Einen kleinen Schritt weiter

Kirche sorgt sich um ihr Personal: Zukunftsforum der Bistümer Dresden-Meißen und Görlitz am 19./20. September

Bautzen, 21.09.2012: Sie kümmern sich wie viele andere um Alte, Kranke, Kinder, Jugendliche oder Behinderte, arbeiten in der Hauswirtschaft oder in der Verwaltung. Was aber kirchliche und caritative Mitarbeiter unterscheidet, ist ihr „besonderes kirchliches Profil“. Angesichts des demographischen Wandels wird auch in der Kirche das Personal langsam knapp, vor allem katholische Mitarbeiter sind schwer zu finden. Ein Zukunftsforum zur „Gewinnung der Mitarbeiter von morgen“ sowie ein anschließender Fachtag am 19. und 20. September im Bischof-Benno-Haus Schmochtitz wollten dem Problem zu Leibe rücken. Im Moment bleiben jedoch mehr Fragen als Antworten.

Es ist nicht nur ein kirchliches, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. Gute Fachkräfte sind mittlerweile Mangelware. „Früher haben sich die Jugendlichen bei uns beworben, jetzt ist es umgekehrt“, verriet unlängst ein mittelständischer Unternehmer. Wer heute die Schule verlässt, kann sich seinen Arbeitgeber offensichtlich aussuchen. Besonders in der Sozialwirtschaft ist das Problem spürbar: Schlechtes Image, lange Arbeitszeiten, schlechte Bezahlungen sind nur einige Ursachen dafür, warum sich immer weniger junge Menschen für einen sozialen Beruf entscheiden.

Die Caritas und ihre Einrichtungen werben in diesem gesellschaftlichen Umfeld nicht nur um gute Fachkräfte, sondern ringen auch um das besondere kirchliche Profil. Vor allem in der Diaspora sind es mehr und mehr nicht christliche Mitarbeiter, die die Arbeit prägen. Eine Entwicklung, deren Beurteilung beim Zukunftsforum zu Kontroversen führte. Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt fragt deshalb nach dem „Format“ eines kirchlichen Mitarbeiters. Die klare Ansage: „Der Dienst in der Kirche muss gekennzeichnet sein von der Liebe Christi. Denn Liebe ist mehr als Zuneigung zum Menschen, mehr als Menschlichkeit und Anhänglichkeit“, so der Bischof. Menschen, die den Wunsch haben, für die Kirche zu arbeiten, bräuchten die „Dimension der Ewigkeit“.

Katholisch drauf, katholisch drin?

Ein klares katholisches Profil in den Diensten und Einrichtungen der Caritas fordert der Dekan des Dekanates Meißen, Bernhard Dittrich. „Wo katholisch drauf steht, muss katholisch drin sein“, so die deutliche Aussage des Pfarrers. In der Passionswoche wolle er in einem katholischen Altersheim keine Ostereier sehen. Eine kirchliche Einrichtung müsse von christlichen Mitarbeitern getragen werden, und es gelte, alle Kräfte aufzubieten, um Katholiken für die Caritas zu gewinnen.

In der Praxis scheint dieses Anliegen auch gar nicht so weit weg vom Wunsch der „Caritas-Kunden“. Patricia Hedrich, Leiterin des katholischen Kindergartens „Elifant“ in Leipzig, führt nach eigenen Aussagen ein „christliches Team“, bestehend aus katholischen und evangelischen Mitarbeiterinnen. „Unsere Eltern, ob christlich oder nicht, geben ihre Kinder ganz bewusst in unsere Einrichtung, weil sie unsere besondere  Atmosphäre schätzen, weil wir mit den Kindern beten und mit ihnen das Kirchenjahr feiern.“

Das muss die Einstellung von nicht-christlichen Mitarbeitern jedoch nicht ausschließen. Nach den Erfahrungen von Altbischof Joachim Reinelt sind es oft die „ungetauften Mitarbeiter“, die das „Christliche“ ihrer Einrichtung schätzen. Es gäbe eine große Sympathie der nicht-konfessionellen Mitarbeiter für den Glauben, so Reinelt. „Wann und wie können wir beurteilen, wer zu Gott gehört?“

Noch einen Schritt weiter geht der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Prälat Dr. Peter Neher. „Nicht die feststellbare Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft garantiert, dass jemand ethisch-pragmatisch handelt, sondern die Fähigkeit, barmherzig zu sein", führt Neher am Beispiel der Geschichte vom barmherzigen Samariters aus. Über die Atmosphäre einer kirchlichen Einrichtung entscheide letztlich, ob die Mitarbeiter ihre Arbeit aus einer "christliche Grundhaltung" heraus gestalteten, betonte der  Caritaspräsident. Angesichts des demographischen Wandels sei die "Ressource Personal" ein zentraler Überlebensfaktor der caritativen und kirchlichen Einrichtungen. "Um Fachkräfte zu gewinnen, darf keine Möglichkeit ausgelassen werden". Neher rief dazu auf, auch spirituelle Angebote für nicht christliche Mitarbeiter zu machen.

Die Kirche und ihre Caritas stecken im Ringen um Nachwuchs auch mitten in der theologischen Diskussion um das christliche Profil in einer Welt, in der die „Entkirchlichung“ weiter voranschreitet, in der die traditionelle Bindung an Glauben, Gemeinde und religiöse Praxis mehr und mehr schwindet. Vielleicht ist das Zukunftsforum einen kleinen Schritt weiter gekommen, vielleicht stecken die Akteure angesichts des künftigen Fachkräftebedarfs immer noch zu sehr in  internen Diskussionen. Und vielleicht bleiben deshalb mehr Fragen als Antworten.

as



Zurück Impressum