, waren die christlichen Gemeinden zahlenmäßig klein. Trotzdem empfinden wir aus der Geschichte Orte wie Ephesus (heute Izmir), Antiochia (heute Antakya) oder auch Tarsus, die Geburtsstadt des Völkerapostels, als überaus wichtig für uns Christen. Welche Rolle spielen diese Städte heute für uns?

Ephesus ist eine beachtliche Stadt. Sie war in alten Zeiten eine der bedeutenden römischen Städte und hat eine wunderbare Lage direkt am Mittelmeer. Man sollte diese Landschaft mal kennen lernen und an den Orten beten, an denen Paulus gewirkt hat. Wo Maria und Johannes gewesen sind, besonders in Ephesus. Diese Stätten sind für einen Christen genauso von Bedeutung wie die Stätten des Heiligen Landes.

Sie haben als Bischöfe in Tarsus darum gebeten, dass dort künftig die Kirche des heiligen Paulus, die sonst ein Museum ist, nicht nur jetzt im Paulusjahr, sondern dauerhaft für Gottesdienste genutzt werden soll. Wie groß sind die Chancen, das die türkischen Behörden darauf positiv reagieren, wenn es doch nach dem Besuch von Papst Benedikt XVI. vor zwei Jahren in der Türkei zu keiner spürbaren Verbesserung für die Christen in diesem Land gekommen ist?

Es gab ein sehr gutes, freundschaftliches Gespräch mit dem Bürgermeister von Tarsus Burhanettin Kocamaz. Er hat uns deutlich gemacht, dass er ein ganz gläubiger Muslim ist, aber interessiert wäre, wenn wir die Kirche in die eigene Nutzung bekommen würden. Jetzt muss lediglich das Kultusministerium in Ankara zustimmen. Denn das Museum steht immer unter der Leitung des Kultusministers. Von daher gesehen stehen die Chancen einigermaßen gut. Man muss aber Geduld haben.

Fragen: Rafael Ledschbor / Katolski Posol

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