Die Katholische Studierendengemeinde in dem malerischen Altbau

Der 33-jährige Jesuitenpater Clemens Blattert ist ein begeisterter und begeistender Studentenpfarrer in Leipzig

Jesuitenpater Clemens Blattert am Ende eines langen Tages.
Der Jesuitenpater Clemens Blattert arbeitet gegen Ende eines langen Tages
am Schreibtisch seines Büros in den Räumen der KSG.

Leipzig, 14.07.2011 (KPI): Tipptapp, tipptapp, in einem hellen, breiten Hausflur steige ich die Treppen hinauf in die zweite Etage eines wundervollen Altbaus am zentrumsnahen Floßplatz in Leipzig. Dort werfe ich einen Blick in diese Altbauwohnung. Jemand zu Hause? Ja. Die Tür steht weit offen, junge Leute wuseln durch die Diele. Ein Typ, vielleicht 24, offener Blick, schaut mich an, spricht mich an, gibt mir die Hand und fragt freundlich, wie er denn helfen könne. „Pater Blattert würde ich gerne sprechen“, ist meine Antwort. „Schön, der Clemens telefoniert noch, komm’ so lange einfach rein“, sagt er charmant und muss wieder weiter.

Ich bin zu Besuch bei der Katholischen Studierendengemeinde (KSG) in Leipzig. Hier finde ich den Gemeindesaal, die Küche, eine Bibliothek und das Büro des Studentenpfarrers, des 33-jährigen Jesuitenpaters Clemens Blattert. Im Saal decken die Studenten gerade den Tisch, knapp 13 Leute, ganz unterschiedliche Typen, etwas mehr Frauen als Männer, zwischen 20 und 30. In der Küche wird Gemüse geschnitten, Essen zubereitet, alle sind beschäftigt, von mir wird nur kurz Notiz genommen – es ist halt grad noch viel zu tun.

Freiwilligkeit und Jugend machen die Studentengemeinde kraftvoll

Als Pater Blattert mich dann begrüßt, beugt er sich leicht zu mir runter – er ist fast 1,90 Meter groß – und schüttelt mir mit einem herzlichen Lächeln die Hand. Er bittet mich in sein Büro: wenig Einrichtung, spartanisch, viele Bücher, ein Schreibtisch mit Laptop. Der Jesuit wirkt in dieser Umgebung rundum zufrieden. Eine Studentengemeinde, so sagt er, unterscheide sich in vielen Dingen von einer normalen Pfarrei. Alle Gemeindemitglieder sind etwa in einem Alter, zwischen 20 und 30, studieren, sie haben sich genau diese Gemeinde ausgesucht. Die Freiwilligkeit und die Jugend mache diese Gemeinde sehr kraftvoll, findet Blattert. „Diese Leute sind auf der Suche, sie finden hier Kraft und Gemeinschaft“, so der Pater. Er gestikuliert viel und strahlt beim Erzählen. „Und sie fragen auch ganz konkret nach Gott.“ – „Das ist toll, oder?“, rutscht es mir heraus. „Aber natürlich!“, ruft er, haut dabei mit beiden Händen gleichzeitig auf die Armlehnen seines Stuhls und lehnt sich zurück – natürlich immer noch strahlend.

Blattert ist seit 2003 Mitglied des Jesuitenordens und erhielt seine Priesterweihe im Juni 2009. Schon vier Monate später, schickte sein Orden ihn ins Bistum Dresden-Meißen, wo er dann die KSG übernehmen durfte. Als Jesuit hat er Armut, Keuschheit und Gehorsam gelobt. Er trägt ein gebügeltes Business-Hemd mit kurzen Ärmeln, eine beige-farbene Hose, unauffällige Lederschuhe. „In meinen ersten Wochen in der KSG habe ich mich selbst noch als Student gefühlt“, berichtet er. Doch auch wenn er sich mit seinen 33 Jahren noch gar nicht so weit von den durchschnittlich 24-Jährigen entfernt fühle, sei er schon in der nächsten Generation. „Ich bin nicht ihr Freund“, sein Gesicht wird ernster, „ich bin ihr Seelsorger.“

Die Studentengemeinde ist in den letzten zwei Jahren stark gewachsen

Dazu gehöre auch Lob und Kritik. Sein größter Kritikpunkt sei in den ersten Monaten gewesen, dass die „KSGler“ wohl gut voneinander dächten, dies aber nicht äußern würden. „Sprecht Euch gegenseitig an“, habe er gesagt. Und: „Begrüßt die Neuen!“ In dem Moment muss ich kurz schmunzeln und denke an den jungen Mann, der mich während meiner ersten Sekunden in der KSG begrüßt hat. Als Pfarrer habe er nicht die Möglichkeit, mit jedem Gemeindemitglied in einem ausreichend engen Kontakt zu stehen. Als er in die Gemeinde kam, gingen rund 20 bis 30 junge Katholiken regelmäßig in die Gottesdienst. Mittlerweile sind es 60 bis 80. „Wir erreichen pro Semester vielleicht 400 Leute“, sagt er. Sein Gesicht trägt dabei nicht den Ausdruck von Stolz, eher von Zufriedenheit.

Pater Blatter (l.) im Kreise seiner Gemeinde
Pater Clemens Blattert beim Gemeindeabend: Jeden Mittwoch treffen die
Studenten sich zum gemeinsamen Abendbrot

Wie er sich den Zuwachs der Gottesdienstbesucher denn erkläre, möchte ich wissen. Er spürt, dass ich ihm diesen Erfolg zuschreibe, und überlegt sich den nächsten Satz sehr genau. „Natürlich hat das auch mit dem Pfarrer zu tun.“ Jetzt spricht er von sich in der dritten Person. „Aber das Entscheidende“, sein Gesichtsausdruck hellt sich auf, „das Entscheidende sind die Gemeindemitglieder.“ Und die seien hier unheimlich engagiert. Kirchenpolitische oder –bürokratische Themen spielten eine eher untergeordnete Rolle. Die jungen Leute seien sehr an Spiritualität interessiert, musizierten in den Gottesdiensten selbst und gestalteten diese mit. Diese freien Elemente in Kombination mit den Regeln der katholischen Liturgie seien für ihn als Geistlichen ein „unheimlich tolles Erlebnis“.

Viele Gebete geben Kraft für die viele Arbeit als Studentenpfarrer

Als ich ihn frage, wie viele Stunden er pro Woche denn arbeite, schaut er überrascht. Er verschränkt die Arme vor der Brust und lehnt sich zurück. Er kneift die Augen zu, bewegt seinen Mund so, als ob er im Stillen rechne, und sagt dann, dass er darüber nicht so gerne sprechen wolle – und grinst. Stundengebete, feste Zeiten für Gespräche mit Gott, viel Disziplin und eben diese Freude an der Arbeit mit den Studenten erleichtere ihm den hohen Aufwand, erklärt er mir.

Nach unserem Gespräch lädt er mich noch zur Vesper ein. Er spielt Gitarre, ein Student Geige, rund 25 Besucher beten und singen mit ihm. Jetzt kann ich umso besser verstehen, warum er so von seiner Gemeinde begeistert ist. Zum Abschied geben wir uns wieder die Hand. Die Art seines Händedrucks entspricht dem, was er ausstrahlt – eine Vertrauen schaffende Mischung aus Gelassenheit und Verbindlichkeit. Dann verlasse ich wieder diesen wundervollen Altbau durch seinen hellen, breiten Hausflur.

bm 



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