"Die Kirche blüht auf unter der Verfolgung"

Koptisch-orthodoxer Bischof Anba Damian zu Besuch bei Bischof Heiner Koch

Dresden, 31.03.2015 (KPI): Einen Besuch hat Bischof Anba Damian von der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland gestern Abend Bischof Dr. Heiner Koch in Dresden abgestattet. Bischof Anba Damian, Jahrgang 1955, stammt aus Kairo und studierte zunächst Medizin. Seit 1981 lebt er – mit Unterbrechungen – inzwischen in Deutschland. Zunächst war er dabei als Arzt in Baden-Württemberg tätig. So sagt er von sich selbst, er sei „mindestens Halb-Schwabe“. Nachdem er seinen Vater bereits als Zwölfjähriger verloren hatte, fühlte er sich in besonderer Weise für seine vier Schwestern verantwortlich. Nachdem drei von ihnen verheiratet waren und er auch die vierte gut versorgt wusste, fühlte er sich frei, sein Leben 1991 in den Dienst der koptisch-orthodoxen Kirche zu stellen.

1992 empfing er die Mönchsweihe, ein Jahr später die Priesterweihe. Ende des gleichen Jahres übernahm er in Höxter-Brenkhausen vom Land Nordrhein-Westfalen für den symbolischen Preis einer D-Mark eine verfallene Klosterruine. Es gelang ihm, diese Anlage mithilfe koptisch-orthodoxer Helfer zu einem Begegnungszentrum auszubauen. „Mein Lebenswerk“, wie er dazu sagt. In Höxter-Brenkhausen besuchen neben vielen anderen Gästen heute unter anderem auch Bundeswehrangehörige Seminare.

1995 wurde Bischof Anba Damian zum Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland und damit zum höchsten Repräsentanten deren 26 Gemeinden geweiht. Heute ist er für die Christen der Gemeinschaft im Norden Deutschlands verantwortlich. In Süddeutschland liegt die Zuständigkeit bei Bischof Anba Michael.

Neben Bischof Koch nahmen auch Alt-Bischof Joachim Reinelt und Domdekan Klemens Ullmann an der Begegnung teil.


Bischof Dr. Heiner Koch (links) begrüßte seinen Gast Bischof Anba Damian herzlich in Dresden. Foto: Michael Baudisch

Bischof Dr. Heiner Koch (links) begrüßte seinen Gast Bischof Anba Damian herzlich in Dresden. Foto: Michael Baudisch


Herr Bischof Anba Damian, wie muss man sich das Leben der koptisch-orthodoxen Gemeinden in Deutschland heute vorstellen?

Die Kopten bilden Gemeinden in den großen Städten Deutschlands. Durch Flüchtlinge kamen allein in den letzten drei Jahren schätzungsweise 6.000 Kopten nach Deutschland. In Berlin ist der Hauptsitz für die Betreuung der Kopten im ganzen Osten Deutschlands. Von dort kommt der Pater nach Leipzig, Dresden, Chemnitz, Magdeburg, Rostock; inzwischen haben wir auch eine kleine Gemeinde in Wismar gegründet. Der Pater fährt aber sogar noch weiter bis ins polnische Warschau und hält dort Gottesdienste. Ich bin verantwortlich für 15 Gemeinden im Norden Deutschlands.

In meinem Bereich habe ich sieben Priester. Zum Teil sind sie verheiratet, zum Teil leben sie zölibatär. Bei uns ist es möglich, dass der Priester heiratet und eine Familie gründet, und das hat sich sehr bewährt. Seit dem 3. Jahrhundert hat die koptische Kirche empfohlen, dass beide Wege möglich sein können. Dadurch haben wir keine Probleme mit Priestermangel. Allerdings führt das auch zur Schwäche des mönchischen Lebens; weil für den Mönch immer der Gedanke im Raum steht, dass er auch den Beruf des Gemeindepfarrers ausüben könnte. Ein besonderes Augenmerk unserer Arbeit liegt auf der Betreuung der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen.


Wie schätzen Sie die Lage der Christen im Nahen Osten heute ein?

Die Moslems möchten die Region von christlichen Menschen „befreien“. Es gab 1952 einen Kongress für die Islamische Liga. Damals war Präsident Sadat Generalsekretär dieser Konferenz. Es wurde beschlossen, dass innerhalb von zwanzig Jahren die Region von allen Christen „befreit“ werden sollte. Das nennt man ethnische Säuberung. Und daran arbeiten sie systematisch.

In meinem Heimatland Ägypten ist die Lage durch die jetzige Regierung etwas besser. Der Präsident war zum Weihnachtsfest erstmals bei uns im Gottesdienst. Das hat es noch nie gegeben. Die jetzige Regierung ist uns einigermaßen wohl gesonnen. Aber wir leiden durch die Muslimbruderschaft. Die Muslimbruderschaft zeigt uns ihren Zorn. Ihr Hass und die Aggression haben enorm zugenommen, weil sie uns verantwortlich machen für den Sturz ihres Präsidenten Mursi. Sie gehen uns gegenüber mit einer unendlichen Härte vor.

Die Regierung in Ägypten zeigt uns zwar orientalische, verbale Blumen. Aber keine richtige Unterstützung. Weder Schutz noch Rechte für die Christen. Wir bekommen keine Positionen an den wichtigen Stellen in der Regierung oder der Armee. Innerhalb von vier Tagen wurden 96 Kirchen in Brand gesteckt. Tagtäglich werden Mädchen entführt, vergewaltigt, zwangsverheiratet oder zur Organ-Entnahme ausgenutzt. Und das macht unser Leben sehr schwer. Ein Mädchen oder eine Frau in Ägypten, die kein Kopftuch tragen, sind in allergrößter Gefahr.


Wie ist ein Leben für Christen in dieser ständigen Todesangst möglich?

Die Kirche blüht auf unter der Verfolgung. Natürlich fliehen viele Menschen aus dem Land. Aber gleichzeitig treten viele Menschen zum Christentum über. Und das ist ein merkwürdiges Phänomen. In der Zeit der Diskriminierung, in der Zeit der Verfolgung, der Erpressung, der Vertreibung kommen viele Menschen zu Christus, und zwar scharenweise. Wir haben zwar eine harte Zeit. Aber wir erfahren auch das Wirken Gottes in unserem Leben.


Aufgezeichnet von Michael Baudisch



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