Zur Zukunft des christlichen Glaubens

Festgottesdienst und Podiumsgespräch zum 100. Geburtstag Alojs Andritzkis - am 3. Juli in Dresden

Am Märtyreraltar
Das Pontifikalamt in der Kathedrale begann am Märtyreraltar, an dem des Seligen Alojs Andritzki gedacht wird.

Dresden, 04.07.2014: Mit einem Pontifikalamt und einem Podiumsgespräch zum Thema "SamstagsReligion? Zur Zukunft des Glaubens" gedachten die Katholiken in Dresden gestern, am 3. Juli, des 100. Geburtstags von Alojs Andritzki. Der sorbische Priester war 1943 im Konzentrationslager Dachau umgekommen und 2011 in Dresden seliggesprochen worden.

Altbischof Joachim Reinelt predigte

"Hier auf dieser Kanzel hat er gestanden", erinnerte Altbischof Joachim Reinelt zu Beginn seiner Predigt daran, dass Alojs Andritzki Kaplan an der Dresdner Hofkirche gewesen war. Wie sehr der Selige Alojs Christus ähnlich gewesen sei, habe sich in der Hölle von Dachau gezeigt, so Reinelt: "In dieser grausamen Umgebung starben viele seiner Priesterkameraden. Sie bekamen fast nichts zu essen, mussten aber jeden Tag bei jedem Wetter viele Stunden lang Schwerstarbeit leisten. Wenn Alojs dann abends in seine Übernachtsungsbaracke kam, führte er seine Akrobatik vor, damit die anderen wenigstens etwas zu lachen hatten. Den Grund für seine innere Kraft erfahren wir in einem Brief aus Dachau, in dem Alojs schreibt: 'Das Herz wird mir nicht schwer, der Mut wird mir nicht sinken, weiß ich mich doch ganz in der Hand Gottes!'"

Zelebranten am Altar
Beim Pontifikalamt: die Zelebranten am Altar der Kathedrale

Jesuitenpater Clemens Maaß




Anschließend an den Festgottesdienst lud die Katholische Akademie zu einem Podiumsgespräch im Haus der Kathedrale ein: "SamstagsReligion? Zur Zukunft des Glaubens". Mit "Samstag" sei der "Karsamstag" gemeint, der Tag, an dem für die Jünger Jesu nach dessen Tod die Enttäuschung groß, die Hoffnung am Ende war, erklärte der Akademiedirektor, Jesuitenpater Clemens Maaß, in seiner Begrüßung.

Altbischof Reinelt, Prof. Ruhstorfer, Frau Naendorf, Bischof Koch
V.r.: Bischof Dr. Heiner Koch, Elisabeth Naendorf, Prof. Dr. Karlheinz Ruhstorfer, Altbischof Joachim Reinelt

Zehn Megatrends, die die Situation der Christen heute prägen, machte Prof. Dr. Karlheinz Ruhstorfer vom Institut für katholische Theologie an der TU Dresden in seinem Statement aus. Dazu zählte er unter anderem das Wachstum der evangelikalen Gemeinschaften in Asien, Afrika und Südamerika, die Begegnung von Islam und Christentum, den Bedeutungsverlust Europas, aber auch die Notwendigkeit, dass die katholische Kirche ihr Amtsverständnis überdenke; auch die Bedeutung der christlichen Ethik angesichts neuer technischer Möglichkeiten, die Ökologie und die Pluralität der medialen Welten gehören zu den prägenden Megatrends der heutigen Zeit. Ruhstorfer ist überzeugt, dass - trotz aller Globalisierung - das Christentum eng der abendländischen Kultur, seiner Herkunft, verbunden bleibe. Und er fragte an: "Könnte nicht das Schwinden des Christentums in unserer Zeit auch ein Moment der Heilsgeschichte Gottes sein, der sich in unserer Schwäche als stark erweisen will?"

Prof. Ruhstorfer bei seinem Vortrag
Prof. Ruhstorfer bei seinem Vortrag

Im anschließenden Podiumsgespräch zwischen Bischof Koch, Elisabeth Naendorf (Ökumenisches Informationszentrum, Dresden) und Prof. Ruhstorfer, das P. Maaß SJ moderierte, ging es um die Bedeutung des Christentums heute. "Der Westen hat seine Chance vertan, einen liebenden Gott zu verkünden", zeigte sich Elisabeth Naendorf überzeugt. Bischof Heiner Koch hielt seine Erfahrungen in den katholischen deutschen Auslandsgemeinden, für die er von der Deutschen Bischofskonferenz her zuständig ist, dagegen. Die wichtigste Frage sei: "Welche Rolle hat Jesus Christus?" In der Pfingstbewegung habe Christus nur eine untergeordnete Rolle. Aber wir Christen müssten uns fragen: "Wie können wir zu neuer Begeisterung finden? Wie kann der Funke der Begeisterung überspringen?" Dabei müsse eine innere Begeisterung nicht immer laut jubeln, so Koch. Zudem sieht er es als Bereicherung, dass Menschen und Christen in anderen Regionen der Erde andere Fragen haben. - "Was ist mir wertvoll? Was ist das Ziel meines Lebens?", diese Fragen seien wichtig, denn es gehe um die Wahrheit und das Ringen darum.

Einen Anknüpfungspunkt für interkonfessionelle und interreligöse Gespräche sieht Elisabeth Naendorf im Umgang mit der Schöpfung: Wer daran glaube, dass Gott der Schöpfer dieser Welt sei, der fühle sich auch für diese Welt verantwortlich. Religionen hätten erst dann eine Berechtigung, wenn sie das Leben für die Menschen lebenswerter machten.

Prof. Ruhstorfer verwies darauf, die Perspektive der Vollendung, die nicht gegen die Welt ausgespielt werden kann, in den Blick zu nehmen. Und er wünschte den Christen in Sachsen, dass sie "mehr Fülle, Genuss und Freude im Glauben haben und auch ausstrahlen".


Bischof Dr. Heiner Koch
"Hier in Sachsen erlebe ich keine Volkskirche, aber eine 'Kirche im Volk' und eine große Offenheit der nichtchristlichen Bevölkerung, die Fragen stellt. Daher müssen wir Christen auskunftsfähig, sprachfähig, wesentlich werden", sagte Bischof Dr. Heiner Koch während des Podiumsgesprächs.




Text und Fotos: Elisabeth Meuser



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