"Lebensgeschichten in Zeitgeschichte"

Jahrestagung des Bundesverbandes Katholischer Ehe-, Familien- und Lebensberaterinnen und -berater e.V.

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"Zeitgeschichte in Lebensgeschichten" - Thema der Jahrestagung der Ehe-, Familien- und Lebensberater(innen)

Suhl, 14.05.2014: 260 Ehe-, Familien- und Lebensberaterinnen und -berater nahmen an der Jahrestagung des Bundesverbandes teil, die vom 7. bis 10. Mai in Suhl stattfand. Das Thema "Zeitgeschichte in Lebensgeschichten" sei höchst aktuell, so der Vorsitzende des Bundesverbandes, Erhard Scholl in seiner Begrüßungsansprache; es werde zunehmend bewusst, dass die traumatischen Erlebnisse von Krieg, Vertreibung, Migration, wenn sie nicht besprochen und bewältigt werden, unheilvolle Langzeitwirksamkeit entfalten. Die Traumata der Kriegsgeneration übertragen sich - mit besonderer Wirksamkeit im vorsprachlichen Bereich, so Dr. Ruthard Stachowske in seinem Referat. Dr. Matthias Franz machte darauf aufmerksam, dass das Fehlen der Väter häufig dazu geführt habe, dass Kinder sich verpflichtet fühlten, für die um ihre Männer trauernden Mütter zu sorgen - eine heillose Überforderung. Die gleiche Problematik - so der Referent weiter - stelle sich aktuell bei den Alleinerziehenden: Gesicherte Untersuchungsergebnisse zeigten, dass diese dreimal häufiger depressiv seien als Mütter, die in festen Beziehungen leben. Die für sie häufig gegebene Notwendigkeit, ganztags arbeiten zu müssen, führe bei den Kindern häufig zu einem übergroßen Verantwortungsgefühl für ihre Mütter, was die Entwicklung zur Autonomie erschwere oder gar unmöglich mache. Das Kinderlied "Hänschen klein" erfasse diese Dynamik sehr genau, wenn es in der zweiten Strophe heißt: "Aber Mutter weinet sehr, hat ja nun kein Hänschen mehr. Da besinnt sich das Kind, kehret heim geschwind."

Gesine Schwan sprach zum Thema "Schweigen und Beschweigen - Langzeitwirkungen und Vorschläge, diesen zu begegnen". "Schuld" sei bei aller Verschiedenheit der Kulturen als Erleben bekannt als Bewusstsein, von der eigenen Freiheit und/ oder Verantwortung falschen Gebrauch gemacht zu haben. Stelle man sich der Schuld nicht, zerstöre diese Haltung das Vertrauen zu sich selbst und zu anderen. Angesprochen auf die augenblickliche Situation in der Ukraine warnte sie davor, die Schuld für die augenblicklich kritische Situation allein Putin zuzurechnen: Die Situation sei sehr komplex, so ihre Feststellung, und es gelte, dieser großen Komplexität gerecht zu werden. Sanktionen seien wenig hilfreich, das Problem zu lösen. Nur das Gespräch, die mühsame Suche nach Lösungen, die allen Seiten gerecht würden, seien der erfolgversprechendere Weg.

Zum Thema "Zwischen Verteufelung und Verklärung. Anregungen zu einer differenzierten Lesart ostdeutscher Lebenserfahrung" sprachen die beiden Dresdnerinnen Dr. Hansi-Christiane Merkel und Simone Urbank im Rahmen der Tagung - gestaltet als "literarische Collage".

Dem Bundesverband katholischer Ehe-, Familien- und Lebensberaterinnen und -berater gehören etwa 700 Beraterinnen und Berater an, die in Ehe-,Familien-und Lebensberatungsstellen und anderen familienorientierten Beratungsstellen in katholischer Trägerschaft arbeiten. Sie haben eine spezielle Weiterbildung als Ehe-, Familien- und LebensberaterInnen nach den Rahmenrichtlinien des Deutschen Arbeitskreises für Jugend-, Ehe- und Familienberatung oder eine gleichwertige postgraduierte Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen.


Erhard Scholl





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