Film über Hermann Scheipers erscheint erstmals auf DVD

"Dir gehört mein Leben" künftig auf DVD erhältlich

Prälat Hermann Scheipers.

Prälat Hermann Scheipers.

Dresden/Ochtrup, 01.12.11: Zeitzeugen der Verbrechen in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern sind sehr selten geworden. Der katholische Priester Hermann Scheipers, 1913 im münsterländischen Ochtrup (Kreis Steinfurt) geboren, gehört zu jenen, die die menschenverachtende Brutalität des nationalsozialistischen Terrorsystems am eigenen Leibe zu spüren bekamen. Wie er mit Hilfe seiner couragierten Schwester Anna überlebte, schildert ein Film, den der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) jetzt erstmals auf DVD herausbringt.

Mit Blick auf die weit über Deutschland hinaus reichende Aufmerksamkeit, die Pfarrer Scheipers inzwischen findet, enthält das Medium außer einer deutschen auch eine englische und polnische Fassung von "Dir gehört mein Leben". Hinzu kommen vier vom Geschichtsort Villa ten Hompel bereitgestellte Interviewsequenzen, in denen Prälat Scheipers ausführlich über seine Erfahrungen unter dem NS-Regime berichtet, sowie ein Teil mit zehn Text- und Bildquellen für die historische Bildungsarbeit.

Die DVD kann direkt beim LWL-Medienzentrum (medienzentrum@lwl.org) oder über den Buchhandel erworben werden. Sie entstand auf Anregung des Mitglieds der LWL-Landschaftsversammlung Benno Hörst aus Ochtrup und mit Unterstützung des Geschichtsorts Villa ten Hompel (Münster) sowie des Bistums Münster.

 

Hintergrund:

KZ Dachau im Juli 1942: Pfarrer Hermann Scheipers, Priester des Bistums Meißen (heute Bistum Dresden-Meißen), seit fast zwei Jahren wegen Seelsorge an polnischen Zwangsarbeitern als "Staatsfeind" inhaftiert, bricht auf dem Appellplatz zusammen und wird in den sogenannten "Invalidenblock" eingeliefert. Das scheint sein Todesurteil zu sein, denn vor hier werden die Gefangenen wöchentlich in die Vergasungsanstalt Hartheim abtransportiert.

Doch das Unglaubliche geschieht: Auf einen verschlüsselten Hilferuf ihres Bruders hin dringt Hermanns Zwillingsschwester Anna bis ins SS-Reichssicherheitshauptamt in Berlin vor. Dort behauptet sie kühn, das ganze Münsterland sei wegen der Ermordung von Geistlichen im KZ Dachau in Aufruhr. Ihr selbstbewusstes Auftreten verunsichert den zuständigen Gestapo-Beamten so sehr, dass er die Rückverlegung von Pfarrer Scheipers ins "normale" Lager anordnet. Durch ihre mutige Intervention rettet Anna nicht nur ihrem Bruder, sondern wahrscheinlich mehreren hundert in Dachau eingekerkerten Geistlichen das Leben.

Die Szene bildet die Schlüsselsequenz einer Filmbiographie, die der Münchener Regisseur David Menzhausen schon 2002/03 gedreht hat. Menzhausen begleitete die Zwillinge von ihrem Geburtsort Ochtrup über Dachau bis nach Sachsen, wo Hermann Scheipers seit

1937 als Pfarrer wirkte. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Sachsen zurück und geriet dort bald auch mit den neuen, "roten" Machthabern in Konflikt. Nicht weniger als 15 Spitzel setzte die Stasi auf den aufrechten Westfalen an, der bis 1983 als Pfarrer in Schirgiswalde nahe der tschechischen Grenze tätig blieb. Seine Schwester hielt ihm auch jetzt über den "eisernen Vorhang" hinweg die Treue.

"Mit Mut, Charme und großem Gottvertrauen haben die Zwillinge Anna Schweppe, geb. Scheipers, und Hermann Scheipers ihr Leben lang gegen Intoleranz, Diskriminierung und staatliche Willkür gekämpft", so der Leiter des LWL-Medienzentrums für Westfalen, Dr. Markus Köster. Ihre doppelte Lebensgeschichte beleuchte exemplarisch wichtige Kapitel der politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Zeitgeschichte Deutschlands zwischen 1933 und 1989. "Die seltene Begabung der beiden, auch vor der Kamera ihre Natürlichkeit, ihren Charme und ihre Schlagfertigkeit nicht zu verlieren, machen die Produktion zu einem ganz und gar außergewöhnlichen Zeitdokument", urteilt Köster.

Heute lebt Prälat Hermann Scheipers wieder in Ochtrup, seine Schwester Anna Schweppe ist 2007 gestorben. 2010 ist nach ihr in Münster-Sudmühle eine Straße benannt worden.

 

 



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