Sonntagsworte

zum 19. April 2009

Ein Kind rechnete mir vor:
“Zu Weihnachten gibt es große Geschenke, zu Ostern bloß einige Kleinigkeiten, und alle anderen kirchlichen Feste sind bloß freie Tage.�
Man muss das arme Kind bedauern, aber nicht, weil es über den Geschenkemangel jammert, sondern weil es nicht richtig nach Ostereiern suchen kann. Sind die Ostergeschenke tatsächlich nur Kleinigkeiten? –
Gehen wir noch einmal auf die Suche – die Suchwiese soll heut das Evangelium sein.
Lesen:wir zunächst nur den ersten Satz: Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! (Joh 20,19)

1. Geschenk:
Der erste Tag der Woche, der Sonntag, wird hier zum Begegnungstag mit dem Auferstandenen, was im Gottesdienst ganz deutlich wird, und zum Feiertag für alle Menschen wird – wohl die erste, weltweite soziale Errungenschaft der Menschheit. Am Sonntag findet man Zeit für seine Familie und seine Freude; man pflegt seine Hobbies, unternimmt miteinander, was eben Freude macht.
Den Sonntag halten auch Menschen, die keine Christen sind – z.B. die Buddhisten auf Sri Lanka. Die Portugiesen haben ihn dort eingeführt vor 500 Jahren. Die buddhistischen Bewohner haben den Sonntag beibehalten, er gefiel ihnen.
Auch in der Türkei unter den Muslimen gibt es den Sonntag.
Er ist ein herrliches Geschenk, das wir uns nicht wegnehmen lassen sollten.
Aber schon in diesem ersten Satz des Evangeliums stecken noch mehr Geschenke.

2. Geschenk:
Angst und Unsicherheit werden überwunden durch den Auferstandenen. Er kam bei verschlossenen Türen zu seinen Jüngern und kann ihnen immer nahe sein. Wir brauchen uns nicht verstecken, müssen nichts fürchten, auch nicht den Tod. – Christus ist der Stärkere. Wir sind in seiner Hand.
Dieses Vertrauen hat die Apostel stark gemacht, so dass sie die Frohbotschaft in aller Welt ausrichten konnten, was ja auch uns aufgegeben ist.

3. Geschenk:
Frieden wird möglich in unserer Welt. Jesus wünscht uns nicht nur den Frieden, er stellt ihn her durch seine Vergebungsbereitschaft. Er stellt sich vor dem Vater auf unsere Seite mit seinem totalen Gehorsam und rettet uns so vor jeder Verurteilung, die wir eigentlich verdient haben.
Als Gerettete durch unseren gemeinsamen großen Bruder können wir uns nun viel besser vertragen – also Frieden finden.

Doch nun zum nächsten Satz:
Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.
Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen (Joh 20,20).

4. Geschenk:
Freude kommt auf, denn Gott kann alle von den Menschen verursachten Schäden heilen – sogar den von den Menschen ermordeten Jesus zum Leben erwecken; und sogar dafür schenkt er uns seine Verzeihung dazu. Daher ist Ostern ein Freudenfest mit vielen erfreulichen Volksbräuchen.

5. Geschenk:
Das Versagen der Jünger spielt keine Rolle mehr. Jesus sendet sie als seine Zeugen in die Welt. Er kann sie trotz allem als seine Freunde brauchen. Das sagt uns der dritte Satz:
Joh 20,21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

6. Geschenk:
Gegen allen Ungeist schenkt der Auferstandene seinen Jüngern seinen Geist, der eine ganz andere Lebensqualität ermöglicht und unsere schmerzlichen Begrenztheiten sprengt.
Das wird im vierten Satz sehr klar:
Joh 20,22f Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an
und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!
Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben.

Noch bevor die Apostel vor Jesus ihre Einsicht über ihr Versagen bekundet haben, verzeiht er ihnen und setzt sie als erste Beichtväter für alle Menschen ein. Jedem kann nun die Schuld vergeben werden, der hinzu tritt und um Vergebung bittet – das ist doch wohl das größte Geschenk, das uns gegeben ist...

Wir wären also sehr vernünftig, wenn wir nicht nur auf leckere Schokoladenosterhasen und ähnliches spekulierten, sondern diese wichtigen und viel schöneren Geschenke annähmen, um österliche Gotteskinder werden zu können..
In der Begegnung mit dem Auferstandenen, der den Jüngern trotz ihres treulosen Verhaltens liebend nachgegangen war, ging ihnen eine ganz neue Welt auf - die Welt Gottes. Von diesem Augenblick änderte sich ihr Leben von Grund auf.
"Das Kreuz machte Fischer und ungelehrte Männer zu Philosophen ... Viele versuchten, den Namen des Gekreuzigten auszulöschen. Doch dieser blühte auf und wuchs, sie aber verdarben und gingen unter. Die Lebenden, die gegen den Toten kämpften, konnten nichts ausrichten ... Was Zöllner und Fischer durch die Gnade Gottes ausrichten konnten, das konnten Philosophen, Redner und Herrscher, ja die Weisen der ganzen Welt mit ihren tausend Künsten sich nicht einmal vorstellen ... Daran wird offenbar, dass die Verkündigung göttlich sein muss. Denn wie kamen die zwölf ungelehrten Männer dazu, ein so großes Unternehmen anzufangen; sie, die auf Seen und Flüssen oder in Einöden gelebt hatten und vielleicht noch nicht einmal eine Stadt oder einen Markt gesehen hatten, wie kamen sie dazu, sich gegen eine ganze Welt zu stellen? Dass sie furchtsam und mutlos waren, zeigt sich daran, dass sie nach der Gefangennahme Christi trotz so vieler Wunder sich versteckten und dass der Erste von ihnen – Petrus - den Herrn verleugnet hat. Wenn sie nicht den Auferstandenen gesehen und den größten Beweis seiner Macht erhalten hätten, dann hätten sie sich nicht mit so hohem Einsatz bewährt." (Johannes Chrysostomos)

Die Jünger wussten, dass das durch den Auferstandenen geschenkte neue Leben durch den Tod nicht vernichtet werden kann. Deshalb schauten die ehemals Furchtsamen mit einer starken Hoffnung dem Tod furchtlos ins Auge. Ohne Christus konnten sie sich ihr Leben nun nicht mehr vorstellen.
Der Auferstandene nimmt uns die Angst, indem er uns sagt: Du bist nicht allein, ich bin bei dir! Dieser Glaube schenkt tiefen Frieden. Er macht uns gütig, heiter und froh. Er befähigt uns vor allem zur Kraft jener Liebe, die neue Welten erschließt. Sie ist die stärkste von allen Kräften und Mächten in dieser Welt.
Diese Liebe, die der Auferstandene uns schenkt, ist stärker als der Tod, denn in ihr ist der Auferstandene gegenwärtig. Die hier gemeinte Liebe wächst mit dem Glauben an den auferstandenen Herrn, mit der gläubigen Aufnahme seines österlichen Grußwortes: "Fürchtet euch nicht; denn ich bin bei euch!"
Wir sollten das Abenteuer wagen, dieses Wort zu leben. Dann würde in uns die Gewißheit wachsen, dass Jesus, der auferstandene Herr, der einzige ist, auf den man sich vorbehaltlos verlassen kann.

(Vgl. Rudolf Stertenbrink, In Bildern und Beispielen, Herder 1995, Bd 3, Kap 34).


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