Was Hofkomponist Zelenka und Bautzen verbindet

Konzert des Domchores am Sonntag, 13. Oktober, um 18 Uhr in der Michaeliskirche

Bautzen, 02.10.2013: Der sächsische Hofkomponist Jan Dismas Zelenka wird in Bautzen sein – zu hören, am Sonntag, 13. Oktober, um 18 Uhr in der Michaeliskirche beim Konzert des Katholischen Domchors. Vor 280 Jahren besuchte er die Stadt allerdings höchstpersönlich. Das haben die beiden Musikwissenschaftler Professor Janice Stockigt (Melbourne/Australien) und Dr. Jóhannes Ágústsson (Reykyavik/Island) bei ihren Forschungen im Bautzener Stadtarchiv und im Domstiftsarchiv sowie in Dresden herausgefunden. Anlaß des Besuchs war die bevorstehende Huldigung für den sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. im Jahr 1733. Nachdem dessen Vater, August der Starke, verstorben war, mußten nun die Oberlausitzer Landstände dem neuen Landesherrn ihre Treue zusichern.

Die Aufgabe von Zelenka war es, gemeinsam mit dem Kapellmeister der Hofkapelle Johann Georg Pisendel die Vorbereitungen für die musikalischen Aufführungen während der katholischen Messe im Dom zu treffen. Dabei stand er vor demselben Problem wie der Domchor auch immer wieder: Wie bekommt man die Musiker auf der damals noch kleineren Empore des katholischen Domteils unter? Immerhin sollten 20 Instrumentalisten (zzgl. Organist und Bläser) und ein eher bescheidener Chor von gerade einmal neun Sängern die musikalischen Ansprüche des Herrschers befriedigen.

Zelenka reiste dazu am 11. Mai in Bautzen an. Sein Quartier nahm er bei Frau Steudtner, einer Fleischerwitwe, bei der er in der Reichenstraße 20 (heute: Café Venezia) „eine Stube, eine Cammer und ein Bette“ erhielt. Das wird er wohl nicht zuviel genutzt haben, war doch die vor ihm liegende Aufgabe für die kurze Zeit erschöpfend, denn nach drei Tagen reiste er wieder zurück nach Dresden. Tatsächlich schafften es Zelenka und Pisendel nach schriftlicher Intervention des Kurfürsten und mit Beratung vom damaligen sächsischen „Stararchitekten“ Pöppelmann, daß die Empore für die Aufführung im Gottesdienst mit einer Holzkonstruktion erweitert wurde – um sie unmittelbar danach wieder zurückzubauen. Denn ein schon seit 1732 und noch weitere Jahre dauernder Streit über die Vergrößerung der Empore konnte nicht gütlich beigelegt werden.

Am 18. Mai 1733 hatte sich der gesamte Troß der Musiker von Dresden aus Richtung Bautzen in Bewegung gesetzt und die Stadt am Abend erreicht. Am folgenden Tag reiste die höfische Gesellschaft mit dem Kurfürsten hierher, erreichte Bautzen am Nachmittag und wurde nach der weltlichen Begrüßung am Stadtzugang und dem Einzug durch das Lauentor im Dom mit einer ersten musikalischen Darbietung empfangen. Am 20. Mai gab es im Dom einen stillen evangelischen Gottesdienst morgens um 6 Uhr mit Huldigungspredigt durch den Pastor Primarius, worauf das feierliche (katholische) Hochamt folgte, bevor sich die Gesellschaft zur eigentlichen Huldigung aufmachte.

Wie die beiden Forscher Stockigt und Ágústsson ebenfalls herausfanden, war es wohl vermutlich Zelenkas von ihm selbst 1731 komponiertes Te Deum, das neben anderem zu Gehör gebracht wurde. Die Verteilung der Stimmen anhand der namentlich überlieferten Sänger sprechen dafür, obwohl in dem Fall einer der drei mitgereisten Alti – wie auch die Sopranstimmen waren das Kastraten der Hofkapelle – einen Sopranpart übernehmen mußte. Zelenka selbst sang Tenor und leitete möglicherweise von dort aus die Aufführung seines Werks.

Im Oktober wird der Domchor – wegen  der Bauarbeiten im Dom diesmal zu Gast in der Michaelis-Kirche – neben anderen Werken zum Thema Maria die „Lauretanische Litanei“ von Zelenka (ZWV 152) zu Gehör bringen. Chor und Orchester sind heute um einiges größer. Die Freude am Klang und an der Leichtigkeit der böhmischen Barockmusik ist bei den Musikern aber ähnlich der, die schon der sächsische Kurfürst im Jahr 1733 in Bautzen empfunden haben wird. Ein vergleichbares Erleben wünscht der Chor seinen Zuhörern.

Dr. Birgit Mitzscherlich



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