Einer trage des anderen Last!

Spenden-Aktion des Bonifatiuswerkes zur Beseitigung der Schäden im Kloster Sankt Marienthal ein Jahr nach der Jahrhundertflut

 
Für die Sanierungsarbeiten wurde das Kloster weitgehend geräumt.

Statt Gesang oder Gebet ist gegenwärtig nur das Brummen der Raumluftentfeuchter und Schlagbohrer zu hören: Die Klosterkirche im sächsischen Sankt Marienthal in Ostritz gleicht mehr einer Baustelle als einem Ort, an dem Gottes Wort verkündet wird. Ein Jahr nach der verheerenden Neiße-Flut vom August 2010 werden weiterhin die Schäden an Deutschlands traditionsreichster Zisterzienserinnenabtei beseitigt. „Das Hochwasser bestimmt noch immer unseren Tagesablauf“, sagt Priorin Elisabeth Vaterodt. Alle Räume im Erdgeschoss sind unbenutzbar, überall fehlt der Putz an den Wänden und durch die Präsenz der Handwerker im Kloster wurde die Klausur gelockert. „Wir leben in einem Provisorium“, beschreibt die Priorin die aktuelle Situation; das schlimmste sei jedoch, dass die Kirche nicht benutzbar ist.  Es war die Nacht vom 7. auf den 8. August 2010, als die Neiße, jener üblicherweise ruhige Grenzfluss zu Polen, die mobilen Flutschutzbarrieren des Klosters überstieg und sogar die bisherige Rekordmarke von 1897 um 20 Zentimeter überbot. Fast alle Bauten der Klosteranlage, darunter die Wirtschaftsgebäude sowie das Internationale Begegnungszentrum (IBZ) auf dem Gelände, standen knapp zwei Meter im Wasser.  

Jahrhunderthochwasser der Neiße 

Die 150 Gäste des IBZ wurden in jener Augustnacht 2010 noch rechtzeitig evakuiert; die Schwestern trotzten dagegen einem behördlichen Räumungsbefehl und überdauerten im ersten Stock: „Wir Schwestern sind immer dageblieben. Wir wussten, dass wir im Kloster sicher sind“, bilanziert die Priorin heute. Schnell noch schafften die Schwestern in Gummistiefeln das Allerheiligste aus der Kirche; bald darauf stand der Tabernakel der Klosterkirche halb in den Neiße-Fluten. Nicht fortgeschafft wurden dagegen die kunstvollen Marienstatuen und Heiligendarstellungen aus Holz oder Marmorgips. Am nächsten Morgen schwammen sie im Wasser, erinnert sich Schwester Elisabeth: „Es war richtig erschütternd zu sehen, wie sie im Dreck lagen.“ Heute steht oder liegt ein großer Teil der Kunstwerke im zweiten Stock und wird von Denkmalpflegern behutsam restauriert. Einer der Restauratoren in Sankt Marienthal ist Andreas Waurick. Er war auch am Tag nach dem Jahrhunderthochwasser der Neiße zur Stelle: „Man hat zu retten versucht, was zu retten war“, erinnert sich Waurick an den August des vergangenen Jahres. Gerade ist er dabei, ein ehemaliges Wappen des Konvents zu restaurieren; das mit Blattgold verzierte Kreuz bestreicht er mit einem sogenannten „Finish“, einer Sandsteinlasur. „Das wird noch schöner als vorher“, sagt der Restaurator und meint damit nicht nur das Wappen, sondern die Instandsetzung des gesamten Konvents: „Man muss nur Geduld haben.“ 

Über 13 Millionen Euro Schaden 

„Geduld“ ist das Wort der Stunde im Kloster Sankt Marienthal - auch bei der Priorin: „Wir müssen viel Geduld haben mit uns selbst, uns aber auch Zeit lassen, damit alles richtig trocknet.“ Um die Trocknung des Gemäuers dennoch zu beschleunigen, wurde in den Erdgeschossräumen der Putz abgeschlagen; knapp 50 Raumluftentfeuchter laufen dort Tag und Nacht. „Die entziehen der Luft das Wasser und sammeln es in einem Behälter", erklärt Priorin Vaterodt und kontrolliert an einem Hygrometer die Luftfeuchtigkeit in dem Raum. Auf über 13 Millionen Euro belaufen sich die Flut-Schäden in den Zisterzienserinnen-Konventsbauten. Der Großteil der Restaurierungskosten wird zwar durch Landes- und Bundesmittel übernommen, einen Anteil von 1,5 Millionen Euro müssen allerdings die Schwestern aufbringen. Dabei sind sie auf Spendengelder angewiesen – etwa auf die vom Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken. Das Diaspora-Hilfswerk hat den Zisterzienserinnen zuletzt eine 110.000-Euro-Spende übergeben. Eine weitere Spendenaktion zum Jahrestag der Neiße-Flut läuft gerade an. „Es ist eine großartige Sache, dass uns Katholiken aus dem ganzen Bundesgebiet über das Bonifatiuswerk helfen“, bilanziert Vaterodt. Sankt Marienthal besteht seit 777 Jahren im sächsischen Ostritz, dem heutigen deutsch-polnisch-tschechischen Grenzgebiet. Es überstand die Reformation und zuletzt das kirchenfeindliche DDR-Regime wie eine „katholische Insel“ inmitten einer anders- oder nichtglaubenden Umgebung. 

„Wir stehen es durch“ 

Dass gerade Sankt Marienthal die kirchliche Solidarität zuteil wird, zeige, dass alle Christen zusammenhalten – getreu dem Paulusbrief „Einer trage des anderen Last“, glaubt die Ordensfrau. Spenden waren mitunter auch ausschlaggebend, dass die 100 Arbeitsplätze, die an der Klosterwirtschaft sowie am IBZ hängen, erhalten werden konnten. Nur wenige Wochen nach der Flut konnte das IBZ den Gästebetrieb erneut aufnehmen; auch in der Bäckerei wurden bald wieder Brot und Brötchen hergestellt. Die Klosterküche allerdings bleibt noch für lange Zeit unbenutzbar. Im zerstörten Kapitelsaal kann kein feierliches Ordensgelübde stattfinden, und statt in der so kunstvoll im Nazarener-Stil ausgemalten Kirche feiern die 15 Schwestern in einer provisorischen Hofkapelle Gottesdienst. Zudem wird der Lärm der andauernden Bau- und Restaurierungsarbeiten noch über Monate überall zu vernehmen sein. Doch mit ihm haben sich die Schwestern beinahe schon arrangiert und können ihm sogar etwas Gutes abgewinnen, sagt Priorin Vaterodt: „Wenn wir jetzt absolute Stille hätten, dann würde es bedeuten, dass uns niemand hilft und wir allein dastehen. Wir werden also durchhalten!“

Spendenkonto:
Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken
Bank für Kirche und Caritas Paderborn
Stichwort „Kloster St. Marienthal“
Konto   10 000 110
BLZ      472 603 07



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