Im "World Wide Web" - Pfarrer Joachim Scholz ist Internet- und Pilger-Seelsorger

Mitten im vogtländischen Netzschkau sitzt Pfarrer Joachim Scholz und betreut von dort ein Forum für Internet-Seelsorge.

Pfarrer Joachim Scholz an seinem Arbeitsplatz.
Pfarrer Scholz an seinem Arbeitsplatz, dem Internet-PC

Idyllisch ist es in Netzschkau. Neben einem denkmalgeschützten Park steht eine kleine, warme Kirche. Eine Gruppe Kinder wird von ihrer Erzieherin in die benachbarte Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt geführt. Nebenan wohnt der pensionierte Pfarrer Joachim Scholz. Der 70-Jährige ist im Bistum Dresden-Meißen für die Internet-Seelsorge zuständig. Er sieht mich schon kommen, geht mir entgegen und begrüßt mich mit einem kräftigen Händedruck. Er ist groß und muss mal ein kraftvoller Mann gewesen sein. „Heute mache ich noch das, was ich kann", sagt der gebürtige Bautzner bescheiden.

Und das ist nicht wenig. Scholz engagiert sich für das Bistum in einem Seelsorgeforum im Internet, in dem er Rat- und Hilfesuchenden Antworten gibt. „Mit manchen Leuten bin ich schon seit Jahren in Kontakt", erklärt der Seelsorger sein Wirken. Er ist seit 2002 Internetpfarrer. Mit einigen Internet-Nutzern habe er sich auch schon persönlich getroffen. „Das waren sehr nette Begegnungen", erinnert er sich.

Die Benutzer des Forums stellen religiöse Fragen zu Themen wie Ehe, Bestattungsrituale, Exkommunikation und so weiter. Die Kombination von Nähe und Distanz, die das Internet bietet, ermuntert viele Nutzer dazu, auch heikle Fragen zu stellen. Persönliche Sorgen und Nöte werden ebenfalls besprochen. „Wenn es zu privat wird, dann bitte ich die Leute, mir persönliche Nachrichten zu schicken", erläutert Scholz. Ein weiteres Element des Forums sei auch die Kritik an seinen Sonntagspredigten, die er jede Woche für die Internetseite des Bistums Dresden-Meißen schreibt. „Über Rückmeldungen freue ich mich natürlich", erklärt der Pfarrer. „Genauso, wie ich mich über neue Kontakte freue, die sich durch das Internet ergeben." Bei der Frage, welche Vorteile die Internetseelsorge gegenüber der klassischen Seelsorge haben könnte, muss der Pfarrer nicht lange überlegen. „Tramper und die Leute in dem Seelsorgeforum haben etwas gemeinsam", erklärt Scholz. „Wenn der direkte Blickkontakt fehlt, dann erzählen die Leute von sich aus viel mehr." Das könne manchmal ein Vorteil sein.

Der Sachse ist als drittes Kind mit fünf Schwestern groß geworden. „Das prägt natürlich", sagt er mit einem Augenzwinkern. Sein Weg zur Priesterweihe 1970 in Dresden führte ihn über mehrere Stationen: Eine abgebrochene Tischlerlehre, Hilfstätigkeiten im Bischöflichen Ordinariat und eine abgeschlossene Malerlehre. Die längste Zeit hatte er in Netzschkau verbracht, wo er auch jetzt seinen Altersruhesitz hat. Die Füße legt er jedoch nicht hoch. Denn – wie schon in den letzten Jahren – wird er auch weiterhin Pilgerreisen unternehmen. Außer Fußwallfahrten war er in den letzten Jahrzehnten schon an vielen Wallfahrtsorten: Lourdes, Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela, Guadeloupe, Rosenthalt, Tschenstochau und noch einige andere. Im November diesen Jahres wird er wieder nach Israel pilgern. So ist es kein Zufall, dass er nicht nur das Amt des Internet-, sondern auch das des Pilgerseelsorgers inne hat.

Als ihm das Amt der Internetseelsorge 2002 angeboten wurde, habe er es zunächst gar nicht gewollt. „Ich kann das doch nicht", sei sein erster Gedanke gewesen. Ein befreundeter Medienprofessor habe ihn jedoch in die virtuelle Welt eingewiesen und ihm einige Dinge beigebracht. Mittlerweile ist er im Umgang mit dem Netz versiert und betreibt auch eine eigene Homepage, pilgerperspektiven.de. Auf dieser Seite berichtet er unter anderem von seinem Leben, aber auch von der St.-Joseph-Gemeinde in Netzschkau, die er von 1979 bis 1991 betreut hat. Auf seiner Seite stellt er auch eigene Gedichte vor, die er in mehreren Hefte im Selbstverlag anbietet.

Eines dieser Stücke könnte sich auch auf seinen eigenen Entdeckergeist beziehen:

Fester Punkt

Wir probieren
und studieren,
programmieren,
produzieren,

diskutieren,
reformieren,
deklarieren,
annullieren –

aber
worum
dreht es sich –

um welchen festen Punkt?

Eine kluge Frage – wie er sie gemeint hat, muss der Leser sich selbst beantworten. Oder man fragt ihn einfach selbst. Er ist ja über das Internet erreichbar.

Hier geht's zum Seelsorge-Forum des Bistums Dresden Meißen.

Hier geht's zur Internet-Seite von Pfarrer Joachim Scholz.



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