Urlaub in Georgien

Wie aus der geplanten Bildungsreise eines Geraer Pfarrers unfreiwillig eine Informationsreise ins Krisengebiet wurde


Auf den Trümmern des Krieges: Dekan Schreiter (links) und Pfarrer Franz Pitzal.
Ein Bild der Lage in der Krisenregion Georgien hat sich Geras Dekan Klaus Schreiter verschafft. Der Pfarrer hatte eigentlich geplant, seinen Sommerurlaub auf den Spuren des Christentums in Armenien und Georgien zu verbringen.

Gera/Tiflis, 29.08.2008 (KPI): Ein Bild der humanitären Lage in der Krisenregion Georgien hat sich Geras Dekan Klaus Schreiter im Rahmen einer Reise in den Kaukasus verschafft. Vorgesehen war das nicht. Der katholische Pfarrer hatte mit einem Amtsbruder aus Baden-Württemberg bereits vor einem Jahr vereinbart, den Sommerurlaub gemeinsam auf den Spuren der Anfänge des Christentums in Armenien und Georgien zu verbringen. „Schöne Kirchen und Klöster wollten wir besichtigen“, erzählt der 58-jährige. Durch die politischen Entwicklungen bekam die Tour dann allerdings einen vollkommen anderen Charakter.

„Als der Konflikt zwischen Georgien und Russland ausbrach, haben mein Kollege und ich beschlossen, trotzdem an unserem Urlaubsziel Armenien festzuhalten“, so Klaus Schreiter. Also setzten sich die beiden Geistlichen am Abend des 17. August in den Flieger nach Armenien. Nachdem sich die Lage zwischenzeitlich entschärfte, fuhren die beiden katholischen Pfarrer am 23. August auch mit dem Auto von Süden aus in die georgische Hauptstadt Tiflis, wo sie sechs Tage verbrachten und sich vergleichsweise sicher fühlten. „Es gab allerdings auch ein Militärlager vor der Stadt, das beschossen wurde“, sagt Schreiter. Gemeinsam mit seinem Reisebegleiter versuchte der Pfarrer, mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen.

Die beiden deutschen Geistlichen kamen bei ihren Besuchen auch mit dem orthodoxen Bischof Andreas ins Gespräch.


„Wir haben staatliche Flüchtlings-Auffangstationen in einer Schule und einem Kindergarten besucht und uns auch zwei Flüchtlingslager der Caritas angesehen“, erzählt er. Dabei habe er dramatische Erlebnisse geschildert bekommen. So hätten georgische Flüchtlinge aus Südossetien und Abchasien den beiden Deutschen berichtet, dass sie vom Einrücken der russischen Panzer vollkommen überrascht worden seien. „Weder unsere eigene Regierung noch die russische Seite hatten uns vorgewarnt“, sagte etwa eine georgische Lehrerin bei einer Begegnung. Als russische Panzer auf deren Schulhof vorfuhren, sei der Direktor des Instituts vor die Schule gegangen. Daraufhin sei er von den Soldaten erschossen worden.

Dekan Schreiter und sein Amtsbruder hatten außerdem Gelegenheit, die Stadt Gori zu besuchen. „Was man dort sieht, ist unvorstellbar“, sagt Schreiter. „Wir haben die zerstörten Häuser gesehen. Die Stadt wurde am 8. August bombardiert, am 24. August von den russischen Truppen verlassen. Für die Menschen dort, die ihr Hab und Gut, Familienangehörige und Freunde verloren haben, gab es bis zu diesem Zeitpunkt praktisch keinerlei Hilfe“, berichtet der Geraer Geistliche von seinen Erlebnissen.

Insgesamt 180.000 Flüchtlinge gibt es derzeit in Tiflis. Als eines der Hilfswerke vor Ort ist unter anderem die katholische Caritas engagiert. Für sie möchte sich Pfarrer Schreiter nun ins Zeug legen: „Ich möchte hier erzählen, was ich in Georgien erlebt habe. Die Menschen dort sind auf Spenden angewiesen.“

Heute Nachmittag ist Dekan Schreiter in seine Heimatpfarrei nach Gera zurückgekehrt. Kontakt: Telefon 0365 / 264 61
MB

Zeichen der Zerstörung: Brandspuren an einem Gebäude in Gori.

link


Zurück Impressum