Ausstellung in Zwönitz rückte das Kreuz in den Blickpunkt

Predigt von Pfarrer Uwe Peukert zum Thema "Kreuz"

Foto: Holger Jakobi / Tag des Herrn

Dieses Kreuz, das in der Ausstellung gezeigt wurde, wurde 1945 in Breslau aus einer brennenden Wohnung heraus gerettet. Foto: Holger Jakobi / Tag des Herrn


Zwönitz, 14.03.12: Vom Kreuzchen aus Urgroßvaters Zeiten bis zum Kapellenkreuz: zu einer Ausstellung unterschiedlicher Kreuzdarstellungen der Pfarrei St. Peter und Paul in Zwönitz kamen am Wochenende vom 10. und 11. März 320 Gäste. Am besinnlichen Abschluss der Kreuzwegandacht mit modernen Texten, Bildern und Liedern nahmen fast 100 Personen teil. An Spenden für die Hospizarbeit der Johanniter in Oelsnitz kamen über 300 Euro zusammen.

Auch in seiner Sonntagspredigt nahm Pfarrer Peukert Bezug zum Thema „Kreuz".
Die Dokumentation seiner Ansprache finden Sie hier:

"An diesem Wochenende vom 10./11. März 2012 findet in Zwönitz in der Kath. Kirche eine Kreuzausstellung statt und ein Tag der offenen Tür; viele von den Gemeindemitgliedern haben dazu dankenswerterweise beigetragen, sei es, dass sie eines oder mehrere Kreuze für die Ausstellung gegeben haben, oder in irgendeiner Weise in der Vor- oder Nachbereitung aktiv waren oder sind.

Das Thema Kreuz möchte ich an diesem Wochenende zum Thema der Verkündigung im Gottesdienst machen.

Beim Anblick der vielen Kreuze könnte Außenstehenden die Idee kommen: sind die Christen/Katholiken etwa leid-versessen?!
So viele Kreuze? Vielleicht fällt jemanden ein, dass der katholische Glaube eher mit Ge- und Verboten, strengen moralischen Bestimmungen, jedoch weniger mit Freude oder einer positiv, lebensbejahenden Sicht des Lebens in Verbindung gebracht wird. Gängige Vorurteile könnten sich also wieder einmal bestätigen.

In der Öffentlichkeit wird jedoch unsere Ausstellung wahrgenommen, die Medien, andere Christen, auch Nichtchristen zeigen Interesse.
Was suchen diejenigen, die an diesem Wochenende zu uns kommen bzw. gekommen sind?
Es gibt zweifellos verschiedene Zugänge zum Kreuz: einen kunsthistorischen, es gibt sicher interessante Details zu entdecken, auch in der handwerklichen Ausführung und von den verwendeten Materialien her – doch ist das alles?!

Oder steckt hinter diesem Interesse - vielleicht sehr versteckt und oft unausgesprochen - die Frage: wie lebt ihr Christen eigentlich mit dem Kreuz, was bedeutet euch dieses Zeichen?

Was habt ihr gemacht, wie habt ihr gehofft in manchmal aussichtslosen Situationen der durchlebten braunen und roten Diktaturen, bei Flucht und Vertreibung, als es um Leben oder Tod ging, bei schweren Leiden und Herausforderungen oder einfach in eurem Alltag – angefragt sind hier wohl eher unsere Erfahrungen.

Oder hängt bei euch das Kreuz einfach nur an der Wand, weil es irgendwie zum Glauben dazugehört?

Und auf diese berechtigten und suchenden Anfragen, scheint mir, gibt die Ausstellung als Ganzes und mit den einzelnen Kreuzen eine deutliche und klare Antwort, da ist gesammelte Hoffnung, da sind Gebets- und Gotteserfahrungen zu finden.

Vielleicht überzeugt das Menschen, die unausgesprochen oder laut diese eben genannten Fragen stellen. Das wäre unsere große Chance in dieser oft gleichgültigen Zeit, dass wir unsere Erfahrungen einbringen und dadurch auf Wichtiges hinweisen, anderes wird auf Dauer eher nicht tragen.
Erinnert sei an ein Wort des Theologen Wort Karl Rahner, der sinngemäß sagte: der Christ von morgen wird ein Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein, wird einer sein, der etwas von Gott erfahren hat  – und ergänzend gesagt: der Christ von morgen wird einer sein, der das weitergibt und versucht danach zu leben.

Die Katholikenzahlen in den Gemeinden werden in nächster Zeit wahrscheinlich mehr und mehr zurückgehen, vielleicht ist da viel wichtiger ein stimmiges und entschiedenes Leben.
Fragen wir auch, welchen Sinn das Kreuz haben könnte.

Da möchte ich einige meditative Gedanken der Erfurter Künstlerin Hildegard Hendrichs mit der Überschrift „Taktik Gottes“ vortragen: „Gott hat eine wunderbare Taktik, uns an sich zu ziehen, indem er uns von Zeit zu Zeit einen Strich durch die Rechnung macht. Wenn wir selber im Kreuz stecken, kommen wir dem Gekreuzigten am nächsten... Jedes Kreuz nämlich, dass auf uns zukommt, ist schon Gnade und will uns helfen, uns selber loszulassen... Wenn wir selber ausgeschaltet sind, kann sich der Heilige Geist einschalten, und es beginnt unser Spiel mit Gott auf neue wunderbare Weise.“


Wenn ich nur noch mit mir beschäftigt wäre, mit eigenen, oft hausgemachten und banalen Problemchen, wenn ich nur noch mich sehe, die himmlische (senkrechter Balken) und die mitmenschliche Dimension (waagerechter Balken) vergessen hätte, dann würde es höchste Zeit für das Kreuz, dann könnte eine vielleicht schmerzliche, jedoch letztlich heilsame Erfahrung die Lösung sein, damit der Dreiklang von Gottes, Nächsten- und Selbstliebe wieder hergestellt wird.

Was hat uns das Kreuz noch zu sagen? – für mich die tiefste Aussage: wir glauben an einen Verwundeten, der da am Kreuz hängt, an einen, der verletzt ist – das, was wir Menschen an Leib und Seele selber immer wieder erfahren müssen.
Was ist das für ein Gott, der sich bis in das Leid, in den Tod zu uns beugt? – Nun wahrlich kein Gott, der abgehoben über den Wolken thront und dem das Schicksal eines Menschen egal wäre!

Wir sollen und brauchen das Leid nicht suchen, es begegnet uns irgendwann im Leben sowieso, das ist das Leben! Alles andere wäre Illusion.

Doch wenn es so kommt, dass unser Leben an einem Kreuz vorbeigeht, dann haben wir da ja einen Weggefährten, einen, der die Last des Kreuzes uns nicht vollständig abnimmt, jedoch einen, der Kraft gibt, auch das Schwere zu tragen, der mitträgt und mitfühlen kann, weil es ihm genauso ergangen ist.

Die immer wieder aufkommenden Diskussionen um das Kreuz in der Öffentlichkeit sind bekannt - es soll weg aus bayerischen Schulen, aus Gerichten, aus öffentlich Gebäuden... – weil es nicht passt!

In einer sich perfekt gebenden, scheinbar heilen Welt, wo Spaß und Fun, Events angesagt sind, passt der verwundete und leidende Herr nicht hin, ist es nicht auszuhalten und eher eine Zumutung, so dem Leid zu begegnen.

Doch genau hier wäre eine Quelle des Trostes, der Hoffnung, der Gelassenheit, weil ja das Kreuz nicht das Ende, sondern Durchgang, Meilenstein zum Leben ist.
Vielleicht haben wir mit jeder Kreuzerfahrung, über die wir Zeugnis geben, und auch mit unserer Ausstellung die Chance, da einen anderen Blickwinkel anzubieten und durch unseren gelebten Glauben zu bestätigen."


Pfarrer Uwe Peukert, Zwönitz
überarbeitete Predigt vom 10./11.03.2012



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