"Gott führt uns auch weiterhin"

Brief von Bischof Dr. Koch an die Priester und die Gemeinden im Bistum Dresden-Meißen

Bischof Dr. Heiner Koch


Dresden, den 08.06.2015



Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Mitbrüder im Bistum Dresden-Meißen!

Heute hat mich Papst Franziskus in das Amt des Erzbischofs von Berlin berufen. Als ich vor einigen Tagen bei einem meiner gewohnten spätabendlichen Spaziergänge an der Dresdner Elbe die Nachricht erhielt, dass das Berliner Domkapitel mich zum Erzbischof gewählt hat, zog es mir gefühlsmäßig den Boden unter den Füßen weg. Eben noch hatte ich mich an die so eindrucksvolle Feier der Einweihung der Leipziger Propsteikirche erinnert, an die Firmungen, die ich an diesem Nachmittag gespendet hatte, an die Konzeption der langfristigen Personal- und Finanzplanung, die nun nach hohem Einsatz der Verantwortlichen unterschriftsreif vorliegt, und an die Begegnung mit den jungen Männern, die im kommenden Herbst ihr Studium der Theologie mit dem Ziel der Priesterweihe beginnen wollen. Ich schaute auf die mir so lieb gewordene Hofkirche, die vor mir lag, und dachte an so manches festliche Hochamt mit den Kapellknaben dort. „Das lässt du sein“, war der erste Gedanke, der mir noch während des Anrufes kam. Wieder zu Hause angekommen, setzte ich mich ziemlich erschöpft und völlig aufgedreht an den Schreibtisch, auf dem mein Predigtentwurf für die Weihe unseres Neupriesters lag. „Nehmt nichts mit auf den Weg, keinen Wanderstab und keine Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und kein zweites Hemd.“ (Lk 9,3) Mir war völlig klar, dass ich diese Predigt nicht halten könnte, wenn ich dem Heiligen Vater erklären würde, dass ich nicht bereit wäre, dieses Bistum zu verlassen, das mir in den beiden vergangenen Jahren so ans Herz gewachsen ist. Ich musste an all die Pfarrer denken, denen wir in unserem Bistum derzeit einen Stellenwechsel zumuten, weil der Blick auf die Seelsorge im Ganzen des Bistums solche Aufbrüche nötig macht. Würde ich ihnen noch ins Gesicht schauen können, wenn ich zur gleichen Zeit meinen Aufbruch verweigern würde, wenn auch aus – so empfinde ich es bis jetzt – guten Gründen, aber die trugen mir die Mitbrüder gegen ihre Versetzung ja auch vor. Meine Bedenken im Hinblick auf meine eigene Versetzung habe ich den Verantwortlichen im Vatikan am Pfingstmontag vorgetragen: den Hinweis auf meine kurze Wirkungszeit im Bistum Dresden-Meißen, den Hinweis auf den angestoßenen Erkundungsprozess, den Hinweis auf den 100. Katholikentag, der in Leipzig vor der Tür steht. Vor allem aber auch den Hinweis auf das gewachsene Vertrauen von und zu so vielen Menschen in dieser Region, ob nun in der Kirche oder außerhalb. Ich war erstaunt, wie gut die päpstlichen Mitarbeiter über die Situation unseres Bistums informiert waren und wie klar sie mir die Gründe für meine Versetzung darlegten, verbunden mit dem ausdrücklichen Willen des Heiligen Vaters, dass ich nach Berlin gehen solle. Deshalb war für mich in meinem priesterlichen und bischöflichen Gehorsamsversprechen klar, dass ich nach Berlin aufbrechen werde, auch wenn es mir dabei sehr schwer ums Herz wird.

Was mir bei meiner Zustimmung für den Schritt nach Berlin geholfen hat, ist die tiefe Überzeugung, dass Gott uns auch in dieser Entscheidung führt und auch in Zukunft führen wird. Mir hat die Zusage geholfen, dass sehr bald wieder ein neuer Bischof ins Bistum Dresden-Meißen berufen werden soll. Ich hoffe darauf, dass dieser gut an meinen Dienst anknüpfen und unserem Bistum Impulse geben kann, die ich nicht hineinbringen konnte. Mir hat zudem die Überzeugung geholfen, dass unser Bistum, seine Gemeinden, Gemeinschaften und Einrichtungen so stark sind, dass sie in ihrer Vitalität nicht vom jeweiligen Bischof abhängig sind. In diesem Sinne lege ich Ihnen auch ans Herz, den Erkundungsprozess in unseren Verantwortungsgemeinschaften entschieden und mutig weiter zu gehen: weiter zu fragen, was Gottes Ruf an uns heute ist, einander im Glauben zu stärken und das Evangelium den Menschen in unserer Gesellschaft in Tat und Wort nahezubringen. Ich freue mich, dass ich demnächst als Metropolit der Kirchenprovinz Berlin, zu dem unser Bistum gehört, mit Ihnen lebendig verbunden bleiben werde.

So werde ich demnächst aufbrechen mit einem dankbaren Herzen für so viele Begegnungen hier mit Gott und mit Ihnen, für so viele überraschende Erfahrungen innerhalb und außerhalb der Kirche, für manches Ringen um den richtigen Weg, für die Verantwortlichen in der Leitung des Bistums und vor Ort, die große Belastungen zu tragen bereit sind, für so viele geistliche Aufbrüche, die ich erleben durfte, und für so manche froh machende Erfahrung im ökumenischen Miteinander. Vielleicht findet dies ja auch seinen Ausdruck darin, dass Landesbischof Bohl und ich zur gleichen Zeit unsere Aufgabe in Sachsen verlassen werden. Nicht zuletzt bin ich auch dankbar für fruchtbare, spannende und interessante Begegnungen mit Menschen, mit Kreisen und Einrichtungen, die nicht unserer Kirche angehören und mit denen wir gemeinsam auf dem Weg sind. Ich danke Ihnen allen von Herzen.

Damit hat das Bistum Dresden-Meißen jetzt mit mir und Bischof em. Reinelt zwei Altbischöfe! So schnell kann es gehen! Als Metropolit aber werde ich wie auch in vielen persönlichen Beziehungen mit Ihnen verbunden bleiben. Meine Türen in Berlin stehen Ihnen offen und ich komme gern immer wieder in unser so wunderschönes Bistum Dresden-Meißen!

Vergelt Gott Ihnen alles!
Ihr

+ Bischof Heiner Koch



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