Literaturwettbewerb in Gera beendet
139 Einsendungen aus Sachsen, Thüringen und Polen
Gera, 02.10.2012: Am vergangenen Freitag, 28. September, fand bereits zum dritten Mal im EJ Shalom in Gera die Auflösung des deutsch-polnischen Lyrikwettbewerbs „Jugend dichtet Gott“ statt. Die diesjährige Auflage trug das Motto: „Der Mensch ist dem Menschen ein Mitmensch“ und wurde in Kooperation mit Caritasverband für Ostthüringen e.V. ausgeschrieben. Die Jury, die aus einem Deutsch- und einem Polnischlehrer, einem katholischen und einem evangelischen Theologen und der Vertreterin des Hauptsponsoren bestand, wählte die Gewinner aus 139 Einsendungen aus, die aus Sachsen, Thüringen und dem polnischen Niederschlesien kamen.
Behaupten konnte sich ein junger Gymnasiast, Leo Kösser aus Großeutersdorf in Thüringen, mit dem Gedicht „Sie sie“. Der zweite Platz ging an Wojciech Krzystek aus der Gegend von Wroclaw. Der dritte Platz fiel Kaharina Bartl aus St. Gangloff zu. Die Auszeichnungen der einzelnen Juroren gingen an Dominik Walde (Jena), Gregor Völkel (Leipzig), Johannes J. Steppeler (Hermsdorf/Thür.), Theresa Perz (Gera) und Ulrika Kilian (Jena). In Oktober wird die Buchveröffentlichung des Gedichtsbandes „Caritas 2012“ erscheinen, in dem ca. 50 beste Einsendungen nachzulesen sein werden.
I. Platz: Leo Kösser, Großeutersdorf, Gymnasiast in Kahla
Sie sie
Schmerz
als Finger Feder berühren
Trauer
als sie sie verlieren
Freude
als sie sie wieder berühren
Geborgenheit
als sie sie wieder verlassen
Kann ich mal einen Stift bekommen?
II. Platz: Wojciech Krzystek, Brzezia Laka/ Polen, Auszubildender in Wroclaw/ Polen
***
Ich suche nach weißen Raben in üppigen Sammlungen
Wenn ich nichts finde, esse ich ein Abendessen und lege mich schlafen
Ich denke über wahrscheinliche Ausgänge nach
Über das Ende der Wanderung
Wenn ich etwas finde, analysiere ich es ziemlich lange
Ob es ausgerechnet mein Ausgang sei
Ich möchte aber lieber, dass es es nicht ist
Weil der Sinn meines Suchens verlorengehen wird
Es ist besser die Zukunft nicht zu früh zu kennen
Man muss sich überraschen lassen
Der Rhythmus ist korrekt
Gut, dass ich suche und nicht finden kann
Mein Rabe flog weg
Er wird zum richtigen Zeitpunkt zurückkehren
Ich werde ihn finden, wenn der Weg beendet sein wird
Das Dasein wird vergehen und das Buch bereits voll sein
III. Platz: Katharina Bartl, St. Gangloff, Auszubildende in Jena
Morgenrot
Der Morgen erwacht
feuerroter Himmel,
wie von Funken belebt,
Verglüht das Angesicht der Erde.
Prahlend, mit unfassbarer Macht.
Siehe der Sonne Widerschein
in deinen Augen.
Laut tönt der Herzschlag
zum Takte der Trommeln.
Wie von Flammen getränkt
alles Sichtbare.
Halte die Hände zum Schutz,
der Tag ist erwacht
und verbrennt dir die Sinne.
Auszeichnung von Marcin Ziomek, Dozent an Akademia Techniczno-Humanistyczna in Bielsko-Biala
Dominik Walde, Jena, Student
Reisebericht eines Fremden
für N. K.
Funkeln der Sterne schafft eine Realität
unverletzlich, im bunten Scheinwerferlicht
der Tanz, der jedem Rhythmus fern
es passiert
der Kragen hoch – ein tiefer Blick
lässt mich die Zeit vergessen
so nah und doch so fern -
gleich erklingt der Ton einer Rumba
vergiss eine Glut des Herzens
kein Wort kein Tanz
pures Verlangen nimmt Überhand
entfacht das Feuer der Leidenschaft
…
die Sonne lacht schadenfroh
Gedanken verlaufen sich
der Spiegel springt – der Kopf tut weh
und geblieben ist die kalte Asche
ein Kribbeln lässt mich nicht ruhen
Erinnerungen schleichen sich ein
die Sehnsucht entfacht das wilde Spiel der Finger
welche hastig über die Tasten gleiten
der Weg war lang die Zeit zu kurz
egal ob des Engels egal ob des Teufels
den bist du mir schuldig
den einen Tanz
Auszeichnung von Adam R. Prokop, Kaplan und Dekanatsjugendseelsorger in Gera
Gregor Völkel, Leipzig, Student
Eine Frage des Blickwinkels
Siehst du diesen Jungen
der mit den Mandelaugen
der dich unverhohlen angrinst
Er ist selig.
Er hat bereits die Unbeschwertheit
die nur das Paradies gibt
Und dort das Mädchen im Rollstuhl
auch sie ist selig
denn im Jenseits
wird sie von Engeln getragen werden
Und dort der verstörte Junge
kauert angstvoll in der Ecke
weil er zu viel hört und sieht
Er wird das Paradies in voller Schönheit sehen
Schau sie dir an
die die du Krüppel und Idioten nennst
erkennst du nicht, dass sie im Himmel blühen werden
Auszeichnung von Michael Kleim, stellv. Superintendent und Stadtjugendpfarrer in Gera
Johannes Josef Steppeler, Hermsdorf, Gymnasiast
Dance Macabre
Die Nacht der Nächte
am Strand
Ich teile sie mit einem besonderen Menschen
Sie war bereit alles für mich zu tun
Sie küsste mich zärtlich,
unter dem Blick ihrer leeren schwarzen Augen
wird mein Körper steif
Das Besondere aber war
dass ich nicht mal da gewesen
bin.
Auszeichnung von Melanie Weise, stellv. Geschäftsführerin des Caritasverbandes für Ostthüringen e.V.
Theresa Perz, Gera, Gymnasiastin
Wäre
Er liegt auf der kalten Straße.
Wäre er heute Morgen nicht aufgestanden,
wäre es nicht passiert.
Wäre er zwanzig Minuten später gegangen,
wäre es nicht passiert.
Hätte er geschrien,
wäre es nicht passiert.
Hätten die Passanten eingegriffen,
wäre es nicht passiert.
Würde er nicht auf den Boden liegen.
Wäre sein Blick nicht glasig in die Leere gerichtet.
Wäre er nicht so passiert.
Der Abend der sein Leben beendete
Auszeichnung von Adrian Dautz, Lehrer am Christian-Weise-Gymnasium in Zittau
Ulrika Kilian, Jena, Studentin
Warum
WARUM ?
Nagend, zermürbende Frage.
Ohne Antwort.
Bitterer Geschmack jedes tröstenden Wortes.
Wortlosigkeit. Sinnlosigkeit.
Vergessen
Die Freude glücklicher Stunden.
Das Lachen der Unbeschwertheit.
Geblieben
Ein Gefühl der Ungerechtigkeit.
Ein Hadern mit der Welt.
WARUM?
Kannst du an Gott nur glauben, wenn du glücklich bist?
Kannst du auf Gott nur hoffen, wenn sich dein Plan erfüllt?
Kannst du Gott nur lieben, wenn er dir im Übermaß gibt?
Was bleibt, wenn Glaube, Hoffnung und Liebe vergehen?