Ostritzer Orgelprospekt erstrahlt in neuem Glanz

Nach zweimonatiger Arbeit

Restaurator Brandt.

Restaurator Brandt prüft letzte Details einer Stelle des Orgelprospekts.


Ostritz, 22.11.2012: In knapp zweimonatiger Arbeit haben Restaurator Tilman Brandt aus Görlitz und sein Kollege Erik Hamann aus Königshain bei Görlitz den Orgelprospekt der Carl Eduard Jehmlich Orgel (1878) in der katholischen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt Ostritz überarbeitet und die ursprüngliche Farbfassung wieder hergestellt. Die Gelegenheit dazu bot sich, da der Orgelprospekt aufgrund der derzeit stattfindenden Restaurierung des Orgelwerkes durch die Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH ohnehin verwaist ist, d.h. alle Pfeifen ausgebaut sind.

Im Zuge der Kirchenausmalung 1925/26 wurde der Orgelprospekt dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend, so wie sämtliches hölzernes Interieur der Kirche, mit brauner Farbe überstrichen. Infolgedessen verschmolz die Orgel in der Ansicht mit der direkt darüber liegenden ebenfalls braunen Kassettendecke. Nach dem Rückbau zweier Emporen links und rechts der Orgel in den 1980er Jahren wirkte sie stets klobig. Zudem verursachte jahrzehntelange Umweltbelastung in DDR-Zeiten, ausgelöst durch die einst drei Braunkohlekraftwerke Hagenwerder, Hirschfelde und Turów, in deren Mitte Ostritz liegt, Schäden an Orgel und Gehäuse, da ein echter Schutz dagegen nicht möglich war.

In einer Befunduntersuchung hatte nun Restaurator Timan Brandt zunächst die ursprüngliche Farbfassung ermittelt, die der Ostritzer Maler und Staffierer Ambros Wagner 1878 herstellte. Es handelt sich um eine seidenmatte Ölfarbe in Hellelfenbein sowie Bronzierungen von Profilleisten und des Zierwerkes. Die 1925/26 ausgeführte Kammzugtechnik wurde demgegenüber als minderwertig eingestuft. Daher begrüßten und genehmigten die untere Denkmalschutzbehörde Zittau und das Landesamt für Denkmalpflege Dresden den Wunsch der Initiativgruppe Orgelbau der Gemeinde, die ursprüngliche Farbfassung wiederherzustellen.

Gemeinsam nahmen kürzlich Auftraggeber, Auftragnehmer und der zuständige Gebietsreferent des Landesamtes für Denkmalpflege das Restaurierungsergebnis ab. Einhellig wurde die Arbeit der Restauratoren gelobt und die Entscheidung zur ursprünglichen Fassung als die richtige gewertet. Denn der Orgelprospekt wirkt nun selbständig und in edler Klarheit ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Er hebt sich von der Kassettendecke ab und harmoniert doch mit ihr, da sich seine Farbgebung dort in Details wiederfindet. Damit ist im Grunde das Haus für die Pfeifen der Jehmlich-Orgel frisch renoviert, so dass diese wieder „einziehen“ können.

In den nächsten Wochen wird die Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH das gesamte Orgelwerk, welches derzeit in der Werkstatt in Dresden restauriert wird, wieder einbauen. Die umfangreichen  Arbeiten werden durch viele Einzelspenden, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, das Bistum Dresden-Meißen und Denkmalmittel des Freistaates Sachsen ermöglicht. Besonders freut sich die Gemeinde auf die Komplettierung der Orgelfront mit den neuen Prospektpfeifen. Wo derzeit noch dunkle Löcher klaffen, werden Zinnpfeifen in originaler Bauart die Ansicht bald vervollständigen. Auch wenn dahinter noch viele Teile an ihren alten Platz zurückgepuzzelt und die Klangkörper intoniert werden müssen, bevor das Instrument wieder einsatzfähig ist, wird der wunderbare Anblick die Gemeinde schon auf den Tag der Wiedereinweihung einstimmen und darauf neugierig machen, wie ihre restaurierte Orgel nach der umfassenden „Auffrischungskur“ klingen wird.

Wissenswertes zur Ostritzer Jehmlich-Orgel

Die Ostritzer Carl Eduard Jehmlich-Orgel aus dem Jahr 1878 besitzt zwei Manuale und Pedal mit 22 klingenden Stimmen. Sie befindet sich in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand. Schimmel, jahrzehntelange Umweltbelastung und der Zahn der Zeit nagten an dem Instrument, so dass sich eine grundlegende Überholung dringend erforderlich macht. Außerdem wurde sie mehrfach nach jeweiligem Zeitgeschmack umgebaut, was ihren ursprünglich rein romantischen Klangcharakter verfälschte.

Da jedoch die technische Anlage fast vollständig und die Klangsubstanz weitgehend erhalten sind, hat sich die Gemeinde entschlossen, die Restaurierung anzugehen. Zudem handelt es sich um ein künstlerisch bedeutendes, erhaltens- und schützenswertes Kulturdenkmal, welches zu den wenigen verbliebenen aus jener Schaffensperiode Carl Eduard Jehmlichs zählt. Die sehr aktive katholische Gemeinde Ostritz will diesem kulturhistorischen Schatz zu neuem Glanz verhelfen. Schließlich ist ihr die Orgel zur würdigen Feier der Gottesdienste unersetzlich.

Oliver Motzny



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