Sich gegenseitig in größeren Räumen wahrnehmen

Elisabeth Neuhaus, Leiterin Pastoral und Verkündigung im Bischöflichen Ordinariat, über Besuchsreisen in die Verantwortungsgemeinschaften

Seit Mitte März 2014 war Bischof Koch mit einem Leitungsteam im Bistum unterwegs. „Besuch in den Verantwortungsgemeinschaften“, so der Titel dieser Visitationsreisen, bei denen der Bischofs-Tross in einem Kleinbus in nahezu alle Regionen fuhr, lediglich das Dekanat Dresden und Teile des Dekanates Meißen folgt erst nach der Sommerpause.

Besuch in kleinerer Runde in Zwickau (v.l.n.r.): Bischof Heiner Koch, Bistumsökonom Kyrill v. Twickel, Personalchef Pfarrer Benno Schäffel, Fahrer Andreas Bittner. Foto: privatDer Standardablauf dabei: Die Kirchen und dazugehörigen Räume wurden besichtigt, auch die sonstigen katholischen Einrichtungen einer Region – vom Kindergarten bis zum Altenheim. Dabei verschaffte sich die Gruppe ein Bild von der pastoralen Situation. „Wann sind hier Gottesdienste, wie viele Gläubige kommen dazu, wie viele Kommunionkinder, Messdiener gibt es? Haben Sie ausreichend Kirchenmusiker? Was findet an Gemeindeleben statt?“ Nach einem Blick in die Sakristei  standen jeweils Einzelgespräche des Bischofs und seines Personalchefs mit allen Hauptamtlichen vom Pfarrer über das Seelsorgeteam bis zur Pfarrsekretärin auf dem Programm. Währenddessen kamen die übrigen Mitreisenden mit denen ins Gespräch, die gerade nicht im Einzelgespräch waren.

Dann hieß es wieder: Einsteigen. Nächster Standort. Zwischen zwei und zehn Kirchen und Kapellen wurden auf diese Weise täglich abgeklappert. In der Regel mit dabei: Generalvikar, Personalchef, Finanzchef, Caritasdirektor und Leiterin Pastoral.

Ein Gespräch mit Elisabeth Neuhaus, Leiterin der Hauptabteilung Pastoral und Verkündigung, über den Sinn dieser Besuche.


Frau Neuhaus, was haben die Besuche in den Verantwortungsgemeinschaften gebracht?

Elisabeth Neuhaus. Foto: Pressestelle Bistum Dresden-MeißenElisabeth Neuhaus: Also, die haben zum einen gebracht, dass die Menschen aktiv wurden, sich mit dem Thema ‚Gegenseitiges Wahrnehmen in größeren Räumen’ auseinandergesetzt und vorbereitet haben. Nach dem Motto: ‚Jetzt müssen wir was machen, auch wenn wir inhaltlich vielleicht noch nicht genau wissen, wohin die Reise geht.’ Es war eine Motivation, sich zusammenzusetzen und ins Gespräch zu kommen. Ganz wichtig war, über die Pfarreien hinaus zu schauen und zum Beispiel. auch Kindergärten, Schulen, Caritative Einrichtungen und nicht pfarrlich organisierte Gruppen als Kirche zu entdecken.

Zum anderen haben sich die Gemeinden sehr wertgeschätzt gefühlt. Dass sich die Bistumsleitung in dieser Breite für das interessiert, was vor Ort passiert, kam nach unserem Eindruck sehr positiv an. Wir haben in erster Linie zugehört und gefragt. Und ganz am Schluss gab’s ein kurzes Feedback. Also ein Eingehen auf die Sorgen und Nöte sowie die Stärken. Und immer eine Ermutigung durch den Bischof.

Dabei haben wir gesehen: Wir haben sehr lebendige und fitte Gemeinden. Aber gerade in den ländlichen Regionen Kirche zu sein, das ist schon teilweise hartes Brot. Ich habe höchsten Respekt vor den Gläubigen und denjenigen, die dort im Dienst stehen. Was die auf sich nehmen, das ist schon toll.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Spannungsbogen fällt jetzt meist etwas ab. Die Kunst wird sein, nun hier anzuschließen: Was soll das eigentlich? Wenn der Bischof nicht mehr kommt, was ist unsere Motivation, uns jetzt weiter zu treffen. Und weiter im Gespräch zu bleiben. Manche sind schon vernetzt, andere nehmen zum ersten Mal überhaupt wahr, dass in ihrem Zuständigkeitsbereich eine Caritaseinrichtung oder eine kirchliche Beratungsstelle liegt, dass das alles gemeinsam Kirche ausmacht. Es gibt also eine sehr große Spannbreite, angefangen von ‚wir sind schon längst auf dem Weg’ bis hin zu ‚Staunen‘.

Begehung auf einem Dachboden in der Gemeinde in Penig. Foto: privatDanach geht es darum, herauszufinden: Wie wollen wir hier, in dieser Stadt oder Region, heute und in Zukunft Kirche sein? Wozu ruft uns Gott, was will er? Wie können wir als Christen die Gesellschaft hier mit gestalten? Das alles soll unter dem Leitwort stehen: ‚So da sein wie ER da ist! Uns und alle mit Christus in Berührung bringen.‘ Das ist der Ausgangspunkt und das Ziel: Die Beziehung zu Christus im Alltag lebendig halten. Wenn im Laufe der Gespräche vor Ort dann die pastoralen Schwerpunkte der jeweiligen Verantwortungsgemeinschaft deutlich geworden sind, wird der Bischof daraufhin Strukturfragen entscheiden: Welches und wieviel Personal wird gebraucht? Was heißt das für die Gebäude? Welche Finanzmittel sind nötig? Das alles natürlich auf dem Hintergrund der vorhandenen begrenzten Ressourcen.

Was muss man sich unter einer Verantwortungsgemeinschaft vorstellen?

Die Idee ist auf einer Priesterwerkwoche entstanden. Der Gedanke des Bischofs dahinter: Guckt doch mal, wer lebensweltlich zusammenpasst. Das war der Ausgangspunkt und danach sind erste Zuschnitte erstellt worden. Jetzt merken wir, dass wir bei unseren Besuchen Rückmeldungen bekommen: ‚Das ist so noch nicht stimmig’ oder ‚Da müsste X oder Y noch dazu’. So dass wir im Nachgang unserer Besuche diese Zuschnitte zum Teil noch mal überdenken.

Wie geht es jetzt weiter?

Wenn die Besuche in einer Region abgeschlossen sind, bespricht der Bischof die Planungen mit seinem Leitungsteam. Die Verantwortungsgemeinschaften erhalten dann eine Rückmeldung. Darin werden die Zusammensetzungen entweder bestätigt oder die Verantwortungsgemeinschaften bekommen mögliche Optionen vorgelegt, zu denen die Verantwortlichen vor Ort abschließend nochmals befragt werden.

Was noch wichtig ist: Alle bedeutsamen Fragen, angefangen von Personalentscheidungen bis hin zu Bauanträgen, werden nun schon unter dem Aspekt betrachtet: In welchem Zusammenhang steht das mit der pastoralen Situation der gesamten Verantwortungsgemeinschaft.

Besuch in Colditz. Foto: privatUnd wie war die Stimmung im Bischofsbus?

Bestens. Und was für uns wichtig war: als Leitungsteam sind wir dabei intensiv zusammengewachsen. Wir hatten sehr viel Zeit, zu ganz unterschiedlichen Dingen zu sprechen, zu konferieren und zu streiten. Dabei lernt man sich kennen und arbeitet danach besser zusammen. Das war hoch engagiert. Wenn man das mal zusammenrechnet – es waren zig Stunden, die wir zusammen verbracht haben.  Eine klasse Team-Building-Maßnahme.


Interview: Michael Baudisch



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