Kunstkommission der Stadt Dresden zum Projekt "Nepomuk auf der Waldschlösschenbrücke"

Dokumentation des Schreibens zur Begründung der Kommission, vom 24. September

(...) zunächst vielen Dank an Sie und Ihre Mitstreiter für die ausführlichen Erläuterungen zur Projektidee, der Stadt Dresden eine "Figur des Hl. Nepomuk für die Waldschlösschenbrücke" schenken zu wollen. Den Inhalt der anschließenden Diskussion möchte ich kurz zusammenfassen:

Für die Kunstkommission kristallisierten sich zunächst zwei Fragen heraus: Möchte die Stadt Dresden das Geschenk annehmen und ist eine künstlerische Aufwertung für die Brücke sinnvoll?

Die Kommission ist berufen, über den zweiten Teil der Frage, d. h. die künstlerisch ästhetischen Belange zu befinden. Auf Grund der bereits stattgefundenen öffentlichen Diskussion und der komplizierten Gesamtkonstellation ist es aber unmöglich, die inhaltlichen und politischen Aspekte außen vor zu lassen. 

Die Kunstkommission vertritt die Auffassung, dass die vorgestellte Figur, unabhängig von ihrer religiösen Bedeutung, nicht für diesen Standort geeignet ist. Jenseits ihrer Rolle als Schutzpatron lassen sich leider keine weiteren Bezüge zum unmittelbaren Umfeld und seinen realen Bedingungen und Funktionen feststellen. Auf der kompakten, eher funktional gestalteten Brückenkonstruktion wirkt die Figur verloren, da sie auf die Proportion und Dimension der Brücke keinen Bezug nimmt. Die Kommission vermisst die Auseinandersetzung mit dem Standort als Voraussetzung für einen zeitgemäßen künstlerischen Eingriff. So spielt es für die Kommission durchaus eine entscheidende Rolle, wo ein Kunstwerk konkret verortet wird, oder wie es ausgerichtet ist. Die von Ihnen vorgestellten Standorte wirkten austauschbar und eher von den praktischen Erwägungen bei der Suche nach einer bereits vorhanden Standfläche abhängig zu sein.

Vor dem Hintergrund, dass auf anderen Brücken in Dresden bereits scherenschnittartige Metallskulpturen stehen, entsteht ungewollt der Eindruck eines unklaren Prinzips. Für die Waldschlösschenbrücke, die einen neuralgischen Punkt in der öffentlichen Diskussion darstellt, müsste sicher ein komplexerer künstlerischer Ansatz gefunden werden. An dem Gedanken, sakrale Kunst auf einer öffentlichen Brücke zu platzieren, wird  im vorliegenden Fall die notwendige Aktualisierung eines traditionellen Themas vermisst.

Der Vorschlag, der Stadt Dresden ein Geschenk zu machen, wäre durchaus löblich, wenn es über das Geschenk breiten Konsens gibt. Da die Diskussionen zur Waldschlösschenbrücke noch frisch und keineswegs abgeschlossen sind, ist das in diesem Fall nicht zu erwarten. In Anbetracht der vielen Geschenkangebote, die die Stadt Dresden aus der ganzen Welt erhält, muss außerdem immer wieder abgewogen werden, inwieweit das Geschenk die Sammlung bereits vorhandener Kunstwerke sinnvoll ergänzt.

Die öffentliche Hand steht mit ihren Bauwerken und Freiflächen, insbesondere wenn es sich um solch exponierte Standorte handelt, in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit. Ihr kommt eine baukulturelle Verantwortung und Vorbildwirkung zu, die sie nur durch Transparenz und Klarheit in den Entscheidungen erreichen kann. Mit der Vorgabe der Nepomukfigur, der Be-auftragung des Künstlers und dem modellhaften Vorschlag wurde die notwendige öffentliche Diskussion über eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Brücke bereits im Vorfeld auf das simple Schema von Bürgerbefragungen mit Ja / Nein Optionen reduziert. Die Kommission würdigt das kirchliche Engagement, aber die Auswahl und die Vergabe künstlerischer Leistungen unter-liegen bestimmten Verfahrensregeln, die insbesondere dann zum Tragen kommen, wenn es sich um die Gestaltung öffentlicher Räume handelt.

Die Kunstkommission hat deshalb aus den o.g. Beweggründen einstimmig beschlossen, den Antrag zur Aufstellung der Figur des Hl. Nepomuk aus formal-ästhetischen, künstlerischen und inhaltlichen Gründen abzulehnen.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Olaf Lauströer
Vorsitzender



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