24 Jahre hindurch Tag für Tag den Herausforderungen gestellt

Bischofskonferenz-Vorsitzender Erzbischof Zollitsch zum Ruhestand von Bischof Reinelt

Erzbischof Dr. Robert ZollitschDresden, 26.04.12: In einem Grußwort hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, bei der Verabschiedungsfeier für Joachim Reinelt heute Vormittag im Bischöflichen Ordinariat in Dresden den scheidenden Bischof von Dresden-Meißen gewürdigt.

Die Ansprache im Wortlaut:

"Im Freiburger Regionalkalender wird heute der Heilige Trudpert gefeiert, ein iroschottischer Eremit, der sich um 604 n. Chr. im Münstertal südlich von Freiburg niederließ und dort als Missionar wirkte. In Freiburg haben wir Trudpert viel für ein frühes christliches Bekenntnis zu verdanken. Heute fühle ich mich hier in Dresden an diesen Heiligen erinnert, wenn wir Dich, lieber Bischof Joachim, verabschieden dürfen. In einer bewegten Zeit und viele Jahre hast Du wie Trudpert in dieser Region Deutschlands den Glauben verkündet und warst im besten Sinne des Wortes ein Missionar.

24 Jahre Bischof von Dresden-Meißen zu sein, heißt, sich 24 Jahre hindurch Tag für Tag den Herausforderungen als Hirte und Seelsorger zu stellen, – und Du hast dies mit tatkräftigem Engagement, stetem Charme und beeindruckender Liebenswürdigkeit getan. Deine reiche pastorale Erfahrung seit Deiner Priesterweihe 1961 haben Dich zu vielen Stationen geführt: Da war Deine Zeit als Seelsorger in Ebersbach und später an der Hofkirche zu Dresden, in Freiberg und Altenburg. In diesen Jahren hast Du die Menschen in Deinen Gemeinden ermutigt, sich auf die Suche nach Gott zu begeben. Dir gebührt höchster Respekt für Deinen selbstlosen Einsatz in dieser Zeit, die unter dem Druck einer Diktatur vor zahlreiche Schwierigkeiten stellte. Unerschrocken bist Du für den Glauben an Jesus Christus eingetreten und hast so ein, wie ich finde, ganz besonderes Zeugnis der Nachfolge Christi abgelegt. Das verstehe ich unter missionarischem Einsatz, der Dir in besonderer Weise gegeben war. Das gilt auch für jene zwei Jahre, als Du Diözesancaritasdirektor warst. Was Du an Sorgen und Nöten der Menschen aus den Pfarreien kanntest, konntest Du jetzt für das ganze Bistum in Fürsorge und Engagement für den Nächsten einsetzen.

In einer Zeit politischer Nervosität in der ehemaligen DDR ernannte Dich Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Dresden-Meißen. In unserer Bischofskonferenz habe ich immer Deine packenden Erinnerungen an die Zeit der Wende geschätzt; es waren authentische Berichte und Lebenszeugnisse, die von der Hoffnung des neuen Aufbruches der Jahre 1989 und 1990 geprägt waren. Gerade in dieser Zeit schauten die Gläubigen des Bistums auf ihren Bischof, wie er sich wohl verhalten werde. Viele unterstützende Worte sind von Dir in Erinnerung, vor allem Deine mutige Entschiedenheit, Demonstranten gegen ein religionskritisches und immer auch religionsfeindliches Regime zu stärken und nötigenfalls den staatlichen Behörden mit Ungehorsam und einer klaren Position entgegen zu treten. Dein bischöfliches Leitwort „Da bin ich mitten unter ihnen“ hast Du in dieser Zeit besonders lebendig werden lassen, wenn Du in schwierigen und auch gefährlichen Phasen der Wende im Osten selbstverständlich mitten unter den Menschen warst.

Der Heilige Stuhl und die Deutsche Bischofskonferenz haben Dein intensives Mitwirken bei der Vereinigung unserer Bischofskonferenzen sehr geschätzt. Als es dann die neue Deutsche Bischofskonferenz gab, warst Du es, der vor allem mit Bischof Joachim Wanke uns westdeutschen Bischöfen den Osten nähergebracht hat. Von Euch durften wir lernen, was Glaubenszeugnis und Leben in der Diaspora bedeuten. Es ist Dir zu verdanken, dass die katholischen Gläubigen zwischen Ost und West einander näher gerückt sind.

Lieber Joachim, immer ging es Dir in Deinem bischöflichen Wirken um eine Verbindung von Kirche und Gesellschaft – von Dienst in der Kirche einerseits und andererseits dem Reden über Gott in der Welt. Deine seelsorgliche Arbeit zeigt, wie wichtig Dir das Engagement der Kirche in der Öffentlichkeit war. Entsprechend hast Du die christlichen Werte sowohl zu Zeiten der DDR als auch nach der Wiedervereinigung stets mit Nachdruck öffentlich zur Geltung gebracht und dabei auch politisch unmissverständlich Stellung bezogen. Ich denke hier vor allem an Deinen Einsatz gegen die leider immer wiederkehrenden rechtsextremistischen Aufmärsche in Dresden, vor allem im vergangenen Jahr. Dieser Einsatz für die Gesellschaft zeigt sich bei Dir am deutlichsten im caritativen Bereich. 15 Jahre lang hast du mit hohem Einsatz den Dienst als Vorsitzender der Caritaskommission unserer Bischofskonferenz wahrgenommen. Außerdem warst Du stellvertretender Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen und standest lange an der Spitze der Arbeitsgruppe für Umweltfragen. Wir verdanken Dir manche pointierte Stellungnahme der Caritaskommission der vergangenen Jahre, insbesondere die Schrift „Solidarität braucht Eigenverantwortung“ aus dem Jahre 2003. Dankbar bin ich Dir für diesen Einsatz und für Dein umsichtiges Wirken bei allen Fragen um das schwierige Thema der Heimerziehung, das ja in besonderer Weise in „Deiner“ Kommission beheimatet war.

Was Dich trägt, ist der lebendige Glaube an den einen Gott, der sich in Jesus Christus geoffenbart hat. In einer Betrachtung hast Du einmal einen sehr prägenden Satz gesagt: „Das ist die Größe, die jedes Maß dieser Erde unendlich übertrifft: ein Gott, der unter uns wohnen will, der uns ganz nahe sein, der durch uns in der Welt sein möchte.“ Dieses Wort von Dir drückt aus, worauf es Dir als Priester, Seelsorger und Bischof ankommt: Gott einen Platz unter den Menschen zu geben – und die Menschen zu diesem Gott zu führen. Dafür danken wir deutschen Bischöfe Dir heute und wünschen Dir für Deine neue Lebensphase Muße und sowohl viele stille Stunden wie auch einladende Gelegenheiten, um Gott in Deinem Leben und in unserer Welt den ihm zukommenden Platz zu geben."

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz  

 

Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller Diözesen in Deutschland. Derzeit gehören ihr 68 Mitglieder (Stand: März 2012) aus den 27 deutschen Diözesen an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zu gegenseitiger Beratung, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.



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