"Respekt vor den Leuten, die das Tag für Tag machen"

Zwickauer Jugendliche waren zu Gast bei Menschen mit Behinderung im Martinshof in Rothenburg O.L.

Die Jugendlichen aus Zwickau und ihre Betreuer.

Die Jugendlichen aus Zwickau und ihre Betreuer.

Rothenburg (O.L.)/Zwickau, 04.04.12: Kann ich mir vorstellen, später einmal im Bereich der Behindertenhilfe tätig zu sein? Dürfen Menschen mit einer geistigen Behinderung eigentlich Kinder bekommen? Und wer entscheidet darüber im Zweifelsfall? Solchen und vielen weiteren Fragen spürten 27 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10c des Peter-Breuer-Gymnasiums Zwickau nach, die sich mit ihrem Klassenlehrer Ralf Jahn und dessen Stellvertreterin Sylke Varga-Sandmann zu den „Tagen Ethischer Orientierung – sozial“ vom 26. bis 30. März 2012 in den „Martinshof“ nach Rothenburg an der Neiße aufgemacht hatten.

Die Schüler wohnten in dieser Woche unmittelbar im Gelände des 1898 durch Pastor Martin  von Gerlach als „Zoar“ gegründeten Zufluchtsortes für pflegebedürftige Menschen, und konnten dadurch vielseitige Einblicke in die Lebensweise und den Alltag von Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung gewinnen. „Ich habe eine sehr persönliche Beziehung zu den Bewohnern aufgebaut, da sie immer fröhlich und nett zu mir waren, und es immer etwas zu reden gab. Es schien, sie genießen die Gespräche mit mir und waren sehr interessiert“, so eine Schülerin der Klasse.

Ein dreitägiges Praktikum in sehr unterschiedlichen Wohn-, Arbeits-, Pflege-, Lern- und Beschäftigungsbereichen der Einrichtung sollte den Schülern den Zugang zu einer ganz anderen Lebenswelt ermöglichen und den „Blick für Andere/ Anderssein“  öffnen. Neben der praktischen Tätigkeit setzten sich die Teilnehmer mit ihren beruflichen Plänen auseinander. „Nein, ich denke nicht, dass ich die geeignete Person für diese Arbeit bin. Aber ich habe viel Respekt vor den Leuten, die das Tag für Tag machen“, resümierte ein Schüler. Ein anderes Mädchen: „Ich war mit meinem Arbeitsfeld vollkommen zufrieden, da ich mir auch vorstellen kann, später in dem Bereich zu arbeiten.“

In einer fiktiven Gerichtsverhandlung waren die Zehntklässler außerdem herausgefordert, zur Frage, ob Menschen mit einer geistigen Behinderung eigentlich Kinder bekommen dürfen, Position zu beziehen. Dabei entfaltete sich eine kontroverse Debatte mit Pro- und Kontra-Argumenten, wodurch eine faire, sachliche Streitkultur eingeübt wurde.

Die Jugendlichen bei einer Gruppenübung.

Die Jugendlichen bei einer spielerischen Gruppenübung.

Eine Stadtbesichtigung in Görlitz, Fußball, Volleyball und ein gemeinsamer Grillabend ließen auch im Freizeitbereich keine Langeweile aufkommen.
Die „Tage Ethischer Orientierung – sozial“ sind ein neues ökumenisches Angebot der evangelischen und katholischen Jugendarbeit zur begleiteten Berufsorientierung für Schulklassen. Das Projekt wurde von der Landesarbeitsgemeinschaft Katholischer Jugend im Freistaat Sachsen (LAGS) in Kooperation mit dem Evangelischen Landesjugendpfarramt und dem Martinshof  Rothenburg inzwischen zum zweiten Mal durchgeführt.

Näheres zu den „Tagen der Orientierung“ unter: www.tdo-sachsen.de
Näheres zum Angebot von „Tagen Ethischer Orientierung“ unter: www.teoinsachsen.de
Näheres zum Martinshof Rothenburg unter: www.martinshof-diakoniewerk.de

Michael Zbanek



Zurück Impressum