Stolperstein erinnert in Kamenz an katholischen Priester Bernhard Wensch

An zwei Opfer des Nationalsozialismus, die in Kamenz wirkten, sollen künftig sogenannte „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig in der Lessingstadt erinnern: an Kaplan Dr. Bernhard Wensch und an Adolf Grünberger.

Kamenz, 01.10.2008 (KPI): An zwei Opfer des Nationalsozialismus, die in Kamenz wirkten, sollen künftig sogenannte „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig in der Lessingstadt erinnern. Für Kaplan Dr. Bernhard Wensch (1908-1942) wird am Montag, 13. Oktober, um 14.45 Uhr vor dem Pfarrhaus der katholischen Kirche (Talstraße 14) eine Messingplatte mit seinem Namen und wichtigen biografischen Lebensdaten in den Boden eingelassen. Eine Dreiviertelstunde zuvor wird der Kaufmann Adolf Grünberger (1864-1945) an der Ecke Schulstraße/Pfortenstraße auf gleiche Weise geehrt. Beide waren unter der NS-Herrschaft in Konzentrationslagern umgekommen.

Seit 1993 hat der Kölner Künstler Demnig bislang 12.000 Stolpersteine in über 300 Orten Deutschlands, Österreichs, der Niederlande und Ungarns gesetzt.

Bernhard Wensch:

Bernhard Wensch wurde 1908 in Berlin-Wilmersdorf geboren. 1918 übersiedelte die Familie nach Dresden. Hier besuchte Wensch das König-Georg-Gymnasium und legte 1927 das Abitur ab. Theologie studierte er in Innsbruck, wo er 1930 zum Doktor der Philosophie und Theologie promovierte. 1934 empfing er im Bautzener Dom die Priesterweihe. Nach Kaplanstätigkeiten in Kamenz wurde Wensch 1937 zum ersten Diözesanjugendseelsorger des Bistums Meißen (heute Bistum Dresden-Meißen) berufen. Hellsichtig durchschaute er die Propaganda der Nationalsozialisten und wollte junge Menschen befähigen, gegen den Strom des Zeitgeistes zu schwimmen. So reiste er durch das Bistum, um in Kursen und Einkehrtagen zur Jugend zu sprechen.

Als Seelsorger, der sich der Gleichschaltung von Kirche und Verbänden durch den nationalsozialistischen Staat widersetzte, stand Bernhard Wensch unter besonderer Beobachtung der NSDAP und der Gestapo. Am 19. Mai 1941 wurde er von der Gestapo verhaftet und über Monate in Untersuchungshaft gefangen gehalten und verhört. Anlass dafür war die Beschlagnahme von Rundbriefen, die katholische Jugendliche in Sachsen verfasst und hergestellt hatten. Die Anklage gegen ihn lautete, die Jugend „gegen den Staat aufgehetzt“ zu haben. Ohne gerichtliches Urteil blieb er weiter in Haft.

Zunächst wurde Bernhard Wensch ins KZ Oranienburg gebracht, am 7. November 1941 kam er ins KZ Dachau, wo er im Pfarrerblock eingesperrt wurde. Dort zeigte er insbesondere angesichts der von der SS gegen die inhaftierten Geistlichen gerichteten Aktionen eine vorbildhafte Ruhe, Gefasstheit und Hingabebereitschaft.

Hermann Scheipers, der vermutlich letzte heute noch lebende Priesterhäftling des KZ Dachau, berichtet, dass Bernhard Wensch während der seit Frühjahr 1942 unter den Häftlingen herrschenden Typhusepidemie heimlich und unter Lebensgefahr zum Invalidenblock kam und ihm, der dort todkrank lag, sowie anderen kranken Häftlingen die Kommunion brachte. Einmal habe ihm Bernhard Wensch seine ganze eigene Tagesration Brot geschenkt, obwohl er selbst bereits vom ständigen Hungern krank war und unter schwerem Durchfall litt. Bald darauf wurde Bernhard Wensch selbst ins Krankenrevier eingeliefert, wo er nach drei Tagen am 15. August 1942 starb.

Asche – angeblich die sterblichen Überreste von Bernhard Wensch – wurde von der KZ-Verwaltung den Angehörigen des Verstorben zugeschickt. Sie wurde 1942 in der Priestergruft auf dem Alten Katholischen Friedhof an der Friedrichsstraße in Dresden beigesetzt.

MB


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